Es sind zwei identisch und kurioserweise nordeuropäisch anmutende Jungs, und sie heißen Pep und Andreu. Mit ihnen will die Balearen-Regierung für mehr Geld vom Zentralstaat kämpfen. „Sie sind Zwillinge, aber sie gleichen sich nicht", heißt es in der derzeit in mallorquinischen Medien allgegenwärtigen Kampagne. „Pep lebt auf den Balearen, Andreu auf dem Festland. Wenn wir nichts tun, wird Pep mehr zahlen müssen fürs Essen, für seine Kleidung, für Reisen. Auf den Inseln zu leben, darf uns nicht teurer zu stehen kommen. Die Lösung ist das REB."

REB: Die Abkürzung steht für Régimen Especial de les Illes Balears. Eine solche „Sonderregelung für die Balearen", um die finanzielle Nachteile durch die Insellage auszugleichen, besteht bereits seit 1998, wird jedoch nur teilweise umgesetzt. Nun hat man sich ein Wortspiel einfallen lassen: „Volem REBre el que toca", was soviel heißt wie: Wir wollen bekommen, was uns zusteht.

Das „wir" kann in diesem Fall durchaus wörtlich genommen werden. Der Konsens über die Notwendigkeit einer Neuregelung ist groß auf den Inseln. 80 Organisationen sowie alle politischen Parteien einschließlich der konservativen Opposition sind für ein neues REB. Und unterstützen die Offensive der Balearen-Regierung in Madrid. Deren Finanzministerin Catalina Cladera traf sich am Mittwoch (26.7.) mit dem nationalen Finanzminister Cristóbal Montoro und überreichte ihm den Forderungskatalog der Balearen, der momentan 23 Punkte umfasst. Weitere sollen dazukommen. Am Montag (31.7.) machte sich dann auch der balearische PP-Chef Biel Company auf den Weg nach Madrid, um bei Montoro für das REB zu werben - und der Linskregierung nicht das Feld zu überlassen.

„Wir haben positive Signale bekommen, man scheint über alles reden zu wollen", sagt ein Sprecher des balearischen Finanzministeriums der MZ. Madrid will bis Anfang September die Forderungen analysieren und Gegenvorschläge entwerfen. Im Dezember soll eine Kommission ermitteln, was geht - und was nicht. Anfang 2018, so der Plan, soll das neue REB dann als Gesetzesentwurf in Madrid eingebracht werden.

Die Forderungen darin lassen sich in vier Kategorien unterteilen: Vergünstigungen beim Transport über den Luft- und Seeweg, Ausgleichszahlungen für bestimmte Branchen, Steuererleichterungen sowie einen eigenen Fonds für die Balearen und mehr staatliche Investitionen auf den Inseln.

Festlandspanier haben es einfacher im Leben: Das ist stets der Dreh- und Angelpunkt der Argumentation, auf den Balearen ebenso wie auf den Kanaren. Beispiel Reisen: Um in eine andere spanische Region zu gelangen, muss erst ein Flugzeug oder Schiff genommen werden. Um diesen Nachteil auszugleichen, übernimmt der Staat bereits jetzt 50 Prozent der Reisekosten und gewährt - dank einer geschickten Verhandlungsführung der Kanaren - neuerdings sogar 75 Prozent Preisnachlass bei Reisen zwischen den Inseln. Nun sollen diese 75 Prozent Rabatt auch für die Flüge aufs spanische Festland sowie die Fährverbindungen nach Barcelona, Valencia und Dénia gelten.

Eine weitere wichtige Forderung ist die Senkung der Mehrwertsteuer. Die balearische Finanzministerin Catalina Cladera verweist hier auf die Insel Korsika, wo Mineralölprodukte nur mit 13 Prozent versteuert werden, während es auf dem französischen Festland 20 Prozent sind.

