Was haben Mallorca und Autos gemeinsam? In beide sind die Deutschen hoffnungslos verschossen. Da liegt es nahe, beides zu verbinden. Auf den Trichter sind die Autokonzerne bereits vor einigen Jahren gekommen - nicht nur die deutschen Marken, auch wenn VW, die Daimler AG oder BMW in den vergangenen Jahren regelmäßige Gäste auf der Insel waren und sind. Anfang Oktober erst hatte auch der koreanische Hersteller Kia Journalisten und Händler nach Mallorca geladen, um seine neue Premium-Limousine Stinger zu präsentieren, wobei Kia-Werbefigur und Tennisprofi Rafael Nadal gleich eines der neuen schnittigen Modelle für seine Akademie überreicht wurde. Und im Januar 2018 wird der britische Hersteller Jaguar eine Veranstaltung auf Mallorca organisieren.

Autopräsentationen beleben vor allem die Nebensaison - so auch ab Montag (23.10.), wenn Volkswagen etwa 12.500 Verkäufer aus ganz Europa auf der Insel einfliegen lässt. Vorgestellt wird der neue Kompakt-SUV T-Roc, der Ende November in Deutschland auf den Markt kommt.

Es ist viel Geld im Spiel, die Details der Präsentationen gelten als Geschäftsgeheimnis. Der Deutsche Alexander Schneider und der Mallorquiner Sebastià Andreu können mit ihrer Eventagentur denn auch nicht mit richtigem Namen genannt werden. In den vergangenen neun Jahren haben sie nach eigenen Angaben zwischen „50 und 60" solcher Präsentationen in Spanien organisiert. „20 bis 30 davon auf den Balearen", sagt Schneider. 32 Mitarbeiter hat die Agentur inzwischen, allein 20 arbeiten in Palma de Mallorca. Sechs Mitarbeiter kümmern sich ausschließlich um die Autobranche.

Schnell mal asphaltieren

Wenige Tage vor Beginn der Vorstellung des nagelneuen T-Roc auf der Insel - eine Veranstaltung, die VW und die beteiligten Agenturen seit rund einem Jahr vorbereiten - gibt es noch jede Menge Kleinigkeiten zu regeln. Im Vorfeld war unter anderem eine Freifläche gegenüber dem Kongresszen­trum kurzerhand zu asphaltieren, damit die Autos nach dem Abladen geparkt werden konnten. Oder aber es musste ein Feldweg mit Kies aufgeschüttet werden, der nach der Veranstaltung wieder abgetragen wird. „Und gerade heute haben wir uns bei allen Gemeinden, durch die die Autos fahren, versichert, dass keine Bauarbeiten geplant sind. Sonst müssten wir die Route spontan noch einmal umschmeißen", sagt einer der Veranstalter. Die T-Rocs fahren auf Mallorca eine festgelegte Strecke ab, die zunächst über die Autobahn bis Inca führt und dann durch die Inselmitte auf Landstraßen wieder zurück nach Palma. Eineinhalb Stunden Fahrzeit, und dazu noch ein Kaffeestopp auf einer Finca nahe dem Flughafen - mehr Zeit bleibt diesmal nicht.

Die Streckenführung arbeitet üblicherweise die Agentur vor Ort aus. Da achten die Planer genau darauf, dass die Route zum Modell passt, das präsentiert wird. Außerdem spielt die Zeit, die für die Fahrt zur Verfügung steht, eine wichtige Rolle. Je nach Image der Marke und Geländetauglichkeit des Modells geht es dann vor die Silhouette von Valldemossa, auf Kurvenstrecken in der Serra de Tramuntana oder vor Luxusyachten in Puerto Portals.

Es geht auch um den Ort

Der Stopp mit den T-Rocs auf der Finca ist trotz der begrenzten Zeit wichtig: Die Verkäufer sollen einen kleinen Eindruck von Mallorca mitnehmen. „Das war das Feedback der Verkäufer nach früheren Veranstaltungen", erklärt eine Mitarbeiterin aus dem Marketing von Volkswagen. Auch wenn die Teilnehmer diesmal nur rund 24 Stunden auf der Insel weilen werden.

Für die Insel wiederum sind derartige Autovorstellungen aus ­wirtschaftlicher Sicht wichtig. Deshalb hat sich in die Organisation des VW-Events unter anderem auch das Tourismusministerium eingeschaltet. Man habe sich mehrfach mit den Verantwortlichen von VW im Kongresszentrum getroffen, das erste Mal bereits im April, erklärt eine Sprecherin des Ministeriums.

Um die über 12.000 Verkäufer mit dem T-Roc vertraut zu machen, geht es in den kommenden fünf Wochen zu wie im Akkord: Bis zum 28. November kommen jeden Tag zwischen 400 und 450 Verkäufer aus allen europäischen Autohäusern von VW auf Mallorca an. „Ziel ist, die gesamte europäische Verkaufsmannschaft unserer Handelspartner zu schulen", sagt die Marketing-Mitarbeiterin von VW. Um sich einen Platz auf Mallorca zu sichern, müssen die Teilnehmer vorher eine Online-Schulung zu dem betreffenden Auto absolviert und bestanden haben. „Das ist die Voraussetzung für die Teilnahme an der Veranstaltung."

