Der bisher auf Mallorca noch unbekannte Paul Davidson soll 90 von insgesamt 93 Prozent der Aktien kaufen, die bisher im Besitz von Vicenç Grande sind. Mit den restlichen drei Prozent sichert sich Grande den Verbleib im Aufsichtsrat des Vereins. Der mallorquinische Bauunternehmer wird laut Vereinbarung weitere fünf Jahre Präsident des Clubs bleiben. Bis zum 1. September soll der Verkauf des Clubs in trockene Tücher gebracht werden, wenngleich Grande betonte, dass es sich bisher lediglich um einen Vorvertrag handele und noch Details zu klären seien. „Noch ist der Club nicht verkauft", so der in finanziellen Schwierigkeiten steckende Unternehmer.

Es wäre das erste Mal, dass ein spanischer Proficlub von einem ausländischen Investoren übernommen würde. Über den Preis schwiegen sich Grande und Davidson aus. In den Medien wird spekuliert, dass die Summe bis zu 42 Millionen Euro betragen könnte. Das wäre noch nicht einmal die Hälfte von dem, was Grande einem ausländischen Käufer für seinen Leib- und Magenverein abverlangen wollte. Mindestens 100 Millionen Euro müsse ein Ausländer auf den Tisch legen, pflegte er noch vor nicht allzu langer Zeit zu sagen. Doch nach seiner Unternehmenspleite blieb ihm jetzt offenbar keine andere Wahl, als den Club auch für weitaus weniger Geld abzustoßen. Grande hatte am 16. Juni mit seiner 14 Unternehmen umfassenden Drac-Gruppe einen Insolvenzantrag gestellt. Seine Schulden belaufen sich auf rund 600 bis 700 Millionen Euro, wobei das firmeneigene Vermögen auf über eine Milliarde Euro geschätzt wird. Es ist die größte Firmen-pleite in der Geschichte der Balearen.

Die Zeitung „Diario de Mallorca" stellte in seiner Dienstagsausgabe die Solvenz des designierten neuen Besitzers in Frage. Das Blatt berichtete, Davidson warte noch auf die Finanzspritze eines Scheichs aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, um den Fußballclub kaufen zu können.

Bis zum Ende der vergangenen Woche wurde noch Davidsons Landsmann Freddy Shepherd als aussichtsreichster Kandidat für die Übernahme des Clubs gehandelt. Der ehemalige Eigentümer des englischen Erstligisten Newcastle United hatte sogar schon ein Gebot eingereicht, dass Grande jedoch offenbar zu niedrig war. Presseberichten zufolge bot er weniger als 20 Millionen Euro für den Club. Shepherd zeigte sich gegenüber der Tageszeitung „Última Hora" enttäuscht über den Verhandlungsstil Grandes.

Dass Grande am Montag mit Davidson eine bisher unbekannte Karte zog, kam völlig unerwartet. Nicht nur Spieler und sportliche Leitung des Clubs zeigten sich im Trainingslager in Tirol (siehe auch rechts) von der Entscheidung überrascht. Selbst Mitglieder des Aufsichtsrates, der erst am Dienstagabend von Grande offiziell unterrichtet wurde, beteuerten, sie hätten von Davidson nichts gewusst. Es habe sich um einen Alleingang von Grande gehandelt, erklärte Aufsichtsratsmitglied José Miguel García, der sechs Prozent der Clubanteile besitzt.

Das Gremium muss den Plan des Präsidenten noch offiziell absegnen. Auch der freilich noch nicht designierte Insolvenzverwalter wird ein Wörtchen mitzureden haben. Am Dienstag flog Grande ins Trainingslager nach Kössen, um der Mannschaft und der sportlichen Leitung Bericht zu erstatten. In der Führung des Vereins soll sich nach Angaben von Davidson und Grande zunächst nichts ändern. Man wolle auf Kontinuität in der bisher erfolgreichen Vereinsarbeit setzen, ließen die beiden verlauten.

Grande und Davidson haben sich den Angaben zufolge erst am vergangenen Freitag kennengelernt. Innerhalb von drei Tagen kamen sie demnach in den wichtigsten Fragen überein. Grande sagte, es hätten noch weitere Angebote vorgelegen. Doch bei den Gesprächen mit dem Engländer hätte sich schnell eine Vertrauensbasis gebildet. „Mein Instinkt sagt mir, das Davidson der richtige Mann ist", so Grande. Ein weiterer Grund für Davidson könnten geschäftliche Interessen sein. Grande hofft offenbar auf eine enge Kooperation mit Davidson, der mit seinem Unternehmen in Spanien Fuß fassen möchte. Davidson bestätigte, dass er die Produkte seiner Firmengruppe mit Hilfe des Fußballclubs auf dem spanischen Markt einführen wolle.

Mit der Übernahme des Briten steht der fünfte Besitzerwechsel innerhalb von 15 Jahren an. Anfang der 90er Jahre war der Club von dem Eigentümer der Policlinic Miramar, Miguel Dalmau, übernommen worden. Danach folgten der Arzt Bartolomé Beltrán, der mittlerweile verstorbene Medienmogul Antonio Asensio, der Discothekenbesitzer Bartolomé Cursach sowie Grande.

Davidson würde den Club in einer stabilen finanziellen Situation übernehmen. Allein durch Spielerverkäufe hat Real Mallorca vor der Saison 25 Millionen Euro eingenommen. In der vergangenen Saison wurde ein Überschuss von sechs Millionen Euro erwirtschaftet. Der Haushalt für die bevorstehende Spielzeit beläuft sich auf etwa 37 Millionen Euro. In der Druckausgabe lesen Sie außerdem:

Grande und Davidson: Zwei Mäzene im Profil

Der potenzielle Käufer ganz offen: "Von Fußball habe ich keine Ahnung"

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