Wer seinen inneren Frieden finden will, der muss dafür ganz schön was hinblättern. Zumindest nach Lesart der Zeitschrift „SuperYachtWorld". Sie empfiehlt unter dem Stichwort „innerer Frieden" in ihrer aktuellen Ausgabe einen Urlaub auf der neuen „Grace E", einem 73-Meter-­Ungetüm. Für eine Woche Charter muss der geneigte Gast 600.000 Euro hinlegen. Dafür findet er natürlich allen erdenklichen Luxus an Bord vor: ein eigenes Wellness-Deck mit Whirlpool, ein Fitness-Studio mit Flachbildschirmen oder einen gülden verzierten Aufzug.

„Sie wollten alles, und sie haben alles bekommen", sagt Veerle Battiau, Direktor von Vitruvius Yachts, der für den Bau verantwortlichen Werft, über seine Kunden. Wer hier alles wollte und bekam, bleibt selbstredend streng geheim. Die Eigner solcher Boote wollen selten mit Namen durch die Presse geistern.

Die Zeitschrift, in der es um „Grace E" geht, liegt in einem Ständer an Palmas Mole aus, wo in diesen Tagen der Superyacht Cup 2015 stattfand. Gegen „Grace E" nehmen sich die Schiffe, die bei der Regatta um den Sieg wetteifern, geradezu bescheiden aus. Hier geht es um Segelyachten, die meistens zwischen 20 und 30 Meter lang sind. Aber auch sie kommen majestätisch daher und sind mit ordentlich Schnickschnack versehen.

In der Welt der Superyachten und der Superreichen ist alles ein wenig größer, beinahe ungehörig überdimensioniert. Und es dürfte in Zukunft auf Mallorca noch deutlich mehr dieser Schiffe zu sehen geben. Denn der Markt wirft gerade seinen Motor wieder an - und besonders Palma könnte davon profitieren. Die Stimmung in der Branche ist bestens.

Auch bei Samantha Drew. Die Britin wartet an der Mole in Palma in ihrem Stand auf das Ende der Regatta und die Rückkehr der Teilnehmer am Superyacht Cup. Sie ist Assistentin der Geschäftsführung bei der Firma Rolling Stock. Das Unternehmen nimmt sich der durch die Sommersaison ein wenig lädierten Superyachten im Winter an und bringt sie wieder zum Strahlen. Streichen, reinigen, ausbessern, auch Refit genannt. „Palma ist einer der wichtigsten, wenn nicht der wichtigste Refit-Standort in Europa. Und das Geschäft wird in den kommenden Jahren weiter wachsen."

Die guten Aussichten für die Luxusbranche bestätigt auch Arne Ploch, der bei der Charterfirma „Camper and Nicholsons" in Palma arbeitet. Der Deutsche ist auch Präsident der Balearic Yacht Broker Association. Dass es der Branche gut geht, wurde erst bei der Palma Boat Show am Wochenende rund um den 1. Mai deutlich. Angeschlossen an die Messe war bereits zum dritten Mal die Superyacht Show. Ploch hatte seine Vereinigung eigens aus der Taufe gehoben, um die Superyacht Show aufzuziehen. „Vorher war das eine nette lokale Messe. Aber jetzt merkt man, dass wegen der Superyachten auch internationale Kundschaft anreist."

Mallorca bringe eben wichtige Voraussetzungen mit, um zum europäischen Hotspot der Superreichen und ihrer Yachten zu werden. „Wo sonst kann man beispielsweise noch bis Weihnachten bei schönem Wetter umherfahren?", fragt Ploch. An der Côte d´Azur oder in Italien werde es da längst stürmisch und ungemütlich. Auch das Gastronomie-Angebot in Palma müsse sich vor keinem Edelpflaster Europas mehr verstecken.

„Und die große Auswahl an tollen Beach-Clubs, die in den vergangenen Jahren entstanden sind, ist wie gemacht für diese Klientel", ist sich Torsten Sieckmann, Sales Director des Werft-Vertriebspartners Sun­seeker Germany, sicher. Sein Unternehmen verzeichnet in der jüngeren Vergangenheit eine steigende Nachfrage nach Charter-Urlaub in Balearen-­Gewässern. „Auch, weil Palma einfach eine coole Stadt ist."

