Mallorca und die Nachbarinseln haben in den zurückliegenden Wochen unkompliziert Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen und teilweise bereits nach kurzer Zeit mit einer Aufenthaltserlaubnis und Arbeitspapieren versorgt. Flüchtlinge aus anderen Teilen der Welt haben es da bei Weitem auf der Insel nicht so einfach, berichtet der Direktor der Aufnahmeeinrichtung in Palmas Stadtteil Son Rapinya, Tomeu Miralles. "Die anderen Antragsteller haben teilweise nach sechs Monaten noch keine Arbeitserlaubnis, die Geflüchteten aus der Ukraine aber bereits nach 24 Stunden."

Man bemühe sich bis aufs Äußerste um die aus der Ukraine geflüchteten Menschen, um sie bestmöglich auf die Einrichtungen zu verteilen, ihnen Übersetzer an die Seite zu stellen. Das habe Auswirkungen auf die Versorgung der anderen Geflüchteten. "Und die merken das", sagt Miralles. Auch die Bevölkerung helfe den Ukrainerinnen und Ukrainern deutlich engagierter als Menschen aus anderen Ländern. "Vielleicht, weil der Konflikt besser bekannt ist und mehr in den Medien vorkommt."

Studierende verfolgt, entführt und ermordet

Der 28-jährige José Ruiz (Name geändert) aus Nicaragua erzählt der Reporterin des "Diario de Mallorca", dass man seinen besten Freund getötet habe. Ruiz war Student und nahm an der Protestbewegung von Studierenden gegen den Präsidenten Daniel Ortega teil, der im Jahr 2018 eine Reduzierung der Renten um fünf Prozent angekündigt hatte. Daraufhin habe eine Verfolgung und Unterdrückung der Demonstrierenden begonnen. Studierende seien entführt und ermordet worden. "Allein im April 2018 gab es 400 Verschollene oder Getötete", kalkuliert Ruiz.

Man habe eine Erste-Hilfe-Brigade organisiert, weil es Anweisungen vom Präsidenten gab, den Rebellen medizinische Hilfe zu verweigern. "Das war wie ein Bürgerkrieg. Man hat auch unser Studium auf dem Gewissen, Universitäten wurden geschlossen. Einer seiner Freunde wurde gefasst und gefoltert. Er selbst sei auch gesucht worden, sein Gesicht sei in die sozialen Netzwerke hochgeladen worden. "Sie haben meinen besten Freund erschossen. Er schickte mir eine Nachricht, dass er nicht mehr atmen könne. Aber ich bin zu spät gekommen."

Eineinhalb Jahre auf der Finca versteckt

José Ruiz floh und versteckte sich sieben Monate lang in einer abgelegenen Finca seines Großvaters. "Da gab es nicht mal elektrisches Licht." Er lernte einen spanischen Helfer des Roten Kreuzes kennen, der ihm half. Ein weiteres Jahr verbrachte Ruiz auf der Finca. In dieser Zeit verlor er auch seine Schwester, die bei einem der friedlichen Demonstrationen ums Leben kam. Die Pandemie verhinderte dann, dass Ruiz ausreisen konnte.

Am 25. Juni 2021 schaffte er schließlich den Absprung aus seinem Land, flog zuerst nach Panama, von dort nach Madrid und schließlich nach Mallorca. Aus Furcht, man könnte ihn finden, nutzt er keine sozialen Netzwerke. Er arbeitet als Küchenhilfe auf Mallorca, nun hat er noch einen Monat in der Aufnahmeeinrichtung in Son Rapinya vor sich. Danach muss er sich eine Wohnung auf der Insel suchen.

Festnahme beim Bolzen

Auch Miguel Mariona will seinen richtigen Namen nicht verraten. Er floh im September 2021 aus El Salvador. In seinem Heimatland erlebte er Homophobie und Repressalien, weil er die Regierung kritisierte. "Wenn sie dich dort ins Gefängnis stecken, informieren sie nicht mal deine Familie", berichtet er. Es gebe Vermisste und anonyme Friedhöfe.

Sein Leidensweg begann mit einer Partie Fußball mit Freunden. Die Militärs hätten ihn und seine Mitspieler festgenommen. Neben einem Ameisenhaufen hätten die Militärs die Gruppe auf den Boden gelegt und die Ameisen provoziert, damit sie die Männer stachen. Mariona beklagte sich in den sozialen Netzwerken und etikettierte den Präsidenten Nayib Bukele auf dem Beitrag. Damit habe die Verfolgung begonnen.

Messerangriff durch die Militärs

Im Mai 2021 habe es eine Reihe von Entscheidungen des Regimes gegeben, die die Rechte der Bürger beschnitten hätten, unter anderem die Gruppe der LGTBIs. Es habe friedliche Kundgebungen auf der Straße gegeben. Trotzdem hätten die Militärs hart mit Tränengas und Prügelstrafen durchgegriffen.

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Eines Tages bei der Rückkehr von einem Kurs sei er von Militärs auf der Straße angegriffen worden. Man habe ihn geschlagen, ihn ausgezogen und mit einem Messer einen Stich in den Oberkörper verpasst. "Wir schneiden dir die Kehle durch", sollen die Militärs gesagt haben.

Im Internet fand Miguel Mariona Informationen zum Programm der Geflüchtetenaufnahme in Spanien und beschloss, nach Mallorca zu kommen. "Jetzt bin ich bereit zu arbeiten und suche eine Stelle", sagt er. /jk