Bei den Steuerberatern auf ­Mallorca klingeln derzeit die Alarmglocken: Praktisch zeitgleich mit dem Ende einer Steueramnestie, startet die spanische Regierung eine Offensive, um die Auslandsvermögen hiesiger Steuerzahler zu erfassen. Davon betroffen sind nicht zuletzt die in Spanien lebenden Ausländer. So werden mit dem neuen Gesetz auch die Mallorca-Deutschen quasi durchleuchtet. Sie müssen nun über ihre anderweitigen Geldkonten, Wertpapiere und Immobilien­besitz Auskunft geben. Das kann Folgen für Einkommens- und Vermögenssteuer haben, aber auch für Erbschafts- oder Schenkungs­steuer.

Im Kern bedeutet das Gesetz eine Art Offenbarungseid, den Steuerzahler mit Auslandsvermögen im ersten Quartal 2013 leisten müssen. „Wer diesen nicht befolgt, muss drakonische Strafen befürchten", warnt Alejandro del Campo, Rechtsanwalt und Steuerberater bei DMS-Consulting in Palma. Die Erklärung über den Besitz im Ausland gibt dem Finanzamt dann das nötige Werkzeug an die Hand, um die Steuern effektiv einzuziehen.

Die Offenlegung der Vermögenswerte ist für all jene verpflichtend, die im Jahr 2012 als Steuer-Inländer in Spanien geführt werden. Ausschlaggebend ist ein Limit von 50.000 Euro - zunächst war sogar von 20.000 Euro die Rede - das jeweils für Bankkonten, Immobilienbesitz sowie Geldanlagen und Beteiligungen gilt (alle Details siehe Printausgabe und E-Paper).

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Zusätzliche Bedeutung hat die neue Regelung auf Mallorca durch die Entscheidung der Landesregierung, ab 2013 nun doch die zuletzt 2008 ausgesetzte Vermögenssteuer (impuesto de patrimonio) einzuziehen. Ausschlaggebend ist ein Vermögen von mehr als 700.000 Euro. Die Belastung steigt progressiv: Für besonders Reiche gilt ein Steuer­satz von 2,5 Prozent.

Die Tragweite der neuen Regelung wurde mit dem Königlichen Dekret 1558/2012 bekannt, das am 24. November veröffentlicht wurde. Es basiert auf dem Gesetz zur Bekämpfung des Steuerbetrugs von Oktober und wird flankiert von weiteren Maßnahmen. „Das ist das Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche", sagt Rechtsanwalt ­Gabriel Buades von der gleichnamigen Kanzlei in Palma - erst eine Steueramnestie, dann die Jagd auf Steuer­sünder. Die Beschlüsse seien ein logischer Schritt im europaweiten Kampf gegen Steuerhinterziehung. Angesichts der Krise sei Spanien zudem auf sämtliche Einnahmen angewiesen.

Im spanischen Finanzministerium wird die neue Regelung denn auch als Teil eines Gesamtkonzepts dargestellt, mit dem effektiv gegen Steuerbetrug vorgegangen werden soll. Denn die Regierung verlangt nicht nur Auskunft unter Androhung hoher Strafen, sondern feilt gleichzeitig am Informations­austausch mit anderen Staaten. Nach und nach würden weitere Vereinbarungen geschlossen, so ein Ministeriumssprecher gegenüber der MZ, „ohne sie wäre unsere Waffe stumpf". Ein Abkommen mit den USA sei bereits seit einem Monat unterschrieben, ein weiteres mit der Schweiz auf den Weg gebracht. Wie es in einer Mitteilung heißt, werde zudem eine eigene Abteilung zum Kampf gegen internationalen Steuerbetrug ins Leben gerufen, die „Oficina Nacional de Fiscalidad Internacional".

Bei den spanischen Finanzämtern sei bereits jetzt eine gesteigerte Effizienz zu beobachten, sagt Steuerberater Willi Plattes von der Kanzlei European@ccounting. Die Umsetzung der Steuergesetzgebung gehe effizienter vonstatten als früher. Anwalt del Campo verweist zudem darauf, dass die Zusammenarbeit der Steuerbehörden nicht nur die gegenseitige Information betreffe, sondern auch die Eintreibung. Er kenne bereits Beispiele von Betroffenen, bei denen zu diesem Zweck Bankkonten oder Immobilien im jeweils anderen Land gepfändet worden seien. Schritt für Schritt würden internationale Steuer-Oasen ausgetrocknet. Mallorca-Residenten seien gut beraten, die Pflicht zur Erklärung ernst zu nehmen, rät auch Buades: Aufgrund des zunehmenden Informationsaustausches werde es immer wahrscheinlicher, dass das spanische Finanzamt von ausländischem Besitz Wind bekomme, und dann drohten Geldbußen schon allein aufgrund der Tatsache der Verschweigung.

Da die Strafen über dem eigentlichen Vermögenswert liegen können und auch der Verjährung Riegel vorgeschoben werden, meldet Anwalt del Campo allerdings Zweifel an, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten werde. Da passt es auch ins Bild, dass das spanische Finanzministerium eine Verschärfung des Strafgesetzbuches angekündigt hat - die maximale Gefängnisstrafe für Steuer­betrug soll heraufgesetzt werden.

Die deutsche Konsulin in Palma, Regina Lochner, spricht von einem „sehr ausgeprägten Auskunfts­bedürfnis" der spanischen Behörden. Es gebe in Deutschland keine Entsprechung für den umfangreichen Einblick, den spanische Beamte dank Steuernummer NIE in die ­Vermögensverhältnisse der Bürger hätten.

Die jetzige Initiative der spanischen Regierung sei international einmalig, so Steuerberater Plattes, „mir ist kein anderes Land bekannt, wo so etwas gemacht wird." Viele deutsche Mallorca-Residenten seien sich bislang nicht über das Ausmaß der Regelungen bewusst. Sie seien zudem psychologisch als äußerst unklug einzuschätzen. „Wir stellen in der Steuergesetzgebung eine Menge negative Erscheinungen zum Standort Mallorca fest", so Plattes. „Viele Kunden fragen sich, ob sie hier langfristig ihre Zelte aufschlagen sollen."

Wie die Regelungen im Einzelnen aussehen, lesen Sie in der Printausgabe sowie im E-Paper.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 6. Dezember (Nummer 657) lesen Sie außerdem:

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