Bevor die Präsentation losgeht, müssen die Autos auf die Insel geschafft werden. Das geschah in den vergangenen zwei Wochen. 144 T-Roc-Modelle sind aus dem Werk in Portugal per Fähre nach Mallorca geliefert worden. Zusätzlich ließ VW noch 50 Modelle von vergleichbaren Modellen der Konkurrenz auf der Insel einlaufen, um den Verkäufern einen direkten Vergleich zu ermöglichen und die Vorzüge besser herausarbeiten zu können. Marken wollte man bei Volkswagen nicht verraten, aber wer wie die MZ-Fotografin Nele Bendgens über den abgehängten Zaun knipst, sieht Kompakt-SUV-Modelle von Mazda, Renault und Toyota. Nach Ende der Veranstaltung werden die Autos allesamt zurück zum Hersteller gebracht, wo sie in den Verkauf gehen oder als Firmen­wagen dienen.

Enger Zeitplan

Das Programm für die VW-Verkäufer auf Mallorca läuft jeden Tag nach identischem Muster ab. Vom Flughafen werden die Verkäufer mittags mit einem Bus ans Kongresszentrum gebracht. Dort gibt es ein Mittagessen und ein kurzes Briefing, bevor sich die Gruppen aufteilen. Eine Hälfte der Teilnehmer geht mit dem T-Roc auf die Strecke, die andere Hälfte bleibt im Kongresszentrum, wo drei Workshops rund um das Auto selbst gehalten werden. Am nächsten Tag wechseln die Gruppen. Bei den Workshops erklären Mechaniker und Ingenieure die Eigenheiten des Wagens in Bezug auf Chassis oder intelligenten Steuerungssysteme.

Abends ist dann ein Dinner im Kongresszentrum geplant. Das Abendessen war trotz höherer Kosten aus dem Erdgeschoss auf die Dachterrasse verlegt worden. „Uns war wichtig, dass die Teilnehmer der Veranstaltung etwas von der schönen Umgebung auf Mallorca mitbekommen", erklärt die Marketing-Mitarbeiterin von VW. Und diesmal gibt es einen nicht alltäglichen Programmpunkt für die Verkäufer. Die betreuende Agentur hat einen Ausflug in die Stadt auf die Beine gestellt. Mit einem Bus werden die Interessierten abgeholt und an drei verschiedenen Punkten in der Altstadt abgesetzt. Dort können sie in verschiedene Tapas-Bars gehen, ganz nach dem Vorbild der in Palma beliebten ruta martiana.

Neue Hotels sind das A und O

„Da hat Mallorca dank der Kapazitäten natürlich einen großen Pluspunkt", heißt es von VW-Seite. Auch, dass es große Hotelketten gebe, vereinfache die Arbeit. Die Verkäufer sind alle bei Meliá untergebracht, so unter anderem im Meliá Palas Atenea und im neuen Meliá Palma Bay neben dem Kongresszentrum. „Es ist für die Autofirmen ein wichtiger Aspekt, dass sie ihren Gästen auch wenn möglich ein neues Hotel bieten können. Schließlich geht es auch um neue Autos, um Premieren", sagt Schneider.

Bei der Präsentation von VW im Frühjahr waren die Journalisten beispielsweise im neuen Park Hyatt in Canyamel untergebracht. Porsche war nach der Eröffnung des Jumeirah in Port de Sóller mit der Vorstellung des Macan einer der ersten Kunden des Luxushotels hoch über der Steilküste.

Nicht nur für Porsche war es zudem wichtig, dass es auf Mallorca eine Rennstrecke gibt, den Circuit de Mallorca an der Autobahn nahe Llucmajor. Bei vielen der Präsentationen werden die Autos auch dort auf Herz und ­Nieren getestet, zuletzt die Modelle des neuen Golf und E-Golf.

Nicht für die Ewigkeit

Dass Mallorca sich bei Autokonzernen großer Beliebtheit erfreut, ist keineswegs selbstverständlich - trotz der weithin bekannten Vorzüge der Insel, wie Fluganbindungen, Klima, Infrastruktur ? Eine Branchenkennerin, die ebenfalls in einer Agentur arbeitet, die Autopräsentationen organisiert, spricht von einer „Wellenbewegung". „Vor einigen Jahren war Sardinien sehr angesagt. Dort allerdings haben es die Behörden den Unternehmen sehr schwer gemacht, die Bürokratie war eine echte Hürde, die Kosten sehr hoch", sagt die 41-Jährige, die ebenfalls nicht namentlich genannt werden möchte. Deshalb hätten sich die Hersteller inzwischen umorientiert.

Allerdings sei Mallorca inzwischen so sehr in Mode, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis die Hersteller wieder andere Ziele suchen könnten. „Bald waren alle Marken ja schon mal da. Es könnte also durchaus sein, dass in den kommenden Jahren andere Ziele wieder mehr Gewicht bekommen, eventuell auf dem spanischen Festland." Vor ein paar Jahren etwa habe für viele Autohersteller kaum ein Weg an der andalusischen Stadt Ronda vorbeigeführt.

Für Mallorca spricht aber vor allem das besondere Licht - die halbe Miete, wenn es um brillante Aufnahmen der Hochglanz-Modelle geht. Die Fotografen haben ihre helle Freude auf der Insel. „Sie sagen uns immer wieder, dass das Licht hier auf der Insel besser ist als zum Beispiel in Málaga", erklärt Schneider.