Von Holger Weber

Die Miene von Regisseur ­Martyn Smith, der bei der Probe vor der Bühne steht, ist angespannt. Vor dem Saisonbeginn muss alles stimmen. „Die Leute zahlen viel Geld für die Darbietung und wollen dafür eine hochklassige Show sehen", sagt Phil Saint.

Ehemalige Akrobatik- und Turnweltmeister, Gymnastinnen und Tänzerinnen aus fünf Nationen schlüpfen in der Show in prächtige Piratenkostüme. Zehn Stunden am Tag wurde vor der Premiere geprobt. Der Job ist hart, weiß Saint, der bis zum vergangenen Jahr selbst noch den Francis Drake gemimt hat und im Verlauf seines 16-jährigen Engagements in Magaluf zwischen April und Oktober gerade einmal an drei Tagen frei hatte: zweimal wegen Krankheit, einmal als seine Tochter zur Welt kam.

In der stockfinsteren Veranstaltungshalle, in der nur die Bühne von einem gedämpften Licht erhellt wird, werden die Akrobaten mit einem auf dem Holzschiff eingelassenen Trampolin auf die Masten katapultiert. An den Seilen, die von der Decke baumeln, hangeln sich drei Artisten nach oben. Zwei schauen nur zu. „Wir haben immer mal wieder Verletzte", sagt Saint und deutet auf die beiden, die unten am Boden stehen. Bei Pirates arbeiten die Darsteller ohne schützendes Seil. Bei Luftnummern in zehn Metern Höhe sei deswegen absolute Konzentration erforderlich - gar nicht so einfach, wenn im Saal knapp tausend Gäste, vorwiegend Kinder, johlen.

Das Showtheater Pirates wurde in Benidorm erfunden und 1983 auf die Insel gebracht, weil sich der Erfinder, ein Hotelier aus der Provinz Alicante, auf der Tourismusinsel Mallorca ein größeres Publikum erhoffte. Seither wird hauptsächlich vor britischem Publikum gespielt und mit englischen Reiseveranstaltern zusammengearbeitet. „In Zukunft wollen wir mehr deutsche Zuschauer gewinnen", sagt Saint. Internationale Arbeitsteilung

Um die Deutschen, Schweizer und Österreicher, vor allem um die Älteren unter ihnen, kümmern sich eher die anderen beiden Show­theater, ­Son Amar und Es Fogueró. Dort, vor den Toren Palmas, bekommen die Zuschauer ein breitgefächertes Varieté- und Showprogramm geboten. Auch die Verkostung unter­scheidet sich von Pirates: Pommes frites und Wurst sowie Soft Drinks bei den Briten, viergängige Menüs in verschiedenen Preisklassen in Son Amar und Es Fogueró.

„Vergangene Woche haben wir einen ganzen Tag damit verbracht, die Weinkarte neu aufzustellen", sagt Rob Binnie, der Verkaufsdirektor von Es Fogueró. Das Unternehmen unterhält auf Teneriffa sechs weitere Theater, setzt neben dem Showbusiness auch auf die Ausrichtung von Firmen-Veranstaltungen. Zu der Anlage in s´Aranjassa, im Hinterland der Playa de Palma, zählt ein großzügig angelegter Garten mit einem künstlichen See.

Die Piraten betrachtet Binnie nicht als Konkurrenz, weil die Show einem gänzlich anderen Konzept folge. Anders dagegen Son Amar, dessen Programm dem vom Es Fogueró sehr ­ähnelt. Beide setzten auf Varieté mit Soulmusik und typisch spanischen ­Akzenten wie beispielsweise ­Flamenco-Vorführungen. Dass der andalusische Tanz mit Mallorca eigentlich gar nichts zu tun habe, sei dem Publikum egal, bemerkt Rob Binnie. Dem pflichtet Son-Amar-Chef Andres Gelabert bei: „Flamenco zieht immer - vor allem bei den Deutschen."

Son Amar lebte bisher hauptsächlich von den Touristen, die die deutschen Reiseveranstalter Tui und Neckermann wöchentlich ins Theater brachten. Doch ähnlich wie im Hotelgewerbe haben sich auch im Showbusiness die Vertriebswege durch das Internet verändert. Weil immer mehr Touristen sich ihren Urlaub selbst zusammenstellen, setzten nun die Showbühnen auf einen besseren Internetauftritt. Auch kleine Agenturen werden damit betraut, in den Hotels auf Kundensuche zu gehen. „Wir stehen vor einem Wandel, dem wir uns stellen müssen", meint

Gelabert.

Auch die Residenten spielen in der Kalkulation der Unternehmer eine immer wichtigere Rolle, sagt Phil Saint von Pirates. Es Fogueró und Son Amar bieten deshalb auch ein ganzjähriges, wenngleich in den Wintermonaten reduziertes Showprogramm. In der Nebensaison werden zudem Exklusivvorstellungen für Unternehmen gegeben.

Insgesamt zählen die drei Showbühnen mehr als 400.000 Besucher pro Jahr. Die Eintrittspreise seien im Vergleich zu ähnlichen Angeboten auf dem Festland recht hoch, sagt Rob Binnie. Die Kunden kämen nicht aus den All-inclusive-Hotels, sondern seien vorwiegend Gäste aus Vier- und Fünf-Sterne-Hotels.

Im Es Fogueró und im Pirates werden in der Hauptsaison im Sommer mehr als 100 Mitarbeiter beschäftigt, im Son Amar seien es sogar 180, so Andres Gelabert. Die Zukunft sehen die Manager trotz der Konkurrenz durch das Unterhaltungsprogramm im Fernsehen und das immer größere Freizeitangebot rosig: „Alles steht und fällt mit dem Programm. Wer ständig etwas Neues und Unterhaltung auf hohem Niveau bietet, kann auf dem Markt bestehen", meint Andres Gelabert.

Die „Pirates-Manager" wollen 2009 sogar expandieren und planen Aufführungen in Mallorcas Casino in Magaluf. „The Show must go on", sagt Phil Saint. In der Druckausgabe lesen Sie außerdem:

Anfahrt, Programme, Preise für die drei größten Spektakel