Erst Polizist, jetzt Generaldirektor für Migration: Was Manuel Pavón über die Zuwanderung auf Mallorca denkt
Der balearische Generaldirektor für Migration, Manuel Pavón war lange Zeit bei der Nationalpolizei. Seit Kurzem ist er nun in der konservativen Landesregierung als Generaldirektor für Migration und Entwicklungszusammenarbeit tätig. Ein Interview

Gilt vielen als Hardliner in Sachen Migration: Manuel Pavón. / GUILLEM BOSCH
Manuel Pavón (Madrid, 1981) war lange Unterkommissar der Nationalpolizei und Sprecher der Polizei-Gewerkschaft SUP auf den Balearen. Seit Juli leitet er die Generaldirektion für Migration und Entwicklungszusammenarbeit in der konservativen Landesregierung.
Sind Sie auch für uns Deutsche zuständig?
Nein, leider nicht. Die Generaldirektion betreut Projekte, die sich vor allem an Menschen aus Nicht-EU-Ländern richten, die sich hier in einer irregulären Situation befinden.
Was sind das für Projekte?
Es sind drei Bereiche. Da ist zum einen die Entwicklungsarbeit in den Herkunftsländern. Wir führen verschiedene Projekte durch – etwa in Afrika oder Lateinamerika –, um den Menschen dort Chancen zu geben, damit sie nicht ihr Leben auf dem Meer riskieren, um auf die Balearen zu gelangen. Wir wollen ihnen Perspektiven in ihren eigenen Ländern aufzeigen. Zum Beispiel haben wir derzeit ein Projekt in Marokko für Fischerinnen, die Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt sind. Oder ein Hilfsprojekt in Burkina Faso, dort geht es vor allem um Ernährungssouveränität. Wenn wir in Herkunftsländern arbeiten, tun wir das immer gemeinsam mit etablierten internationalen Organisationen. Dann haben wir den Bereich der Einwanderung, der sich auf die Balearen selbst bezieht. Hier werden den Menschen, die schon auf den Inseln sind, etwa den Straßenverkäufern, verschiedene Möglichkeiten zur sozialen Eingliederung und Anpassung geboten. Wir geben ihnen Werkzeuge an die Hand, damit sie die Sprache lernen und sich beruflich neu orientieren können. Und dann gibt es noch einen dritten Block, der eigentlich nicht direkt in unseren Zuständigkeitsbereich fällt, nämlich, dass wir die Ankunft der Migrantenboote und die irreguläre Migration auf die Balearen öffentlich ansprechen und anzeigen. Wie Sie wissen, werden hier Jahr für Jahr Rekorde gebrochen.
Wenn auf Mallorca von „Migranten“ die Rede ist, sind meist nicht Nordeuropäer, sondern die „Armen“ gemeint, so als gäbe es gute und schlechte Einwanderer.
Das ist keinesfalls die Position dieser Regierung. Migration ist etwas Positives, aber nur, wenn sie reguliert, kontrolliert und über legale Wege erfolgt. Weil man bei Menschen, die mit Booten kommen, weder weiß, wer sie sind, noch was sie in ihrem Land getan haben oder was sie hier vorhaben. Wir wissen nicht, ob sie auf den Balearen bleiben, aufs Festland ziehen oder nach Europa weiterreisen. Wir sind die südliche Grenze Europas. Menschen, die irregulär über unsere Küsten kommen, können nicht lückenlos nachverfolgt werden. Viele ziehen weiter nach Frankreich, Deutschland, Belgien ... Sobald sie auf den Balearen freigelassen werden, verlieren wir ihre Spur.
Immer wieder wird bei diesem Diskurs die Sicherheit der Bevölkerung in die Waagschale geworfen. Wird da nicht zu sehr dramatisiert?
Schauen Sie sich den letzten Bericht von Frontex über die Risiken auf den Migrationsrouten an – er ist öffentlich. Darin heißt es, dass Personen mit böswilligen Absichten irreguläre Migrationsrouten nutzen könnten, um nach Europa zu gelangen. Das sagt Europa selbst, nicht wir. Deshalb sehen wir es als unsere Pflicht, darauf hinzuweisen – auch wenn es nicht direkt unsere Zuständigkeit ist –, denn die Zentralregierung Spaniens tut nichts.
Ein großer Streitpunkt sind die unbegleiteten minderjährigen Migranten („Menas“). Die Opposition kritisiert, dass die Landesregierung sich nicht genügend um Lösungen bemüht.
