Als Finca-Besitzer hat man´s bekanntlich nicht leicht. Da holt man sich für teuer Geld die Handwerker ins Haus - und die pfuschen nur herum. Auch Frank Hanebuth ging es da nicht anders. Der Hells Angels-Boss steckte weit über 100.000 Euro in ein Nebengebäude der Finca „Son Paraiso" in Lloret de Vistalegre, das er sich offensichtlich als sein persönliches Insel-Domizil herrichten wollte, ließ die Renovierungsarbeiten sogar von der Führungsriege des Mallorca-Chapters überwachen, und trotzdem ging am Ende alles schief.

Ein anderer hätte das Ganze für die Hälfte des Geldes erledigt, sorgten sich seine Kompagnons am Telefon. Und die Fliesen seien der reinste Murks, ständig bröckelten sie wieder ab. Statt sich lange darüber aufzuregen, machte der fast zwei Meter große Rocker, als er schließlich vor Ort war, kurzen Prozess: Erst schlug er dem armen Maurer, der später beteuerte, stets sein Bestes versucht zu haben, ins Gesicht. Dann erklärte er ihm, dass er gefälligst einen Teil des Geldes zurückbezahlen solle. Und schließlich kassierte Hanebuth noch den Lieferwagen ein, mit dem der Handwerker gekommen war, sodass dieser die 20 Kilometer nach Palma mitten in der Nacht per Anhalter und zu Fuß zurücklegen musste.

Die Anekdote ist den mehr als 12.000 Seiten umfassenden Ermittlungs­akten gegen die Hells Angels zu entnehmen, die Ende Oktober freigegeben wurden. Doch eigentlich passt sie so gar nicht zu Frank Hanebuth, der am 23. Juli zusammen mit gut 20 weiteren Personen aus dem Umfeld der Rocker bei einer inselweiten Großrazzia festgenommen wurde und nun in Madrid in Untersuchungshaft sitzt. Der ehemalige Profiboxer im Schwer­gewicht, der aus gutem Hause stammt, gilt als höflich und zuvorkommend. Sein langjähriger Anwalt und Freund Götz von Fromberg attestiert dem 49-Jährigen nicht nur „gute Manieren", sondern beschreibt ihn zudem als überaus intelligent.

Und da muss etwas dran sein. Deutsche Ermittler und Staatsanwälte jagen den ehemaligen Chef des einst mächtigen Hannoveraner Chapters der Höllenengel schon sehr lange. 2001 wanderte er wegen schwerer Körperverletzung dreieinhalb Jahre ins Gefängnis, doch ansonsten konnte man ihm nie etwas nachweisen. Spätere Ermittlungen wegen eines mutmaßliches Auftragsmords wurden im April dieses Jahres endgültig eingestellt.

Zu diesem Zeitpunkt hatte die spanische Polizei längst ein Auge auf Hanebuth geworfen, der sich seit 2011 immer häufiger auf ­Mallorca aufgehalten haben soll. Wie aus den Akten hervorgeht, haben die Ermittler ihn vom 26. September 2011 an beschattet und seine Telefonate belauscht. Doch „El Largo", der Lange, ließ stets Vorsicht walten. In den Gesprächen mit seinem Vertrauten Paul E. aus Lloret de Vistalegre, der den Ermittlern zufolge zusammen mit Hanebuth Eigentümer der Finca „Son Paraiso" ist und ebenfalls in U-Haft sitzt, unterhielt er sich meist nur über Belang­losigkeiten. Da wurde über Pauls Gesundheit gequatscht und über Franks 13-jährigen Sohn gewitzelt. Da wurde über Fernsehsendungen diskutiert, über Jugendbanden in den USA, rumänische Einbrecher und korrupte Politiker. Und darüber, dass die Gesellschaft so langsam aber sicher den Bach runtergeht.

Die mutmaßlich kriminellen Geschäfte wurden mit keinem Wort erwähnt (wobei auch Codes benutzt worden sein könnten). Zu erfahren ist höchstens, dass der Rocker-Boss demnächst dringend auf die Insel kommen müsse - „wegen dieser einen Sache, du weißt schon". Eins auswischen konnte Hanebuth den Ermittlern auch mit einer Handy-App, die ihm nicht nur kostenloses, sondern vor allem abhörsicheres Telefonieren nach Mallorca erlaubte.

Dennoch spricht einiges dafür, dass keine Entscheidung auf der Insel ohne den Segen des „Langen" gefallen sein dürfte. In den Augen der Polizei soll Hanebuth an der Erpressung eines Münchner Millionen­betrügers ebenso beteiligt gewesen sein wie an der Ausbeutung zwangsprostituierter Mädchen im Bordell „Red Palace" in Arenal oder Geldwäscheaktivitäten in Costa Rica und Monaco. Vorgeworfen wird dem Rocker-Boss, der im November 2012 mit dem Wiederaufbau des Mallorca-Chapters der Hells Angels begonnen haben soll, zudem Förderung und Führung einer kriminellen Vereinigung.

Sein Tattoo am Unterschenkel und die Lederkutte immerhin sprechen eindeutig dafür, dass er bei den Hells Angels auf Mallorca etwas zu sagen hatte. Ob es am Ende jedoch für eine Verurteilung reicht, ist weiterhin fraglich. Denn die Finger scheint sich Hanebuth wieder einmal nicht selbst schmutzig gemacht zu haben. Das bisher gesammelte Beweismaterial jedenfalls dürfte Paul E. und vor allem Khalil Youssafi, Vizepräsident der Mallorca-Angels, viel stärker belasten. Nicht nur gute Handwerker, sondern vor allem auch gute Handlanger sind eben Gold wert.

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