Mittags an der Playa de Palma: Familie Orner aus Baden-Württemberg macht beim Imbiss Grillmeister Pause. Tochter Elke (16) und Vater Franz lassen sich Bratwurst-Semmeln mit Senf schmecken, Mutter Katharina isst Currywurst. In ihrem Vier-Sterne-Hotel hat die Familie Halbpension, zwischendurch greift sie auf die deutsche Kost in den meist günstigen Strandlokalen zurück. „Wir haben schon Pizza, Sauerbraten mit Semmelknödeln und Rotkraut und Schnitzel mit Pommes gegessen", berichten die Urlauber aus Aldingen. Von spanischen Speisen halten sie sich eher fern. „Unsere Tochter mag Fisch und Meeresfrüchte nicht. Beim Abend-Buffet nehmen wir aber auch mal Tintenfischringe", sagt Mutter Katharina.

Ähnlich wie die Orners bleiben viele deutsche Mallorca-Touristen auch auf der Mittelmeerinsel der gewohnten Küche treu (auch wenn das, siehe die MZ-Umfrage, möglicherweise nicht alle eingestehen wollen). Vor allem in den Urlauberhochburgen – an der Playa de Palma, in Can Picafort, Cala Millor oder Cala Ratjada – überbieten sich zahlreiche Lokale mit typisch deutscher Hausmannskost. Auf den Speisekarten stehen verschiedene Braten, Schnitzel oder auch Erbsensuppe, Würstl mit Sauerkraut oder Apfelstrudel mit Vanillesoße. Häufig sind auch Gerichte zu finden, die zwar nicht typisch deutsch sind, aber längst in der Bundesrepublik eingebürgert wurden, zum Beispiel Döner oder Gyros.

Am meisten bestellt wird Wiener Schnitzel mit Pommes. Darin stimmen die von der MZ befragten Wirte und Urlauber überein. Dabei mag auch der Preis von durchschnittlich 5,50 Euro eine Rolle spielen. Und auch die Rostbratwürste gehen weg wie warme Semmeln. „In der Hochsaison verkaufen wir an der Playa de Palma 20.000 bis 30.000 Würste pro Woche", sagt Axel Schneider, Geschäftsführer der sechs Grillmeister-Imbisse in dem Urlaubsgebiet. Bis auf die Brötchen importiert das Unternehmen die komplette Ware aus Deutschland. „Denn auch die deutschen Pommes schmecken anders als die spanischen", sagt Schneider. Demnächst will das Unternehmen auch auf dem spanischen Festland, in Torrevieja und Lloret de Mar, die Imbisse mit Bratwürsten und Frikadellen aufbauen.

Experimentierfreudigere Urlauber mit Lust auf spanisches Essen schwärmen oft von Tapas und Paella. Die gibt es zwar auch auf Mallorca, doch typisch für die Mittelmeerinsel sind weder die Häppchen noch die Reispfanne. Ebenfalls beliebt – schließlich ist man am Meer – ist Fisch. „Ich esse zu Hause ganz viel Fleisch. Das versuche ich hier auszugleichen", sagt etwa Philipp Meyer (31) aus Detmold.

Von den mallorquinischen Gerichten kommen nur bestimmte bei den Urlaubern an. Die Gemüsespeise tumbet schätzen üblicherweise auch deutsche Gaumen. Darüber hinaus aber gibt es schnell Probleme. „Das sieht man, wenn man im Hotel einen Abend ein mallorquinisches Buffet anrichtet. Das wünschen sich die deutschen Gäste immer, aber dann kommen am nächsten Tag dennoch Klagen", sagt Tolo Carretero, der jahrelang als Direktor des sogenannten Food & Beverage-Bereichs in Hotels arbeitete. Mallorquinisch-spanische Klassiker, wie callos (Kutteln), lengua (Zunge) oder auch frito mallorquin produzieren eben bei vielen deutschen Gästen eher Abscheu als Appetit.

