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Inklusive Heldinnen: So klar positioniert sich Mallorca im Nahost-Konflikt

Was es am Mittwoch mit dem spanienweiten „Generalstreik“ aus Solidarität mit Palästina auf sich hatte - und warum die Emotionen auf Mallorca gerade besonders brodeln

Wärmstens empfangen: Lucía Muñoz, Reyes Rigo und Alejandra Martínez (v. li.) bei ihrer Rückkehr am Flughafen Palma.

Wärmstens empfangen: Lucía Muñoz, Reyes Rigo und Alejandra Martínez (v. li.) bei ihrer Rückkehr am Flughafen Palma. / B. Ramón

Sophie Mono

Sophie Mono

Freunde waren gekommen, Familienangehörige – aber auch politische Mitstreiter: Als Reyes Rigo, Lucía Muñoz und Alejandra Martínez am Montagmittag (13.10.) an Palmas Flughafen ankamen, wartete bereits ein ansehnliches Empfangskomitee auf sie. Die Heldinnen der Stunde, zurück aus Israel, wo die drei Mallorquinerinnen gemeinsam mit anderen spanischen Aktivisten dafür gekämpft hatten, einen Versorgungskorridor für die Menschen in Gaza aufzubauen – und von israelischen Behörden erst in Gewahrsam genommen und dann ausgewiesen worden waren.

Klare Haltung in Spanien

Besonders Reyes Rigo wird für ihren Mut gefeiert – nach einer Auseinandersetzung mit einer israelischen Aufseherin soll sie diese in die Hand gebissen haben. Sie musste daraufhin zwei Tage länger in Haft bleiben als der Rest der Spanier. Die Story klingt etwas kurios, zumal Reyes selbst sich noch nicht öffentlich dazu geäußert hat. Aber medial war sie ein voller Erfolg. Denn was die Stimmung angeht, ist die Tendenz in ganz Spanien – anders als in Deutschland – eindeutig: Ein Großteil der Bevölkerung zeigt sich klar solidarisch mit dem palästinensischen Volk. Vorfälle wie der der eingesperrten Reyes gießen weiter Öl ins Feuer.

Genau wie Spaniens Premier Pedro Sánchez, der praktisch seit Beginn des Gaza-Kriegs eine israelkritische Haltung eingenommen hat – und dafür international ebenso Rügen wie Lob einstecken muss. Immer wieder gab es in den vergangenen Monaten Demonstrationen und Proteste auf Mallorca und dem Festland, oft von linksintellektuellen Kreisen initiiert, aber von der Allgemeinheit befürwortet oder zumindest gebilligt.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass quasi alle großen Gewerkschaften sowie zahlreiche Verbände, Bürgerinitiativen und Interessensgruppen für den 15. Oktober zu einem „Generalstreik“ aufriefen. Unter dem Motto „Stoppt die Apartheid und den Völkermord“ wollte man so die Solidarität mit den Palästinensern noch einmal betonen.

Skeptisch gegenüber dem Friedensplan

Der Zeitpunkt mag irritieren – schließlich hat Trump gerade erst seinen Friedensplan für Nahost durchgeboxt. Doch hierzulande traut man dem Braten nicht. „Letztlich ist es ein Geschäftsplan, der die Besatzung nicht beendet, sondern darauf abzielt, Gaza in ein touristisches Resort zu verwandeln“, kritisiert Reyes’ Mitstreiterin Lucía Muñoz im Gespräch mit der MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca“. „Man muss sehr vorsichtig sein, wenn man diesen Plan als Friedensplan bezeichnet – es ist lediglich eine Pause. Man muss weiter mobilisieren, denn das hier ist noch lange nicht vorbei“, so die linke Podemos-Stadträtin aus Palma. Sie ist es übrigens auch, die die 2.500 Euro Strafe zahlen will, die Reyes dem israelischen Staat wegen der Biss-Attacke schuldet.

Trotz der Sympathie Mallorcas mit Palästina: So richtig ist von Generalstreik am Mittwoch dann aber doch nichts zu merken. Schon im Vorfeld hatte die konservative Landesregierung klargestellt, dass im öffentlichen Sektor ein Mindestangebot der Dienstleistungen gewährleistet werden müsse – in Schulen genauso wie in Gesundheitseinrichtungen und dem Nahverkehr. Und ja, auch die Rettungsschwimmer hätten ihren Dienst trotzt Generalstreiks abzuleisten, wie ein Sprecher der Landesregierung am Mittwochmorgen betonte. Die socorristas hatten nämlich am Streik teilnehmen wollen, fügten sich dann aber den Weisungen. Ein Teil der MZ-Redaktion legte ebenfalls gemeinsam mit den „Diario“-Kollegen für ein solidarisches Gruppenfoto kurz die Arbeit nieder. Immerhin ein kleines Zeichen für Menschlichkeit.

Demo am Abend

Am frühen Mittwochabend kamen in Palma mehr als 2.000 Menschen zur Demo zusammen

Am frühen Mittwochabend kamen in Palma mehr als 2.000 Menschen zur Demo zusammen / Manu Mielniezuk

Genau wie die Demo, zu der sich am Mittwochabend Polizeiangaben zufolge mehr als 2.000 Menschen im Zentrum von Palma einfanden, um zum Boykott Israels aufzurufen. Von der Plaça d'Espanya liefen die Demonstranten durchs Zentrum und schließlich zur Kathedrale. Dort forderten die Redner den sofortigen Abbruch der diplomatischen und kommerziellen Beziehungen zu Israel. „Wir wollen keine Komplizen des Völkermords oder des Waffenhandels sein“, erklärten Gewerkschaftsvertreter in einem verlesenen Manifest. Mittendrin bei den Protesten: natürlich auch Reyes Rigo und Lucía Muñoz. Letztere nutzte noch einmal die große Bühne, um klarzustellen: "Es kann keinen Frieden geben, solange es eine Besatzung und ein koloniales Regime gibt."

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