Der Forderungskatalog gründet sich auf zwei Studien der Balearen-Universität UIB. Die eine analysierte die Kosten, die die Insellage tatsächlich verursachen, die andere macht konkrete Vorschläge, wie diese zu lindern seien. Heraus kam unter anderem, dass die Insellage alles in allem etwa 8 Milliarden Euro Mehrkosten verursacht. Der Umfang aller Forderungen der Balearen-Regierung beläuft sich auf eine Milliarde Euro.

Ministerpräsidentin Francina Armengol wirbt dieser Tage nach Kräften für das neue REB - auch bei König Felipe VI., wo sie am Freitag (28.7.) zur Audienz im Marivent-Palast geladen war. „Der König kann unser Anliegen hundertprozentig nachvollziehen", sagte sie danach. Na, dann kann ja kaum noch etwas schiefgehen.

Der Wunschzettel

Die Balearen-Regierung hat dem spanischen Finanzminister Cristóbal Montoro eine Liste mit 23 Forderungen übergeben

Die Punkte im Einzelnen:

  1. Die Vergünstigungen für Reisen aufs Festland sollen angehoben werden. Residenten der Balearen sollen auf den regulären Ticketpreis einen Nachlass von 75 Prozent bekommen. Der Rabatt gilt auch für Fahrzeuge. Weitere spezielle Vergünstigungen sollen für Gruppen und Sportvereine von den Inseln gelten.
  2. Garantierte Verbindungen in die beiden Metropolen Madrid und Barcelona. Durch sogenannte Mindestdienste soll gewährleistet werden, dass insbesondere die weniger frequentierten Inseln Menorca und Formentera in der Nebensaison nicht, wie in der Vergangenheit bereits geschehen, ohne Flug- und Fähranbindung dastehen. Die Verbindungen sollen einen Festpreis haben. Diese Festpreise sollen für alle Nutzer gelten, nicht nur für Residenten der Inseln.
  3. Subventionen für Warentransporte auf dem Luft- und Seeweg: Bisher gibt es nur in bestimmten Fällen Subventionen für die Transportkosten eines Lkw auf der Fähre oder Waren im Flugzeug. Geht es nach der Balearen-Regierung, soll in Zukunft der gesamte Transport auf die Inseln subventioniert werden. Außerdem sollen auch die Steuern für Transportunternehmen gesenkt und der Treibstoff der Lkw bezuschusst werden.
  4. Subventionen für den Mülltransport auf dem Seeweg. Ähnlich wie bei Punkt 3 soll es auch hier mehr Planungssicherheit und mehr Unterstützung für die Unternehmen geben. Die Subventionen gelten lediglich für den Müll, der nicht auf den Inseln behandelt oder recycelt werden kann.
  5. Senkung der Flughafengebühren in der Nebensaison zwischen November und März: Diese gesenkten Gebühren sollen nicht nur wie bisher für die Insel­flughäfen gelten, sondern auch für die Zielflughäfen auf dem Festland (wenn der Reisende Balearen-Resident ist).
  6. Dezentralisierung und Mitverwaltung der Aena-Flughäfen Son Sant Joan, Ibiza und Maó: Die Regierung will von Aena ein Mitspracherecht über neue Strecken, Investitionsentscheidungen und die Einrichtung neuer Drehkreuze eingeräumt bekommen.
  7. Künftige Verwaltung der Flughäfen Son Bonet auf Mallorca und Sant Luís auf Menorca: Die bisher von Aena verwalteten kleinen Flughäfen sollen künftig komplett der Balearen-Regierung unterstehen. Verkehrsminister Marc Pons brachte sogar kürzlich eine Erweiterung von Son Bonet ins Gespräch. Eventuell könnten Verkehrsmaschinen für die Flüge nach Menorca und Ibiza von dort starten und landen. Davon hat man inzwischen allerdings laut einem Sprecher wieder Abstand genommen.
  8. Ausgliederung der beiden Häfen Molinar und Portitxol aus dem Verwaltungsbereich der Autoritat Portuària und somit der Zentralregierung: Die Balearen-Regierung möchte die beiden kleinen Häfen selbst verwalten, auch um dauerhaft eine in der Bevölkerung umstrittene Erweiterung von Molinar zu verhindern.
