In nur zwei Jahren werden die Balearen die durch die Corona-Pandemie verursachte Wirtschaftskrise überwunden haben. Das versprach die balearische Ministerpräsidentin Francina Armengol am Dienstag (14.9.) im Regionalparlament in Palma de Mallorca während der einmal im Jahr stattfindenden Generaldebatte zur Lage der Region. "Nach Monaten von Schmerz und Aufopferungen ist jetzt die Stunde gekommen, unsere Projekte und Zukunftsvisionen wieder hervorzuholen", startete sie die Rede voller Optimismus. "Im Vergleich zur vorigen Krise, die zehn Jahre andauerte, wird diese zwei Jahre dauern. Und ich kann verraten, dass diese Region die mit dem stärksten Wachstum sein wird", sagte Armengol wörtlich.

Nach einer Schweigeminute und der Ermahnung, dass die Pandemie noch nicht vorbei sei, verteidigte Armengol in ihrer Eingangsrede der zweitägigen Debatte die aus ihrer Sicht erfolgreiche Corona-Politik der Balearen. Die im innerspanischen Vergleich sehr strengen Corona-Restriktionen hätten sowohl Menschenleben als auch viele Arbeitsplätze auf den Inseln gerettet, so die Ministerpräsidentin. Das schnelle Reagieren auf steigende Ansteckungszahlen in den insgesamt fünf Corona-Wellen habe dazu geführt, dass man schneller als andere Regionen auch wieder öffnen konnte. Eher in ein paar Nebensätzen versteckt entschuldigte sich Armengol auch für die ein oder andere Fehlentscheidung und dafür, dass die im Mai 2020 getroffenen Maßnahmen einige Monate später keine Gültigkeit hatten, weil das Virus erneut mutiert war.

Große Bedeutung misst Armengol dem Umstand zu, dass man die Entscheidungen in ständigem Dialog und fast ausnahmslos im Konsens mit Unternehmerverbänden und Gewerkschaften getroffen habe. "Der wachsenden Gefahr sind wir mit wachsender Geschlossenheit gegenübergetreten. Der wachsenden Bedürftigkeit haben wir wachsende öffentliche und individuelle Hilfen entgegengesetzt. Dem schwärzesten Moment sind wir mit Ethik und Solidarität eines vorbildlichen Volkes begegnet."

Diese Geschlossenheit werde nun Früchte tragen. Die Wirtschaft der Region werde dieses Jahr um 11,6 und im kommenden Jahr um 12,1 Prozent steigen. Der Aufschwung habe bereits begonnen. Trotz aller Zweifel habe man gelernt, dass die zunächst scheinbare Dichotomie zwischen Gesundheit und Wirtschaft falsch war: "Heute wissen wir, dass es ohne Gesundheit keine Wirtschaft gibt." In Wirklichkeit habe es "keine andere Chance gegeben, die Wirtschaft zu retten als die gewählte: als erste zu schließen, um den Tourismus als unseren wichtigsten Antriebsmotor anschließend schnell und effektiv wieder öffnen zu können".

Auch in direkten Verhandlungen mit den wichtigsten Herkunftsländern des Tourismus habe man erreichen können, dass die Flugverbindungen wieder auf dem Level von 85 Prozent des Vorcorona-Jahres 2019 angelangt seien und somit viel besser lägen als der Rest Europas. Jeder dritte ausländische Urlauber in Spanien besuche nun die Balearen. Doppelt so viele wie nach Katalonien und dreimal so viele wie Andalusien oder die Kanarischen Inseln.

Als vorbildlich lobte Armengol auch die Impfkampagne auf den Balearen. Teilweise seien bis zu 108.000 Impfungen pro Woche verabreicht worden. Binnen weniger Monate habe man mehr als 78 Prozent der Personen ab zwölf Jahre komplett geimpft. "Wer heute nicht geimpft ist, hat entweder noch nicht den richtigen Moment gefunden oder wollte es einfach nicht", so Armengol.

Der effektive Einsatz der staatlichen Hilfen und der europäischen Fördergelder werde den Balearen nun dabei helfen, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern, die öffentlichen Dienstleistungen auszubauen, in Bildung und Gesundheit zu investieren, die Tendenzen zur Alterung der Gesellschaft und wachsenden Einkommensschere umzukehren und gegen den Klimawandel anzukämpfen. Um das Kohlkraftwerk bei Port d'Alcúdia so bald wie möglich zum Netz zu nehmen, setze man auf Solaranlagen, insbesondere kleine Projekte mit Bürgerbeteiligung. Der Anteil der erneuerbaren Energien soll von den 2,5 Prozent im Jahr 2015 (Startjahr der Linksregierung) auf 25 Prozent im Jahr 2023 (Ende der zweiten Amtszeit) wachsen.

Realitätsferner Optimismus

Ganz anders die Einschätzung der Opposition: "Außerhalb des Regierungspalastes existiert dieses Idyll nicht, das Sie uns da verkaufen wollen", konterte der Fraktionssprecher der PP Toni Costa. Wenn es 2021 Tourismus gegeben habe, so sei dies trotz der Linkspolitik gelungen, die eher geschadet als geholfen habe. Die Balearen-Regierung habe mit ihrem Pilotprojekt zur Öffnung des Nachtlebens und dem Nicht-Verhindern der Abifeiern auf Mallorcaeine massive Ansteckung hervorgerufen. Hätten Deutschland und Großbritannien ihren gemimpften Bürgern nicht trotzdem das Reisen erlaubt, wäre die Saison baden gegangen, so Costa. "SChmücken Sie sich nicht mit fremden Federn, Frau Armengol."

Mehrmals brachte Costa die neue PP-Chefin der Balearen Marga Prohens als "Alternative" zur Linksregierung ins Gespräch. Zu einem Rededuell zwischen Prohens und Armengol kam es aber nicht, weil die PP-Sprecherin gleichzeitig im spanischen Kongress in Madrid anwesend sein musste.

über das fette Eigenlob der Regierung regten sich auch die Liberalen (Ciudadanos) auf. "Sie können hier im Parlament doch keine Triumphrede halten, während 4.000 Unternehmen für immer dichtmachen mussten", wetterte Fraktionssprecherin Patricia Guasp. Wer ein Wirtschaftswachstum von 11 Prozent als Erfolg verkaufe, wenn es im Coronajahr 2020 um 24 Prozent eingebrochen war, praktiziere Augenwischerei, kritisierte Jorge Campos für die Fraktion der rechtsextremen Partei Vox.

Linkspakt hält stand

Die Debatte galt auch als Gesundheitscheck für die regierende Linkskoalition. Die Juiorpartner - Linkspartei Unidas Podemos und die ökologisch-regionalistisch Més - hielten sich mit Kritik zurück, versuchten aber trotzdem, eigenes Profil zu zeigen. Als Regionalpartei sei Més die einzige Stimme, die sich traue, auch mit Madrid Tacheles zu reden , erklärte der Vorsitzende Miquel Ensenyat. Man sei auf dem "richtigen Weg", müsse aber die Abhängigkeit von der "Monokultur Tourismus" überwinden, forderte Alejandro López im Namen von Unidas Podemos. /tg