Eigentlich hat der Weihnachtsmann auch auf Mallorca einen sicheren Job. In diesen Tagen ist er allgegenwärtig, nimmt Wunschzettel im Pueblo Español entgegen, empfängt Kinder im Weihnachtsflieger auf dem Flughafen, hält im Kaufhaus Corte Inglés Audienz oder sorgt in den Einkaufszentren für weihnachtliche Konsum-Stimmung. Und wenn sich die Kinder freuen, lässt sich auch verschmerzen, dass es nur ein Saisonjob ist.

Doch in diesem Jahr wartet ­Bartolomé Bennassar vergeblich auf Aufträge. "Diese Weihnachten ist es besonders mau", sagt der 73-Jährige, der seit rund 15 Jahren Papa Noél mimt. Das Budget der PR-Abteilungen wird weiter gekürzt, im Einzelhandel wird knapp kalkuliert - und der Weihnachtsmann muss schauen, wo er bleibt. Wenn er dann doch zum Einsatz kommt, will nicht so recht Freude aufkommen. Ein Blick in die Gesichter der Eltern verrate oft, dass die Wünsche der Kinder nur schwer zu erfüllen seien, sagt ­Bennassar.

Doch der Weihnachtsmann auf Mallorca hat viele Gesichter, und nicht alles ist Krise. Die alten ­Männer im roten Mantel sind nicht nur Nikolaus, Weihnachtsmann, Santa Claus und Papa Noél in einer Person. Hinter dem Bart aus Kunsthaar verbergen sich unterbeschäftigte Saisonjobber genauso wie PR-Sonderbeauftragte, Helfer im Dienste der Wohltätigkeit oder gerührte Rentner im Dauereinsatz.

Da wäre zum Beispiel Werner Stendel, mit 70 Jahren frischgebackener Weihnachtsmann. Der Deutsche aus Sa Coma nahm in diesem Jahr auf dem Weihnachtsmarkt im Pueblo Español in Palma die Wünsche der Kinder entgegen, nachdem er durch Zufall an den Job gekommen war. "Ich hatte genauso viel Freude wie die Kleinen", erzählt Stendel, "man musste nur in ihre Augen schauen." Mit einer ausgemusterten Messdiener-Glocke und einem Sack voller Bonbons und Lollis empfing er die Kinder, die die 20 Stufen zur kleinen Kapelle im Pueblo Español hinaufstiegen.

Nach sechs langen Tagen mit je zehn Stunden im Kostüm hat Stendel einen guten Überblick über die Wünsche der Kinder: Die Jungs schrieben vor allem Spielekonsolen oder Computerspiele auf ihren Wunschzettel. Bei den Mädchen waren es vor allem Pferde - aber nicht nur. "Lieber Weihnachtsmann, ich hätte gerne ein Pferd und einen Mann", meldete etwa eine Jugendliche an. "In dieser Reihenfolge?", fragte der Weihnachtsmann spontan. Nun ja, er werde schauen, was er machen könne. Bei einem anderen Mädchen fiel die Antwort schwerer. Es setzte Lippenstift und Ohrringe auf seinen Wunschzettel - "und bitte schicke meine Eltern wieder runter". Gerührt war Stendel auch, als sich ein älterer Mann vor ihm aufstellte und das Gedicht "Von drauß´ vom Walde komm´ ich her" aufsagte. Auch er bekam einen Lolli.

Für den Deutschen ist es gut gelaufen, er könnte jede Menge Folgeaufträge haben, wie er sagt. "Es haben mich viele gefragt, ob ich auch nach Hause komme oder auf Betriebsfeiern." Doch sein Weihnachtsmannkostüm habe er inzwischen leider schon zurückgegeben. Und da er in Sa Coma an der Südostküste wohne, sei die Fahrt zu den Einsatzorten einfach zu weit.

