Es sind nur rund 35 Meter, die den Hintereingang vom Gerichtsgebäude an der Avenida Alemanya in Palma von der Hofeinfahrt trennen. Doch um diese 35 Meter wurde seit Wochen diskutiert. Denn wenn Iñaki Urdangarin an diesem Samstag (25.2.) seiner Vorladung nachkommt und als erstes Mitglied des spanischen Königshauses als Beschuldigter aussagen muss, wird der Weg zu einem Spießrutenlauf. Tomaten könnten fliegen, auch Eier, tätliche Angriffe wütender Bürger werden nicht ausgeschlossen. Zahllose Fotografen wie auch Kameras halten jeden Schritt fest.

Mit der Vernehmung von Urdangarin erreicht der Skandal rund um das Geschäftsgebahren des Schwiegersohns von König Juan Carlos einen vorläufigen Höhepunkt. Erstmals will der neuerdings medienscheue Herzog von Palma Stellung zu den schwerwiegenden Betrugsvorwürfen nehmen: Der ehemalige Handball-Nationalspieler soll vor allem zwischen 2004 und 2006 aus seiner privilegierten Stellung Profit geschlagen haben. Die Staatsanwaltschaft geht dem Verdacht nach, dass Urdangarin mit seinen Firmen zu Unrecht hohe Summen von Institutionen wie der balearischen Landesregierung erhalten und diese zum Teil an der Steuerbehörde vorbeigeschleust haben soll. Falls es in diesem Teilstück Nummer 25 des Falls Palma Arena rund um den balearischen Ex-Premier Jaume Matas zum Prozess kommt, drohen Urdangarin bis zu 15 Jahre Haft.

Störsender gegen Handys

Der Gerichtstermin ist in jeder Hinsicht eine Ausnahmesituation – wegen der Sicherheitsvorkehrungen und des vollen Terminkalenders von Untersuchungsrichter José Castro wurde er auf einen Samstag gelegt. Nicht nur das beschlagnahmte Material von mehreren tausend Seiten hält die Justizbehörde auf Trab, auch die protokollarischen Fragen. So wurde entschieden, dass die Aussage von Urdangarin nicht auf Video aufgezeichnet, sondern nur protokolliert wird. Die Vernehmungen sind offiziell nicht öffentlich, doch die Aussagen vor der Justiz werden an die Presse weitergespielt.

Inzwischen müssen auch die Anwälte ihre Handys beim Betreten des Gerichtsgebäudes abgeben. Damit reagiert die Justizbehörde auf eine Art Live-Schalte im Fall Matas – die Vernehmung des früheren Ministerpräsidenten, dessen mutmaßliche Korruptionsdelikte die Ermittlungen gegen Urdangarin erst ins Rollen brachten, konnte zum Teil quasi live auf der Website einer Zeitung mitverfolgt werden. Bei den Vorladungsrunden der vergangenen Samstage beklagten Journalisten den Einsatz eines Störsenders, der Handy-Gespräche unmöglich machte.

Die Sicherheitsvorkehrungen sind ein schwieriger Spagat und wurden im Vorfeld zwischen Vertretern von Königshaus, Polizei und Justiz besprochen: Während es die Nationalpolizei am liebsten sähe, wenn der Herzog bis vor den Eingang gefahren würde, will die Justiz jeden Anschein von Privilegien vermeiden. Eine Ausnahme dürfe nur gemacht werden, wenn die Polizei ihre Sicherheitsbedenken begründen könne, sagte Dekan Francisco Martínez Espinosa. Die Entscheidung sollte kurzfristig fallen.

Ob zu Fuß oder nicht – der Sicherheitsdienst des Königshauses wird Urdangarin auf dem Weg zum Gerichtsgebäude eskortieren. Dort übernehmen die Spezial-Einheit UPR sowie Einsatzkräfte in Zivil. Die bisherigen Vernehmungsrunden waren eine Art Generalprobe. Schon im Vorfeld inspizierten Polizisten umliegende Häuser, von denen der Hinterhof gut einsehbar ist, genauso wie auch die Kanaldeckel. Die Justizangestellten müssen den Innenhof räumen und sich anderswo Parkplätze suchen, Scharfschützen beziehen Stellung.

Nach guten Beobachtungsposten haben sich auch schon frühzeitig spanische TV-Sender umgeschaut und Balkone von Anwohnern angemietet. Dafür sollen bis zu 1.200 Euro fließen. Bis Dienstag (21.2.) waren rund 60 Medien bei Gericht akkreditiert, wobei jeder Vertreter maximal einen Fotografen oder Kameramann mitbringen darf. Auch viele internationale Medien seien darunter, so eine Justiz-Sprecherin, vor allem Nachrichtenagenturen und TV-Sender. Es wird am Ende mit rund 150 akkreditierten Pressevertretern gerechnet, von der nationalen Klatschpresse bis zu CNN Chile. Sollte Urdangarin mit dem Wagen vorfahren, wird die Jagd nach guten Bildern zum erbitterten Konkurrenzkampf. Der Eingang des Gebäudes ist ohnehin tabu.

„Besser als die Windsors"

Auf Mallorca recherchiert hat in dem Fall unter anderen Joachim Rienhardt vom Magazin „Stern", der in der Ausgabe von diesem Donnerstag (23.2.) berichtet. Der Fall Urdangarin sei im Grunde einmalig in der Welt der Monarchie und stoße auch bei den Lesern in Deutschland auf erhebliches Interesse, so Rienhardt. „So etwas haben nicht einmal die Windsors fertiggebracht." Der Journalist aus Hamburg spricht von einem willkommenen Anlass, hinter die Kulissen des spanischen Königshauses zu schauen und das Wirken von Juan Carlos genauer unter die Lupe zu nehmen.

Auch wenn die Sache für Urdangarin nicht gut aussieht, muss er offenbar zumindest nicht befürchten, dass eine Kaution gegen ihn verhängt wird. Es bestehe weder Flucht- noch Verdunklungsgefahr, heißt es in Justizkreisen.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 23. Februar (Nummer 616) lesen Sie außerdem:

- Palma-Belize-Luxemburg: Das System Urdangarin

- Richter muss über Antrag auf Vorladung von Infantin Cristina entscheiden

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