Im Flur des sechsten Stocks im Hauptquartier der Nationalpolizei in Palma riecht es stark nach Marihuana. Der Geruch kommt aus einer großen Plastikkiste in der Ecke, die bis zum Rand voll mit den getrockneten Blüten und Blättern der Cannabis-Pflanze ist. „Hier riecht es immer so", sagt der Leiter des Drogendezernats mit einem müden Lächeln. Sein Name oder sein Foto dürfen nicht veröffentlicht werden. Denn er ist als Einsatzleiter auch bei Razzien im Außendienst tätig.

Ende Mai hat er mit seinem Team binnen einer Woche drei Cannabis-Plantagen auf der Insel aufgespürt. In den vergangenen zehn Jahren habe der Anbau auf Mallorca stark zugenommen. „Es hat sich herumgesprochen, dass man mit einer Plantage innerhalb von vier Monaten gut Geld verdienen kann", sagt der Polizeikommissar. „Zudem ist das spanische Strafmaß bei Cannabis wesentlich lockerer als bei Kokain oder Heroin."

Dass sein Dezernat gerade jetzt so viele Plantagen entdeckt, habe wenig mit der im Frühling gestarteten Aussaat zu tun und viel mit dem Zufall. Die Polizei käme den Züchtern häufig dank Hinweisen aus der Bevölkerung auf die Spur. Nachbarn sind dann der Marihuana-Geruch oder verriegelte Fenster aufgefallen.

Hinter den meisten Plantagen stecken Investoren, die den Anbau finanzieren. „Bei der Plantage in Marratxí, bei der wir vor zwei Wochen 1.000 Pflanzen fanden, gestand der Züchter, dass 40.000 Euro als Investition notwendig gewesen waren. Im Gegenzug erhoffte er sich Einnahmen in Höhe von 90.000 Euro."

Mit den so erzielten Einnahmen stieg manch Züchter danach etwa in den Kokainhandel ein. „Erst dadurch lässt sich im großen Stil Geld verdienen", so der Polizeikommissar.

Der Großteil der Cannabis-Züchter sei aber an sich harmlos. Zu Konflikten käme es eher mit den Dealern. Wie in Santa Maria Mitte Mai, als sechs mit Messern bewaffnete Vermummte ein Gewächshaus stürmten. Sie hatten es auf 200 Kilogramm Marihuana abgesehen. Der Besitzer verteidigte sich mit einer Flinte, gab mehrere Schüsse ab und verjagte dadurch die Eindringlinge. Die Polizei nahm danach sowohl die Angreifer als auch den Plantagen-Besitzer fest.

Ruhiger geht es da bei den Ermittlungen gegen die Raucherclubs zu. Dieser Trend komme aus Barcelona und greife langsam auf Mallorca über. „Wir haben vor einiger Zeit Passanten gefilzt, die Marihuana bei sich trugen. Sie zeigten uns den Mitgliedsausweis ihres Clubs und meinten, dass es dadurch legal sei. Das ist es aber sicher nicht. Wir haben die Clubs ganz gut unter Kon­trolle und leiten derzeit rechtliche Schritte ein, um gegen die Betreiber vorzugehen und ihre Lokale zu schließen."

Die Coffeeshops würden dauernd überwacht und könnten aufgrund der Rechtslage bereits heute geschlossen werden. Doch dafür fehlen dem Kommissar Personal und vor allem Zeit. „Wir müssen über einen längeren Zeitraum Beweise sammeln und dann über einen Richter die Schließung bewirken. Es ist ein langwieriger Prozess." Einen davon konnte das Drogendezernat im Januar zu Ende führen, als es den von einem Ausländer betriebenen Humo Club in Palma dicht machte. „Die Ermittlungen dauerten ein halbes Jahr. Hochgerechnet auf die 30 Raucherclubs auf der Insel bräuchten wir 15 Jahre, um gegen alle vorzugehen."

Selbst wenn die Raucherclubs als Vereine keinen Gewinn erwirtschaften, machten sie sich dennoch dadurch strafbar, dass sie ihre Mitglieder in den Einrichtungen Marihuana rauchen lassen, sagt der Polizeikommissar. „Der Konsum ist nur in privaten Wohnungen erlaubt. Alles, was darüber hinausgeht, zählt als öffentlich zugänglich und ist somit strafbar."

Ein ähnlicher Irrtum besteht bei dem Anbau von Cannabis für den Eigenbedarf. „Ein Richter eröffnet kein Verfahren, wenn es sich nur um zwei oder drei Pflanzen handelt." Sollte der Kommissar oder ein Polizist bei einer Durchsuchung aber auf eine Cannabis-Pflanze treffen, so wird das durchaus geahndet. „Nicht strafrechtlich, aber es gibt einen Strafzettel."