  9. Garantierte gleiche Strompreise wie auf dem Festland sowie Förderung der erneuerbaren Energien: Bisher sind die Energiekosten auf den Inseln meist höher als auf dem Festland, was auch damit zusammenhängt, dass ein Großteil des Stromes im Kohlekraftwerk bei Alcúdia erzeugt wird. Die Kohle muss erst mit dem Schiff herangeschafft werden.
  10. Ausgleich der Mehrkosten für den Transport von Treibstoff auf die Inseln sowie Subventionen für den Kauf von Elektroautos sowie für die Förderung erneuerbarer Energien im Allgemeinen.
  11. Garantien, dass man von den Inseln aus zum Festland sowie zwischen den Inseln zum gleichen Preis und mit gleicher Qualität wie auf dem Festland telefonieren kann.
  12. Weitere Kompensationsmaßnahmen und Subventionen für verschiedene Bereiche, wie etwa Zahlungen für Maßnahmen, die Landwirtschaft umweltverträglicher zu machen oder sozial Benachteiligten den Zugang zu einer Wohnung zu erleichtern.
  13. Förderungen für Studenten: Stipendien im Wert von 100 Prozent der Studienkosten für Residenten der Balearen, die ein Studium auf dem Festland wählen, das es auf den Inseln nicht gibt.
  14. Bei Krankentransporten und medizinischen Notfällen mit Transport auf dem Luftweg von den Inseln aufs Festland und zurück soll der Zentralstaat die Kosten zu hundert Prozent tragen.
  15. Steuerliche Erleichterungen bei Investitionen in die Erneuerung der Produktionsanlagen, in die Schaffung von Arbeitsplätzen und in den Umweltschutz.
  16. Steuerliche Erleichterungen für kulturelle Aktivitäten: In Zukunft sollen TV- und Kinoproduktionen sowie Theater- und Musicalproduktionen steuerlich begünstigt werden. Voraussetzung: Sie müssen zumindest teilweise auf der Insel produziert werden und/oder die Mitwirkenden müssen von den Inseln stammen.
  17. Steuerliche Erleichterungen für Forschung und Entwicklung: Firmen, die in neue Technologien investieren, sollen das stärker von der Steuer absetzen können.
  18. Steuerliche Erleichterungen für Produzenten in der Landwirtschaft und in der Fischerei. Gefordert wird sowohl eine Senkung der Unternehmenssteuer als auch der Einkommensteuer im Falle der Selbständigen.
  19. Geringere Umsatzsteuer: Sämtliche Mehrwertsteuersätze sollen auf das von der EU erlaubte Minimum gesenkt werden. Will heißen 15 Prozent für den generellen und 5 Prozent für den vergünstigten Satz (derzeit: 21 und 10 Prozent).
  20. Steuerliche Erleichterungen für die Yachtbranche: Bisher müssen Bootsbesitzer auf den Balearen eine Zulassungssteuer von 33 Prozent des Wertes des Bootes zahlen. Die Balearen-Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Wassersport auf den Inseln zu fördern und, will eine Aussetzung dieser Steuer erreichen. Spanien ist eines von nur wenigen Ländern in Europa, das diese Steuer kassiert.
  21. Ausgleichszahlungen beim Rückgang von Steuereinnahmen: Führt eine Entscheidung Madrids zu einer Minderung der Einnahmen bei den Steuern, die die Balearen selbst erheben dürfen, muss diese Minderung finanziell ausgeglichen werden.
  22. Eigener Investitionsfonds für die Balearen: Der Fonds soll Gelder für Infrastruktur (Schiene und Straße), touristischen Strukturwandel, Wasserwirtschaft und Umwelttechnologien bereitstellen.
  23. Zusicherung, dass die zentralstaatlichen Direktinvestitionen auf den Balearen in keinem Fall unter den Mittelwert der Investitionen in die anderen spanischen Autonomie-Regionen fallen dürfen.

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