Das Datum, zu dem neue Offensiven der Steuerfahndung angekündigt werden, ist in der Regel vorhersehbar. Pünktlich zum Start der Einkommensteuererklärung war es wieder so weit. Dieses Jahr müssten sich besonders die Besitzer von Ferienwohnungen darauf einstellen, vom Fiskus unter die Lupe genommen zu werden, warnte Ende vergangener Woche der Delegierte der balearischen Steuer­behörde (ATIB), Arnau Cañellas. Eine „Kriegserklärung" an die Ferienvermieter, titelte die Zeitung „El Mundo".

Die Immobilienbesitzer ließen sich von derart markigen Worten in der Vergangenheit wenig beeindrucken. Doch diesmal steckt offenbar mehr dahinter. So erhalten Steuerzahler zusammen mit dem Entwurf der Steuererklärung (borrador) diese Nachricht vom spanischen Fiskus (AEAT): „Gemäß den Daten, über die wir verfügen, haben Sie Immobilien in verschiedenen Medien zur Miete angeboten, darunter im Internet. Wir weisen Sie darauf hin, dass Sie Einnahmen, die Sie gegebenenfalls aus der Vermietung erzielt haben, ebenfalls erklären müssen."

Woher weiß der Fiskus das? In den Online-Offerten stehen schließlich oft nur kryptische Angaben über den Eigentümer einer angebotenen Immobilie. Oder ist das nur ein Bluff? „In den vergangenen Jahren ging es in der Tat vor allem um Abschreckung", meint Luis Tato, Bereichsleiter Balearen der spanischen Gewerkschaft der Steuerbeamten (Gestha). „Dieses Jahr sind wir aber einen wichtigen Schritt weiter."

Demnach haben Abkommen zum Datenaustausch die entscheidenden Informationen beigebracht. „Viele Buchungsportale haben ihren Firmensitz in Ländern mit anderen Steuergesetzen und sind ziemlich intransparent", so Tato, der Parallelen zur derzeitigen Steuer­paradies-Debatte zieht. Die in den vergangenen Jahren abgeschlossenen Abkommen mit anderen Ländern sowie gerichtliche Aufforderungen trügen nun aber erste Früchte, und die Steuerbehörde habe Informationen über vermietete Immobilien, Buchungsvorgänge oder gezahlte Summen in der Datenbank. Abgleiche mit dem Katasteramt sowie den Daten von Energieversorger und Stadtwerken - sie verraten, ob eine Wohnung wirklich leer stand - tun ein Übriges.

Der Hinweis des Fiskus hat seine Wirkung bereits getan. Mit „Hysterie" beschreibt Irene Perelló die Reaktionen vieler Ferienvermieter. Bei der Geschäftsführerin des Verbands der Vermieter von Ferienapartments auf den Balearen (Aptur) gingen derzeit doppelt so viele Anrufe wie normal ein. Dabei habe man schon immer an die Mitglieder appelliert, ihre Einkünfte zu deklarieren.

Vermieter in der Bredouille

Das Problem: Viele Ferienvermieter wollen sich nicht nur die Steuern sparen, sie fürchten auch das balearische Tourismusministerium. Zur Erinnerung: Bislang ist die Vermarktung von Apartments als Touristenunterkunft nicht erlaubt, die Landesregierung genehmigt dies nur für Einfamilien- und Reihenhäuser. Wer aber nun seine Einkommensteuer zahlt, bringt sich ins Visier der Tourismus-Inspekteure - eine Befürchtung, die Perelló für berechtigt hält: „Da wird man sicherlich Daten austauschen."

Die balearische Landesregierung will den Markt der Ferienwohnungen bis Herbst neu regulieren und so der bisherigen gesetzlichen Grauzone Herr werden. Um die Situation noch komplizierter zu machen, wird ab 1. Juli nicht nur in Hotels, sondern auch in Ferienwohnungen die neue Öko-Abgabe für Urlauber fällig. Diese kann jedoch nur in genehmigten Ferien­unterkünften eingezogen werden. Perelló von Aptur fordert deswegen für die Ferienapartments ein Moratorium von zwei Monaten bei der Anwendung der Öko-Abgabe, bis voraussichtlich Ende August ein Entwurf für ein geändertes Tourismus­rahmengesetz vorliegt.

Die bestehende Rechtsunsicherheit trage ohne Frage zur mangelnden Steuermoral der Apartmentbesitzer bei, glaubt Tato von der Gewerkschaft der Steuerbeamten - bei der Ferienvermietung überlagerten sich die Zuständigkeiten, und infolge des Booms sei das Thema völlig außer Kontrolle geraten. Den derzeit knapp 8.500 offiziell zugelassenen Ferienwohnungen mit 52.388 Gästebetten auf Mallorca - vor allem freistehende Fincas - steht nach Schätzungen eine mindestens dreimal so große Zahl von Ferienunterkünften gegenüber, die nicht registriert sind. Zum Vergleich: Die Hotels haben knapp 290.000 Gästebetten im Angebot. Die Hoteliersvereinigung (FEHM) geht gar davon aus, dass knapp ein Drittel der in diesem Jahr erwarteten mehr als 13 Millionen Mallorca-Urlauber in „nicht reglementierten" Unterkünften absteigt.

Wie ernst man angesichts dieser Zahlen die Ankündigung von mehr Vor-Ort-Inspektionen nehmen muss, ist fraglich. Denn die Personal­decke ist in den vergangenen Jahren durch Pensionierungen und Versetzungen dünner geworden, wie Tato sagt. Von den 650 Angestellten der balearischen Steuerbehörde arbeiten 80 in der Steuerfahndung - und nur 20 von ihnen sind Inspektoren, für die darüber hinaus Ferienwohnungen nur einen Teil ihres Aufgaben­gebiets ausmachen. Bleiben also viele Daten ungenutzt? Tato: „Es gibt immer mehr Information, als verwendet werden könnte."

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