Doch die Branche ist sich auch einig: Rund um die Insel schlummert noch ein riesiges Potenzial. „Zwar kommen im Winter die Schiffe hierher, damit sie wieder auf Vordermann gebracht werden", so Ploch. „Doch die Eigner bleiben Mallorca noch viel zu oft fern. Wir müssen versuchen, dass die Boote auch im Sommer hierbleiben und dass die Eigner Mallorca als attraktiven Urlaubsort wahrnehmen."

Dass die Insel das bisher in den Augen vieler noch nicht war, liegt laut den Experten vor allem an einem gravierenden Standortnachteil im Vergleich zu den Konkurrenten Frankreich und Italien mit ihren Superyacht-Hotspots Nizza, Cannes oder Porto Cervo auf Sardinien. Wie bei der Zulassungssteuer für Fahrzeuge gab es hierzulande bisher eine saftige Abgabe für alle Charter­yachten über 15 Meter. Die Steuer betrug bis vergangenes Jahr generell 12 Prozent auf den Wert des Bootes. Bei einer Superyacht, die 50 Millionen Euro kostet, sind also als Steuer 6 Millionen Euro zu bezahlen. Einmalig zwar, aber eine solche Gebühr schrecke eben doch viele Yachteigner und Charterfirmen ab, in spanische Gewässer zu fahren oder ihr Boot gar hier anzumelden, berichtet Ploch.

Immerhin: Einen Etappensieg hat die Yacht-Lobby inzwischen errungen. Die Steuer, die früher für alle Charteryachten über 15 Meter galt, wird nach anhaltenden Protesten und Verhandlungen mit der spanischen Regierung seit dem vergangenen Jahr nur noch für in Spanien angemeldete Boote verlangt. Das bringe nun zumindest wieder eine steigende Nachfrage von Ausländern.

Die ungünstigen Bedingungen bremsten allerdings die Yacht­industrie in Spanien aus, so Ploch. In Italien, der Nummer eins auf dem Gebiet, sorgt laut einer Untersuchung von 2011 diese Branche für 92.000 direkte und 670.000 indirekte Arbeitsplätze. Spanien liegt in diesem Ranking lediglich auf Platz vier, mit nur 14.000 direkten und 130.000 indirekten Arbeitsplätzen.

„Inzwischen gibt es in Spanien kaum noch Werften, die neue Yachten bauen - auf Mallorca überhaupt keine mehr", sagt Ploch, der auch dieses Missverhältnis zu einem Teil der Steuerproblematik zuschreibt. „Wir wollen ja keine Vorzugsbehandlung, sondern nur eine Gleichbehandlung", versichert der Deutsche. Ploch kämpft weiterhin zusammen mit anderen Vereinigungen für eine Abschaffung dieser Steuer, hat allerdings keine großen Hoffnungen. „Das wird ganz schwierig. Ich sehe das bisher nicht."

Dazu kommt in Spanien eine gewisse Rechtsunsicherheit, was die Unterlagen angeht, die Charteryachten mit sich führen müssen. „Die Leute sind sich nie sicher, ob sie alle nötigen Dokumente dabei haben", wettert Ploch. „Da bleiben sie lieber gleich den spanischen Gewässern fern." Sieckmann sieht dagegen eher die Charterfirmen in der Pflicht: „Die Urlauber, die sich eine solche Yacht mieten, geben viel Geld dafür aus. Dann können sie auch verlangen, dass alle Papiere in Ordnung sind. Das gehört zur Professionalität."

Werden die im Vergleich zu den anderen europäischen Konkurrenzdestinationen strengen spanischen Gesetze nicht eingehalten, kann das wie auch beim Auto teuer werden. „Die Strafen sind hierzulande unfassbar hoch", sagt Ploch. Und darauf verlassen, dass man nicht erwischt werde, könne man sich nicht. Die Kontrollen fänden regelmäßig und gründlich statt.

Und es fehle das Interesse, daran etwas zu ändern, vor allem von Seiten der Politik. „Es ist eben sehr viel Geld im Spiel in der Welt der Superyachten." Das verkaufe sich immer schlecht in der Öffentlichkeit. Dabei würde jedes Schiff dieser Art, das in Palma festmacht, sieben Arbeitsplätze schaffen. „Aber das sieht ja niemand."