Im balearischen Finanzministerium geht es nach der Verabschiedung des Haushalts wieder ein bisschen ruhiger zu. Doch es gibt weiterhin viel zu tun für Catalina Cladera: Die Ministerin, die nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften und einem Master in öffentlicher Verwaltung am balearischen Rechnungshof gearbeitet hat, bastelt derzeit mit ihrem Team an einem Aktions­plan gegen Steuerbetrug. Auch die Vorbereitung der neuen Touristensteuer und die Verhandlungen mit Banken zur Umschuldung halten die Sozialistin (Sa Pobla, 1972) in Atem. Cladera macht trotz der Dauer­haushaltskrise einen gelassenen Eindruck - bis das Gespräch auf die deutschen Investoren kommt€

Der Kampf gegen Steuerbetrug gehört zum Standard in Wahl- und Regierungsprogrammen, ohne dass viel passiert. Warum sollte das jetzt anders sein?

Weil wir einen umfassenden Ansatz haben, der auch die Erziehung mit einschließt. Wir wollen die Steuermoral allgemein verbessern, die in Spanien etwas schwächer ausgeprägt ist als in anderen Ländern.

Sozusagen mit einem eigenen Schulfach?

Wir haben keine Zuständigkeit für den Lehrplan. Aber wir werden Schulen Besuche abstatten oder Unterrichtsstunden anbieten. So sollen schon die Kinder verstehen, dass Steuern notwendig sind, um Sozialhilfen zu zahlen, Krankenhäuser zu betreiben oder Straßen zu bauen. Das ist aber nur ein Punkt von vielen. Unser Aktionsplan sieht vor, die Bürger besser zu informieren, aber auch Inspektionen und Überprüfungen auszuweiten.

Die Rede ist von einer Schattenwirtschaft, die immer noch mehr als 20 Prozent des Bruttoinlandprodukts ausmacht. Teilen Sie diese Einschätzung?

Da gibt es natürlich keine offiziellen Daten, aber die Schattenwirtschaft war während der Wirtschaftskrise auch eine wichtige Zuflucht für viele Mittellose. Ich halte sie für ein kulturelles Problem, das man umfassend angehen muss.

Sie wollen bereits dieses Jahr 10 Millionen Euro zusätzlich eintreiben. In welchen Bereichen ist am meisten zu holen?

Vor allem beim Erwerb von Immobilien - ein Bereich, in dem wir auch die volle Zuständigkeit haben. Aber auch bei Einkommen- und Mehrwertsteuer soll genauer hingeschaut werden.

Unterverbriefung, also die Angabe geringerer Kaufsummen im ­Vertrag, um einen Teil schwarz zu zahlen, ist noch immer eine Art Volkssport?

Getrickst wird nicht nur bei der Kaufsumme, sondern auch bei der Wertermittlung der Immobilie. Die Notare haben uns aber ihre volle Kooperation zugesichert - wir stellen bei ihnen ein zunehmendes Bemühen fest, das zu verhindern. Einige Steuerzahler gründen auch Gesellschaften, um Abgaben zu umgehen.

Sie erhöhen Vermögen-, Grunderwerb- und Erbsteuer, auch bei der Einkommensteuer wird es teurer. Damit dürften Tricks wieder attraktiver werden €

Aber auch unsere Steuerprüfer rüsten auf. Die jetzt geänderten Steuern betreffen vor allem Spitzenverdiener, Immobilienbesitzer und Erben. Wer über eine Million Euro Vermögen verfügt, hat seine Grundbedürfnisse abgedeckt und kann gemäß dem progressiven Steuermodell stärker in die Verantwortung genommen werden.

Steuerberater und Immobilienunternehmer schlagen Alarm, dass der Standort Mallorca zunehmend unattraktiv für ausländische Investoren werde. Die neuen Sätze werden zudem rückwirkend für das Steuerjahr 2015 angewandt. Ändern Sie die Regeln während des Spiels?

Wir haben das noch im alten Jahr angekündigt. Betroffen sind bei der Einkommensteuer nur die Steuerstufen für Besserverdiener. Und die Vermögensteuer gab es auch schon vorher, wir haben nur die Freibeträge etwas herabgesetzt. Das sind keine neuen Spielregeln, die etwa Kaufentscheidungen beeinflussen.

Die Vermögensteuer gibt es in Deutschland schon lange nicht mehr, auf Mallorca wird sie nun sogar ausgeweitet.

Deutschland hat dafür andere Möglichkeiten zur Besteuerung und auch zur Betrugsbekämpfung. Die Mehreinnahmen von voraussichtlich 60 Millionen Euro sind nötig für qualitativ hochwertige öffentliche Leistungen. Die Alarmstimmung ist übertrieben, wir haben nur bestimmte Steuerstufen angehoben. Das hat man mir auch in der Gemeinde Calvià bestätigt, wo viele Ausländer leben. Im Vergleich mit anderen Regionen Spaniens liegen wir im Mittelfeld.

Immobilienbesitzer ärgern sich auch über Katasterwerte, die noch aus Zeiten der Immobilienblase stammen.

