Von der Herbstsonne beschienen schaukeln die Luxusyachten im Hafen von Puerto Portals auf und ab. Crewmitglieder spritzen die eigentlich blitzsauberen Schiffe trotzdem mit einem Wasserstrahl ab. Passanten flanieren auf dem Hafengelände, in den Cafés sitzen die Menschen und schauen aufs Meer. Und wahrscheinlich machen sich die wenigsten darüber Gedanken, wem der Hafen eigentlich gehört - nämlich der Landesregierung der Balearen.

In ganz Spanien gibt es keinen einzigen Privathafen. Die Häfen sind entweder der Zentralregierung in Madrid oder den jeweiligen Landesregierungen zugeordnet und werden anhand von Konzessionen an die Betreiber verpachtet. Stichjahr ist hier 2018. Spätestens dann nämlich laufen alle staatlichen Konzessionen aus, die im Zuge eines Gesetzes im Jahr 1988 landesweit erteilt worden waren.

Etliche der insgesamt 29 Häfen auf den Balearen hatten ihre Konzessionen schon im Vorfeld erneuert, in Puerto Portals war es Ende Juli so weit. Die deutsche Pächterfamilie Graf hat inzwischen verdaut, dass die neuen Gebühren für die Konzession des Hafens um ein Vielfaches explodiert sind. Statt wie bisher 5.810,86 Euro im Jahr müssen die Grafs in Zukunft 2,55 Millionen Euro im Jahr an die Balearen-Regierung abtreten. Das erscheine ihr schon „sehr hoch", sagte Betreiberin Corinna Graf im August zur MZ.

Für ein Apfel und ein Ei

Hier ist übrigens kein Tippfehler im Spiel: Puerto Portals zahlte bis dieses Jahr für zwölf Monate Hafenkonzession tatsächlich nicht einmal 6.000 Euro. Zum Vergleich: Ein einzelner Liegeplatz für eine nicht einmal zehn Meter lange Yacht im Hafen kostet aktuell 7.178 Euro. Ganz zu schweigen von einer über 30 Meter langen Superyacht. Sie schlägt im Jahr mit 154.060 Euro zu Buche - Mehrwertsteuer noch nicht eingerechnet. Dass die Lizenzen vor 30 Jahren für Schnäppchenpreise vergeben wurden, hat einen einfachen Grund: Viele der Häfen existierten noch nicht, die Konzession gab es für den Küstenabschnitt. Die Pächter waren es, die die Infrastruktur errichten ließen. „Das heißt, ein privater Träger hat einen Hafen errichtet, der am Ende jeder Konzession Gefahr läuft, von der öffentlichen Hand, der der Grund gehört, zurückgewonnen zu werden", heißt es in dem Fachblatt „Gaceta Náutica".

Genau wie die Betreiber von Puerto Portals müssen auch alle anderen Pächter ab 2018 deutlich tiefer in die Tasche greifen. So zahlt man in Portals Vells nun statt 91,76 Euro im Jahr 79.211,84 Euro und beim Club Náutico S'Estanyol statt 280,49 Euro dann 74.553,58 Euro. Für den Nobelhafen Port Adriano, der bislang für 551,50 Euro zu haben war, werden nun 936.871,14 Euro fällig. Für die Regierung ist das ein gutes Geschäft. Statt bisher 125.000 Euro im Jahr bringen ihr die Häfen der Balearen nun knapp zehn Millionen Euro ein.

Die Erneuerungen der Konzessionen laufen bereits seit elf Jahren und sollen im Dezember mit derjenigen für den Club Náutico in Can Picafort abgeschlossen werden. Dann sind alle Häfen, die die Landesregierung verwaltet, mit einer neuen Konzession ausgestattet - und müssen die angepasste Gebühr zahlen. Zusätzlich mussten sie sich auch verpflichten, millionenschwere Investitionen vorzunehmen, um ihre Konzessionen nicht zu verlieren (siehe rechte Seite).

Bei der Konzessionsvergabe sei es der Landesregierung vor allem darum gegangen, Kontinuität zu wahren, sagt der Generaldirektor für die Häfen und Flughäfen auf den Balearen, Xavier Ramis, der MZ. Das Ergebnis: Alle bisherigen Betreiber dürfen nun mit der neuen Konzession weitermachen, zumindest für die kommenden 35 Jahre. So lange gelten die Konzessionen ab dem Zeitpunkt des Abschlusses.

