Die balearische Landesregierung auf Mallorca fordert einen einheitlichen europäischen Rechtsrahmen und ein spezielles Gesetz zum Schutz von Minderjährigen, die in der Obhut der öffentlichen Institutionen stehen. Das machte die balearische Sozialministerin Fina Santiago am Montag (11.4.) bei einem Treffen mit Abgeordneten des EU-Parlaments deutlich. Die Mitglieder eines Petitionsausschusses waren extra auf die Insel gekommen, um Informationen zu den Missbrauchsfällen einzuholen, die sich im Umfeld von Kinderheimen auf Mallorca ereignet haben.

"Das Treffen war sehr konstruktiv und wir konnten einen Missstand analysieren, der in allen europäischen Ländern vorkommt", resümierte Santiago nach dem Gespräch. Allein die Haltung der rechtsextremen Partei Vox im EU-Parlament bezeichnete sie als "parteiisch und destruktiv". Ein Vox-Abgeordneter habe sich über die Protokolle lustig gemacht und die Probleme in anderen Ländern abgestritten. "Er wollte nur über die Fälle auf Mallorca reden", so Santiago.

Vorschläge zum Schutz von Minderjährigen

Sie überbrachte den Gesandten aus Brüssel ein von der Landesregierung erarbeitetes Dossier mit zahlreichen Vorschlägen zu Gesetzesänderungen, um das Strafmaß für Missbrauchs-Tätern und auch den Schutz von Minderjährigen, deren Sorgerecht den öffentlichen Institutionen unterliegt, zu erhöhen. Kinder und Jugendliche in Heimen seien besonders verletzlich und bedürften eines speziellen Schutzes, so die Landesregierung. Die Vox-Abgeordneten ließen die gedruckte Fassung einfach im Regierungssitz Cosulat de la Mar liegen.

Der Ausschuss war auf Initiative des Insel-Unternehmers José Luis Sánchez Saliquet aktiv geworden, ein Kandidat von Vox für den spanischen Senat. Die liberalen Ciudadanos und die konservative Volkspartei PP sowie Vox im Europa-Parlament unterstützen die Initiative.

Junge Heimbewohnerinnen verdienen sich Geld durch Prostitution

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Die Zustände in den Heimen auf Mallorca waren in die öffentliche Diskussion geraten, nachdem eine 13-Jährige über Weihnachten 2019 aus ihrem Heim abgehauen und mutmaßlich Opfer einer Gruppenvergewaltigung wurde. Daraufhin meldeten sich Sozialarbeiter zu Wort und erklärten, dass viele jugendliche Heimbewohnerinnen regelmäßig aus den Heimen entkommen, um sich Geld durch Prostitution zu verdienen.

Die Behörden hätten davon Kenntnis, über Jahre sei das stillschweigendgeduldet worden. Die regierenden Sozialisten stimmten damals gegen die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses. Derweil halten die Ermittlungen an. Erst vergangene Woche hatte die Nationalpolizei erneut drei Personen festgenommen. /somo