Nicht jeder ist halt so mobil wie der Weihnachtsmann von Air Berlin. Wenn er nach Mallorca kommt, steigt er nicht auf einen Schlitten, sondern in den Flieger. Statt den Koffer legt er seinen Sack aufs Gepäckband. Bei Übergepäck wird ein Auge zugedrückt, und bei der Kontrolle darf er als Einziger seinen Mantel anlassen. Dann steigt er in den Flieger mit der Aufschrift "Flying home for Christmas" und setzt pünktlich zur Bescherung auf der Piste von Son Sant Joan auf.

So zumindest ist es in einem PR-Video zu sehen, dass die Airline am Freitag (16.12.) auf den Bordbildschirmen zeigte. Nach der Landung der Boeing 737-800 mit Kennung D-ABMC ("Merry Christmas") verteilten der Weihnachtsmann, eine Elfe und Air-Berlin-Spanien-Chef Álvaro Middelmann Schnittchen und Schokoherzen an Kinder der ersten zwei Klassen der deutschen Schule Eurocampus. Nicht nur der Weihnachtsmann war gecastet worden, auch eine Elfe zu seiner Unterstützung. Sie arbeitet eigentlich im Management-Bereich der Airline und hatte sich gegen 29 Konkurrentinnen durchsetzen müssen, wie sie der MZ verriet. Auch wenn der Flieger schließlich ohne die kleinen Passagiere abhob, waren diese zufrieden. Ihr Urteil: "cool".

Konkurrent Michael O´Leary von Ryanair zog sich gleich selbst die Nikolausmütze über, als er einige Tage zuvor eine Pressekonferenz auf Mallorca abhielt. Seine frohe Botschaft: Er beschenke die Insel mit zusätzlichen Jobs und Touristenscharen. Es wird sich zeigen, ob der Geschenkesack hält, was O´Leary verspricht.

Ebenfalls in Sachen PR unterwegs ist der Kollege im Kaufhaus El Corte Inglés an Palmas Innenstadtring - aber nicht nur: Erstmals werde für das Foto mit den Kleinen eine Spende erbeten, die der Vereinigung für krebskranke Kinder, Aspanob, zugutekomme, sagt Unternehmenssprecher António Sánchez. Zusammen mit dem Pagen der Heiligen Drei Könige, der ab 27. Dezember Kinderwünsche entgegennimmt, sollen so rund 12.000 Euro zusammenkommen.

Die Kaufhauskette setzt beim Weihnachtsmann auf einen Profi. In Frage komme nur ein Schauspieler, der nicht nur durch sein Aussehen überzeuge - Voraussetzung: mindestens 45 Jahre, helle Augen -, sondern auch "proaktiv" sei, also die Kinder nach Wünschen befrage und gute Ratschläge erteile. Ein weiteres Hindernis ist der Terminplan, besonders am Wochenende ist Papa Noël gefragt. Dafür kann er auf zwei Kostüme zurückgreifen - alle drei Tage ist Kleidungswechsel.

Im sonstigen Einzelhandel sieht es trübe aus. Die Geschäftsleute zögern, trotz der Konsumflaute in einen Weihnachtsmann zu investieren. Der Branchenverband Afedeco setzt stattdessen auf eine billigere Variante - in der Haupteinkaufsstraße Sant Miquel kommen Kinderchöre zum Einsatz und eine Art Geschenke-Lieferant von Papa Noél. Verbandsvorsitzender Bartomeu Servera habe im Bekanntenkreis nach einem Freundschaftsdienst herumgefragt, erklärt eine Sprecherin. Das sei immer noch besser als ein billiger Papa Noél, der - statt für besinnliche Stimmung zu sorgen - nur still in der Ecke stehe und Bonbons verteile. "Damit haben wir schlechte Erfahrungen gemacht."

Noch günstiger kommt Papa Noél in der Fiberglas-Variante, zu bewundern im Einkaufszentrum unter der Plaça Major in Palma. In einer hinteren Ecke neben Glücksspielautomaten wirkt er freilich, als sei er dort im vergangenen Jahr vergessen worden.