Rechtsstreit in Port d'Andratx

Rechtliche Unwägbarkeiten gibt es noch beim Segelclub von Port d'Andratx: 2006 hatte der Club de Vela von der Balearen-Regierung die Konzession für 30 Jahre zugesprochen bekommen, obwohl der Club, der bereits seit 49 Jahren den Hafen betreibt, bei einer Ausschreibung im Jahr 2002 nur auf Platz drei landete. Der Erstplatzierte, Iniciatives Portuàris de Mar de Mallorca, hatte Widerspruch eingelegt, dem im Frühjahr dieses Jahres ­stattgegeben wurde. Laut dem Obersten Gerichtshof in Spanien muss der Club de Vela die Konzession des Hafens nun abgeben, weil sie nicht mit ­rechten Dingen erlangt worden sein soll. Dagegen wehren sich die Betreiber. Ein Großteil der Bevölkerung in Andratx steht hinter dem Club de Vela. Was nun passieren wird, ist noch unklar. Auf die Balearen-Regierung kommen aber auf jeden Fall Schadenersatzforderungen zu - entweder vom Club de Vela, wenn er tatsächlich rausmuss, obwohl er seit Beginn der neuen Konzession nach eigenen Angaben Millionen von Euro investiert hat, oder vom Sieger der Ausschreibung im Jahr 2002, Iniciatives Portuàris de Mar de Mallorca.

Durchaus Bestandsschutz

Wassersportexperte Juan Poyatos, der für die deutsche Version der Fachzeitschrift „Gaceta Náutica" auf Mallorca verantwortlich ist, zieht trotz der Probleme in Andratx zunächst einmal eine positive Bilanz der Bemühungen der Regierung. „Ich halte es für sehr wichtig, dass die bisherigen Betreiber Planungssicherheit haben und weitermachen dürfen." Dabei würdige die Branche durchaus, dass die Regierung bei der Vergabe der Konzessionen nicht nur die Eurozeichen gesehen hat. „Wir hätten, wenn wir die Ausschreibungen neu gemacht hätten, noch viel höhere Gebühren verlangen können", sagt auch Xavier Ramis. Poyatos bestätigt: „Bei den Mitgliedern der Clubs ging zwischendurch die Angst um, dass breiter gestreute Ausschreibungen ausländische Investoren anziehen könnten, die der Segelclubidylle an vielen kleinen Häfen den Garaus machen könnten." Dazu sei es nun glücklicherweise nicht gekommen.

Aber, gibt Poyatos zu bedenken, die neuen Gebühren seien für die betreibenden Clubs nicht ohne. Das Geld müsse erst einmal erwirtschaftet werden. „Und das bedeutet natürlich, dass die Gebühren für die Mitglieder und die Liegeplätze angehoben werden müssen." Dass die Gebührenordnung von 1988 nicht mehr zeitgemäß war, streitet Poyatos gar nicht ab. „Vor allem bei Edelhäfen wie Puerto Portals oder Port Adriano."

Immer auf die Kleinen

Aber die Mitglieder von kleineren Clubs zitterten jetzt schon davor, welche Beiträge sie demnächst wohl zu bezahlen hätten. „Was da passiert, ist nicht fair gegenüber den Mitgliedern, die seit Jahrzehnten dabei sind und nicht im Geld schwimmen", sagt Poyatos. „Man wirft den Opa mit seinem Bötchen aus dem Club, weil er die neuen Beiträge nicht mehr zahlen kann, und stattdessen nimmt man die Reichen mit ihren 20-Meter-Yachten auf", ereifert sich Poyatos.

Es ist ein emotionales Thema: Auf den Balearen gehört es seit Generationen für viele Familien dazu, ein kleines Motorboot oder eine llaüt zum Segeln zu haben. Viele, so meint Poyatos, würden sich das in Zukunft nicht mehr leisten können.