Und der bei Hotel-Buffets angebotene Fisch darf keine Gräten enthalten. „Wenn es vielleicht auch mal mallorquinischen cap roig (Drachenfisch) gibt, bei dem das Kilo 50 Euro kostet und der hervorragend schmeckt, wird er liegen bleiben, weil er viele Gräten hat", sagt Tolo Carretero.

Überhaupt, der Fisch: bei Halbpension und All-inclusive wird er normalerweise tiefgefroren in 10-Kilo-Packungen aus anderen Ländern angeliefert, aus Neuseeland, Australien, Argentinien oder Marokko. „Das heißt aber nicht, dass die Qualität schlecht ist, er ist nur nicht fangfrisch von Mallorca", sagt Carretero.

Speziell bei All-inclusive-Hotels, in denen häufig Familien Urlaub machen, wird die Speisenzusammenstellung stark an den Wünschen von Kindern ausgerichtet. Sprich: viel Pommes, Würstchen, Chicken-Nuggets oder Pasta. Wobei die Hotelköche nicht nur die Generationen bedienen, sondern auch die Geschmäcker der unterschiedlichen Nationalitäten treffen müssen. „Wenn viele deutsche Gäste da sind, macht man Braten und anderes gut bürgerliches deutsches Essen, wenn viele Briten kommen, gibt es Speck und Bohnen beim Frühstück. Auf die Russen, die jetzt immer mehr kommen, hat man sich kulinarisch noch nicht so eingestellt. Das wird wohl noch kommen", sagt Dietmar Burmeister, der seit Jahren in Hotels auf der Insel kocht und derzeit im Fünf-Sterne-Haus Blau in Portopetro beschäftigt ist.

Die Schnittmenge ist internationales Essen, zum Beispiel gegrillter Fisch und Fleisch wie etwa Hähnchenbrust. „Spanischen Gästen auf Mallorca ist das Essen beim Buffet dann oft zu wenig spanisch." Immerhin fänden alle Nationalitäten Showcooking gut, also wenn vor ihren Augen und nach ihren Wünschen das Rührei zubereitet wird.

Das Essen in den Hotel-Ketten wird zwar dank Mengenrabatten günstig eingekauft, muss aber nicht ungesund sein. In einem Vier-Sterne-Haus mit All-inclusive werden pro Person und Tag etwa 15 Euro oder weniger für Essen kalkuliert. „In der Metzgerei kostet ein Kilo Schweinekoteletts vielleicht 6 Euro, Iberostar bekommt es für 2 Euro", rechnet Tolo Carretero vor.

Um nach dem Urlaub nicht dicker als vorher zu sein, kommt es vor allem auf das individuelle Verhalten an. „Auch All-inclusive ist ernährungstechnisch absolut in Ordnung, aber viele Leute essen bei Buffets einfach zu viel. Oder belasten ihren Körper mittags mit schwer verdaulichen Speisen und Alkohol. Das ist bei der Hitze ganz schlecht", sagt Ernährungsberaterin Sonja Rohrbacher. Sie rät dazu, nach einem „ordentlichen Frühstück" mit Kohlenhydraten, Milchprodukten und Obst tagsüber sehr wenig zu essen. „Nur einen kleinen Salat oder die gesunde Sommersuppe Gazpacho."

Viele Urlauber wollen aber einfach mal ohne Reue genießen. „Wir haben vorher auf die Bikini-Figur hingearbeitet, jetzt können wir zuschlagen", sagen Jenny Poetzsch (21) und Tami Eckstein (18) aus Thüringen bei ihrem zweiten Schnitzel mit Pommes in dieser Woche im „Münchner Kindl" an der Playa de Palma. Und die Schwedin Janet Ericson (50) meint: „Ich esse mehr als zu Hause, aber es ist einfach zu schön, wenn man abends mit Freunden zusammensitzt."

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