Fast ein Jahrhundert lang war La Salve die populäre lokale Biermarke in der baskischen Industriemetropole Bilbao. Dann schloss die Brauerei 1978 ihre Tore. Vor zwei Jahren nun erwarb eine Gruppe baskischer Unternehmer die Markenrechte und brachte das Bier wieder auf den Markt, obwohl es zunächst in einer fremden Brauerei in La Rioja produziert wird. In kurzer Zeit hat „La Salve" das Herz und den Gaumen der Bilbaínos zurückerobert und ist heute in zahlreichen Bars und Geschäften zu finden. Demnächst soll dann auch endlich eine eigene Brauerei in Bilbao eingerichtet werden.

La Salve ist nur ein Beispiel des Trends zu neuen Biermarken in Spanien. In vielen Städten sind in den vergangenen Jahren lokale Mikrobrauereien entstanden, die mit ihren Bieren eine Alternative zu den großen, marktbeherrschenden Namen sein wollen. „Diese neuen Marken haben Potenzial, um eine Nische zu füllen", bestätigt Jacobo Olalla, der Geschäftsführer des Branchenverbandes Cerveceros de España.

Doch auch abgesehen von den Mikrobrauereien, erfreut sich Spaniens Bierwirtschaft bester Gesundheit. Im vergangenen Jahr lag die Produktion mit 37,3 Millionen Hektolitern erstmals über dem Stand von 2007, dem Jahr vor Ausbruch der langen und schweren Wirtschaftskrise, die sich auch in einem geringeren Konsum des Gerstensafts ausdrückte. Der Absatz stieg 2015 um drei Prozent, wie der Jahresbericht von Cerveceros de España ausweist. Das lag zum einen an der konjunkturellen Wiederbelebung, dank der die Spanier wieder häufiger zur beliebten caña greifen. Der andere Faktor ist der Rekord an ausländischen Besuchern. Obwohl es keine offiziellen Statistiken gibt, schätzt der Brauereiverband, dass der Tourismus etwa 20 Prozent der gesamten Nachfrage stellt.

Als mediterranes Land wird Spanien meist eher mit Wein und Sangría verbunden. Aber die Iberer sind auch der viertgrößte Bierproduzent Europas, hinter dem Spitzenreiter Deutschland, Großbritannien und Polen. Cerveceros de España zählt unter seinen Mitgliedern landesweit insgesamt 409 Brauereien. 14 Prozent der Produktion ist alkoholfrei, und 90 Prozent des Bieres, das in Spanien getrunken wird, ist aus heimischer Quelle. „Wir haben uns zur nationalen Produktion verpflichtet", unterstreicht Geschäftsführer Olalla. Die 4,6 Millionen Hektoliter, die 2015 importiert wurden, kamen zum überwiegenden Teil aus Frankreich und den Niederlanden. Es handelt sich größtenteils um Bier für die eigenen Billigmarken von Supermärkten wie Mercadona. Spanien selbst exportierte nur 2,3 Millionen Hektoliter, der größte Teil davon in die ehemalige Kolonie Äquatorial-Guinea, die weite Gebiete Westafrikas mit Bier versorgt. Die anderen wichtigen Absatzmärkte sind Großbritannien, Portugal und China.

Der spanische Markt ist von einer hohen Konzentration geprägt. Die drei führenden Brauereien teilen sich rund 90 Prozent der gesamten Produktion. Marktführer ist Mahou-San Miguel, die dazugehörige Brauerei hat neben diesen beiden international bekannten Marken unter anderem auch Alhambra im Sortiment. Mahou wurde 1890 von der gleichnamigen Familie in Madrid gegründet und übernahm 2000 San Miguel aus Barcelona. Das Unternehmen ist nach wie vor in Familienbesitz.

An zweiter Stelle steht der niederländische Großkonzern Heineken, der neben seinen berühmten grünen Flaschen auch die Marke Cruzcampo und das alkoholfreie Buckler vertreibt. Die Holländer stiegen 1984 in Spanien mit dem Kauf von Águila ein und stellten diesen traditionellen Namen dann ein. Dritter im Bunde der Großen ist Damm, deren bekanntestes Bräu Estrella Damm ist. Die Firma wurde Ende des 19. Jahrhunderts von den Elsässer Vettern August Küntzmann Damm und Joseph Damm in Barcelona gegründet und wird heute noch von den angestammten Eigentümer­familien kontrolliert. Zu den Aktionären zählt aber auch die Oetker-Gruppe aus Deutschland.

Abgeschlagen auf den folgenden Plätzen ist der Familienbetrieb Hijos de Rivera aus dem nordspanischen Galicien, der mit Estrella Galicia derzeit jedoch auf dem Vormarsch ist. Die Compañía Cervecera de Canarias ist mit Dorada auf den Inseln groß, so wie auch La Zaragozana mit Ambar vor allem in Aragón.

Die im Jahresbericht des Verbandes beschriebene Entwicklung des Biermarktes in Spanien gibt auch interessante Aufschlüsse über die Folgen der Krise. Die Spanier sind ein sehr geselliges Volk und gehen zum Trinken lieber in die Bar um die Ecke. Vor Beginn der Krise wurde daher mehr als 70 Prozent des Gerstensafts in der Gastronomie konsumiert, doch in den schwierigen Jahren fiel dieser Anteil auf 62 Prozent. Immer mehr Menschen konnten sich die caña in der Kneipe nicht mehr leisten und kauften daher das Bier im Supermarkt zum Konsum daheim oder auf der Straße. Besonders unter Jugendlichen wurden die abendlichen Gruppentreffen auf öffentlichen Plätzen, die botellones, zu einer bezahlbaren Alternative.

Die Wirtschaft wächst mittlerweile wieder. Die Arbeitslosigkeit geht zurück, verharrt aber auf hohem Niveau von 20 Prozent. Viele neue Stellen sind eher schlecht bezahlt. Vielleicht auch deswegen ist der Anteil der Menschen, die Bier zu Hause trinken, trotz des deutlich gestiegenen Gesamtverbrauchs 2015 nur leicht gefallen - am Barbesuch wird offenbar immer noch gespart.

Olalla und sein Verband wollen die Bierkultur in Spanien weiter verbessern und den Gerstensaft aufwerten. Die neuen, kleinen Marken können dazu beitragen, jedoch nicht alle, wie der Geschäftsführer von Cerveceros de España einschränkt: „Es wird eine Auslese geben, da nicht alle die nötige Qualität aufbringen. Wir wollen kein Bier, das in der Garage gebraut wird." /ts