Das Problem ist erkannt, derzeit überarbeiten alle Gemeinden die Katasterwerte, um sie an die Realität anzupassen.

Mehr Einnahmen sind auch denkbar, indem man den Standort attraktiv für Investoren macht, wie es die Lagares-Expertenkommission vor zwei Jahren vorschlug, etwa durch den Wegfall der Vermögensteuer.

Fiskalische Maßnahmen sind nicht allein ausschlaggebend für einen attraktiven Standort. Unsere Steuerpolitik ist maßvoll und notwendig für mehr soziale Gerechtigkeit. Ich glaube nicht, dass sie Entscheidungen von Investoren beeinflusst.

Rund 70 Millionen Euro pro Jahr soll zudem die neue Touristensteuer einbringen. Ab wann sollen die Einnahmen fließen?

Ab Anfang Juni. Ende März dürfte das Gesetz verabschiedet sein, anschließend müssen wir die Ausführungsbestimmungen erlassen. In diesem Jahr dürften wir so bereits 50 Millionen Euro einnehmen.

Wie schätzen Sie den Verwaltungsaufwand ein, um die vielen kleinen Beträge zu kassieren?

Unsere Steuerbehörde hat ausreichend Ressourcen. Im Vergleich zur ersten Ecotasa vor 15 Jahren haben wir zudem eine moderne Informa­tionstechnologie zur Verfügung.

Die Touristensteuer soll auch in der Ferienvermietung eingezogen werden. Voraussetzung ist jedoch die Regulierung der gesamten Branche, die bislang im gesetzlichen Graubereich funktioniert.

Auch jetzt schon sind viele Ferienhäuser offiziell angemeldet.

Aber nicht die Apartments.

Sie müssen in der Tat erst legalisiert werden. Da wird es eine Übergangsphase geben, während der die Steuer bereits fällig wird. Zunächst muss das Tourismusgesetz reformiert werden, dafür hat die Zeit bisher nicht ausgereicht. Wer sein Apartment vermietet, muss aber auch jetzt schon die Einkünfte deklarieren und kann so bei Schwarzvermietung zur Verantwortung gezogen werden.

Das Homesharing-Portal Airbnb hat angeboten, für Sie die Touristensteuer einzuziehen. Wie weit sind die Verhandlungen gediehen?

Wir stehen im Kontakt, auch mit weiteren Agenturen. Man hat uns Kooperationsbereitschaft signalisiert.

Wie viele Inspektoren stehen zur Verfügung, um die Ferienvermietung zu überwachen und Steuerbetrug zu bekämpfen?

In der balearischen Steuerbehörde sind es 15. Wir werden die Arbeitsabläufe optimieren und schließen spätere Neueinstellungen nicht aus.

Was meinen Sie mit optimieren?

Die Abteilung hatte bislang eine andere Ausrichtung. Inspektionen gehörten nicht zu den Prioritäten, die Strategien waren eher passiver Natur.

Die Landesregierung kämpft mit einer Rekordverschuldung. Sie verhandeln derzeit mit der ­Deutschen Pfandbriefbank und der Helaba wegen einer möglichen Umschuldung. Wie kommen die Gespräche voran?

Wir sind auch mit weiteren deutschen Banken in Verhandlungen. Uns macht zu schaffen, dass wir mit derzeit 8,7 Milliarden Euro eine hochverschuldete Region sind. Das erschwert auch die Verhandlungen mit den deutschen Banken.

Warum Deutschland?

Die dortigen Banken haben mehr Möglichkeiten zur Kreditvergabe. Die Banken in Spanien dagegen haben gerade erst den Prozess der Umstrukturierung hinter sich und zeigen weniger Bereitschaft. Dennoch haben wir auch mit ihnen 192 Millionen Euro umgeschuldet.

Die Baupolitik ist unter der Linksregierung deutlich restriktiver geworden. Müssen Sie sich als Haushaltschefin nicht über Entscheidungen ärgern, die Investitionen etwa in Hotels deutlich einschränken und so die Steuereinnahmen mindern?

Solche Einnahmen nützen nur kurzfristig. Wichtig ist ein Gleichgewicht, wir müssen unsere natürlichen Ressourcen schützen. Hoteliers können im Übrigen auch weiterhin in in die Jahre gekommene Tourismuszonen investieren. Außerhalb geschlossener Ortschaften dagegen hat der Schutz der Landschaft Vorrang. Sie macht schließlich die Attraktivität der Insel aus.

Wie gehen Sie persönlich damit um, dass Sie den Finanzwünschen in den Ministerien Grenzen aufzeigen müssen, um den Haushalt im Gleichgewicht zu halten?

Ich versuche, genau zu erklären, in welcher Situation wir sind. Jeder kämpft natürlich für seine Projekte, aber wir finden Kompromisse etwa in Form einer stufenweisen Umsetzung. Die Rotstiftpolitik der vergangenen Jahre hat nichts gebracht, die öffentliche Verwaltung war teilweise zum Stillstand gekommen, es mussten auch hohe Abfindungen gezahlt werden. Diese Versäumnisse kommen uns jetzt teuer zu stehen.

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