Die linksgerichteten Parteien kritisieren alles, was wir tun. Die Menas fallen unter die Zuständigkeit der Sozialdienste, und die sind überlastet. Wir haben eine Überbelegung von 1.000 Prozent. Es ist unmöglich, den Minderjährigen eine würdevolle und angemessene Betreuung zu bieten. Wir haben rechtliche Schritte gegen die einseitige Entscheidung der spanischen Regierung eingeleitet, uns noch mehr Minderjährige zuzuweisen, obwohl wir keine Kapazitäten mehr haben. Das hat nichts mit mangelnder Solidarität zu tun – es geht schlicht nicht .
Es gibt Überlegungen, ein Freiwilligen-Netzwerk aufzubauen, um die Menas zu integrieren. Was können wir alle für Integration tun?
Die Gemeinden und die Autonome Gemeinschaft tragen eine Mitverantwortung bei der Integration dieser Menschen. Deshalb gibt es zahlreiche Projekte, die Ressourcen und Chancen bieten sollen. Aber auf den Balearen herrscht Fachkräftemangel und es fehlt an Raum. Es ist eine komplexe Situation.
Viele Zuwanderer stammen aus Südamerika. Welche Herausforderungen bringen sie mit?
Das sind völlig andere Profile. Normalerweise kommen Menschen aus Lateinamerika mit einem Visum – oder sie reisen, falls keines nötig ist, als Urlauber ein. Das heißt, sie haben Dokumente, wir wissen, wer sie sind, ob sie die Einreisevoraussetzungen erfüllen oder nicht. Natürlich brauchen auch sie Unterstützung bei der Integration in die spanische Gesellschaft, und dafür gibt es ebenfalls Projekte. Zum Beispiel arbeiten wir in diesem Bereich mit Caritas zusammen.
Ist es vorstellbar, dass Menschen künftig systematisch festgenommen, überprüft und abgeschoben werden – wie in den USA?
Das ist schwer vorauszusagen. Wir sind keine Gesellschaft wie die US-amerikanische. Ich denke, wir haben gesunden Menschenverstand. Was ich mir wünsche, ist – wie ich eingangs sagte –, dass die Migration reguliert, geordnet und kontrolliert ist. Darüber hinaus weiß ich nicht, was in Zukunft passieren wird. Aber man muss die irreguläre Migration ernst nehmen, denn sie betrifft nicht nur die Balearen oder Spanien, sondern ganz Europa. Schauen Sie sich an, wie die Radikalisierung in manchen Ländern zunimmt – wir dürfen es nicht so weit kommen lassen.
War es für Sie eigentlich schwierig, vom Polizisten zum Politiker zu werden?
Nein, überhaupt nicht (lacht). Als mir Marga Prohens die Stelle vorgeschlagen hat, konnte ich nicht Nein sagen. Ich bin sehr zufrieden, lerne viel, und ich glaube, wir sind im richtigen Moment, um Veränderungen zu bewirken. Es ist eine schwierige Situation, aber wir werden alles tun, um sie zu verbessern.
Marga Prohens war in Brüssel, um über den Einsatz von Frontex zu sprechen. Angeblich könnte damit die irreguläre Migration um 90 Prozent reduziert werden. Glauben Sie an solche Erfolge?
Frontex ist derzeit in Spanien in drei Operationen aktiv und in diesen Gebieten ist die irreguläre Migration tatsächlich zurückgegangen. Auf der Balearen-Route ist sie laut dem jüngsten Bericht des Innenministeriums hingegen um 84 Prozent gestiegen. Das zeigt einen klaren Trendwechsel. Wenn keine Lösungen gefunden werden, werden wir bald in derselben Lage sein wie die Kanaren. Frontex unterstützt die Sicherheitskräfte, aber der Staat muss um die Entsendung bitten. Uns ist nicht bekannt, dass Madrid dies für die Balearen getan hätte.
Etwas Positives zum Abschluss? Bringt die Migration Mallorca auch Chancen und Vorteile?
Natürlich – die Balearen sind Aufnahmegebiet. Aber die unkontrollierte Migration ist nicht tragbar. Jeder ernsthafte Staat muss seine Grenzen schützen – und das tut Spanien derzeit nicht. Auch weil Polizei und Guardia Civil unterbesetzt und unterausgestattet sind.
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