Iñaki Urdangarin hat in seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsrichter auf Mallorca alle Verantwortung für mutmaßlich aufgeblasene oder erfundene Rechnungen an öffentliche Institutionen von sich gewiesen. Er sei nicht mit dem Tagesgeschäft, sondern repräsentativen Aufgaben betraut gewesen, so der Schwiegersohn des spanischen Königs Juan Carlos gegenüber Untersuchungsrichter José Castro: "Ich war kein Administrator und habe keine Rechnungen ausgestellt." Damit belastet Urdangarin seinen früheren Geschäftspartner Diego Torres. Seine Frau, die Infantin Cristina, habe im übrigen mit den Geschäften rund um das Institut Nóos nichts zu tun gehabt.

Die Vernehmung von Urdangarin im Fall Nóos in Palma ging erst nach 22 Stunden gegen 4 Uhr in der Nacht auf Montag (27.1.) zu Ende. Allein die Befragung durch Untersuchungsrichter Castro am Samstag und Sonntag dauerte rund 16 Stunden, anschließend folgte die Vernehmung durch Staatsanwaltschaft und Anklage. Wie erwartet wurde keine Kaution angeordnet. Es wird aber damit gerechnet, dass Urdangarin erneut erscheinen muss, eventuell zusammen mit Torres, um Widersprüche in den Aussagen der beiden Beschuldigten zu klären.

Urdangarin ist unter anderem wegen des Verdachts der Veruntreuung von Steuergeldern als Beschuldigter am Gericht in Palma de Mallorca vorgeladen. Bei der Vernehmung antwortete der Beschuldigte nach Angaben aus Justizkreisen auf viele Fragen von Untersuchungsrichter Castro zu den Betrugsvorwürfen rund um das als gemeinnützig firmierende Institut mit "Ich weiß nicht" oder "Das war nicht mein Verantwortungsbereich". Urdangarin räumte allerdings ein, dass er seine Geschäfte auf Aufforderung des spanischen Königs im Jahr 2006 aufgegeben und den Vorsitz im Institut Nóos abgegeben habe. Zu den Details der Befragung gehörten auch Aussagen über das Zustandekommen eines PR-Vertrags zur Bewerbung des Fahrradteams Illes Balears über 300.000 Euro. Er sei mit dem damaligen Balearen-Premier Jaume Matas bei einem Paddeltennis-Turnier im Marivent-Palast auf Mallorca handelseinig geworden, so Urdangarin.

Die Vorladung auf Mallorca hatte unter einem gewaltigen Medieninteresse am Samstagmorgen begonnen. Urdangarin hatte die letzten Meter zum Gerichtsgebäude in Palma wider Erwarten zu Fuß genommen. Um 8.49 Uhr am Samstagmorgen (25.2.) erschien der Beschuldigte zum Termin beim Untersuchungsrichter und richtete zur Überraschung der anwesenden Journalisten einige Worte an sie. "Ich werde heute meine Unschuld beweisen und meine Ehre verteidigen", so Urdangarin. "Mein Ziel ist, die Wahrheit aufzuzeigen, und ich bin überzeugt, dass meine Aussagen dazu beitragen werden." Seine Firmen hätten immer transparent gearbeitet, so Urdangarin mit ernster Miene und sichtlich nervös. Mit einem "Muchísimas gracias" verschwand er im Gerichtsgebäude.

Zahlreiche Demonstranten beschimpften lautstark den Herzog vor dem Gerichtsgebäude. Einige spuckten auf das Auto, mit dem Urdangarin vorgefahren kam. Eine Frau warf zudem mit zwei Eiern auf den Wagen des Herzogs von Palma, wurde aber von den Sicherheitskräften von den restlichen Demonstranten getrennt. Bei dem Protest wurden auch mehrfach anti-monarchische Töne laut.

Am Vortag hatten die Justizbehörden noch entschieden, dass Urdangarin ausnahmsweise mit dem Wagen bis direkt vor den Hintereingang des Gerichtsgebäudes gefahren werden dürfe, statt den Hof zu Fuß durchqueren zu müssen. Die Nationalpolizei hatte in einem Bericht dazu geraten.

Die Vorladung am Gericht in Palma ist zu einem der wichtigsten Medienereignisse des Jahres auf Mallorca geworden - seit Wochen hatten sich Justiz und Polizei auf die Vernehmung des Adligen vorbereitet, die Sicherheitskräfte wurden durch 60 zusätzliche Polizisten vom Festland verstärkt.

Urdangarin muss sich wegen des Vorwurfs des Betrugs und der Veruntreuung von Steuergeldern verantworten. Der ehemalige Handball-Nationalspieler soll vor allem zwischen 2004 und 2006 aus seiner privilegierten Stellung als Mitglied der Königsfamilie Profit geschlagen und gewaltige Summen an der Steuerbehörde vorbeigeschleust haben. Auf die Spur der fragwürdigen Geschäfte waren die Ermittler unter anderem bei der Aufarbeitung des Korruptionsskandals um die Palma Arena gekommen, eine vom ehemaligen Balearen-Premier Jaume Matas (PP, 2003-2007) in Auftrag gegebene Radsporthalle.

Die Summen, die Urdangarins Firmengeflecht rund um das vorgeblich gemeinnützige Instituto Nóos von öffentlichen Stellen, aber auch von privaten Firmen für schwer nachvollziehbare Leistungen erhalten hat, sind beachtlich. So erzielten Urdangarin und sein Geschäftspartner Diego Torres allein mit der Organisation zweier Tagungen zu "Sport und Tourismus" in Palma 2005 und 2006 rund 1,4 Millionen Euro Nettogewinn.

Im Skandal um Urdangarin ist zudem auch seine Frau, die Infantin Cristina, ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Nachdem die ebenfalls klagende Organisation Manos Limpias beantragt hat, dass auch Cristina de Borbón im Fall Nóos offiziell beschuldigt wird, hat Untersuchungsrichter José Castro nun Staatsanwaltschaft und Nebenkläger befragt, ob sie diesen Antrag unterstützen. Die Organisation Manos Limpias firmiert offiziell als Gewerkschaft öffentlicher Angestellter, Vorsitzender Miguel Bernad Remón wird jedoch dem rechtsextremen Lager in Spanien zugeordnet.