Xavier Ramis kann die Alarmstimmung in Teilen der Bevölkerung nicht nachvollziehen. „Es geht doch gar nicht darum, große Gewinne zu erzielen, die Gebühren mussten schlicht und einfach angepasst werden." Dass es zu flächendeckenden und deutlichen Erhöhungen von Mitgliedsbeiträgen komme, davon geht Ramis ohnehin nicht aus. „Es dürfte allenfalls die ein oder andere Anpassung geben", so der Generaldirektor.

So wie bisher hätte es nicht weitergehen können, meint Ramis. Jahrzehntelang hätten die Betreiber der Häfen fette Gewinne eingestrichen. „Die Gesellschaft aber hatte nichts davon." Laut dem Generaldirektor sind die Häfen trotz der drastischen Erhöhung der Gebühren auch allesamt mit der Höhe der neuen Beiträge einverstanden (Anfragen der MZ bei verschiedenen Häfen blieben durch die Bank unbeantwortet). „Sie haben selbst eingesehen, dass es sich um vernünftige Beträge handelt", so Ramis. Die Landesregierung hatte ein unabhängiges Wirtschaftsprüfungsunternehmen mit der Bezifferung beauftragt. Im Übrigen, so erklärt Xavier Ramis beschwichtigend, sei ja nichts für die Ewigkeit: „Alle zehn Jahre kann man die Gebühren überprüfen und gegebenenfalls anpassen."

Portals, Cala Ratjada, Port d'Andratx ? Wo und worin nun investiert wird

Die Häfen auf den Inseln müssen ordentlich investieren, um ihre neu ausgehandelten Konzessionen nicht zu verlieren. So haben sich die Betreiber dazu verpflichtet, insgesamt 107,5 Millionen Euro in die Hand zu nehmen und in die Verbesserung der Infrastruktur zu stecken. Den größten Anteil an dieser Summe hat der Hafen von Puerto Portals.

Dort werden 27.681.259,37 Euro investiert. In den kommenden drei Jahren soll es somit nach jahrelangem Stillstand wieder eine rege Bautätigkeit geben. Einer der Schwerpunkte bei den Investitionen soll auf dem Umweltschutz liegen. So sollen unter anderem das Abwassersystem und das Recycling-System erneuert werden. Außerdem soll die E-Mobilität auch in Portals gefördert und eine Ladestation für Elektroautos eingerichtet werden. Ebenso muss die Dämmung an den bis zu 30 Jahre alten Gebäuden auf den neuesten Stand gebracht und der Turm der Hafenaufsicht modernisiert werden.

Fast genauso viel wie in Puerto Portals wird in den Hafen von Sant Antoni de Portmany auf Menorca investiert. Hier sollen 26,5 Millionen Euro fließen. Das nächstgrößere Vorhaben ist in Cala Ratjada, wo die Mole repariert und stabilisiert werden muss. Auch die Gebäude selbst sollen renoviert werden. Zudem werden die Installationen neu geordnet. Die Tankstelle wird umgesetzt, und auch die Zugänge für Fahrzeuge und Fischer werden neu angeordnet. Insgesamt kostet das den Hafen rund 6,5 Millionen Euro, die Landesregierung übernimmt zwei Millionen Euro.

Im Hafen von Sóller wird unter anderem ein eigenes Gebäude für die Fischer errichtet. Außerdem wird die Beleuchtung mit LED-Lampen erneuert. Der Etat für dieses Projekt beläuft sich auf rund 780.000 Euro, von denen die Regierung 350.000 Euro übernimmt.

Arbeiten stehen auch in Port d'Andratx an. Dort werden die Kaimauern erweitert und verstärkt sowie Schäden ausgebessert. Die Kosten dafür belaufen sich auf etwa 813.000 Euro, die komplett von der Regierung übernommen werden. Zudem soll in Port d'Andratx endlich die Hafenpromenade neu asphaltiert und die Infrastruktur an der Straße erneuert werden. Das schlägt wohl noch einmal mit rund einer Million Euro zu Buche. Wann damit angefangen werden kann, steht allerdings noch in den Sternen.

In Portocolom soll eine neue Rampe gebaut werden, um die Boote ins Meer zu lassen. Der Vorplatz wird ebenfalls hergerichtet, wobei es hier Widerstände einer Bürgerinitiative gibt (MZ berichtete). Alles in allem kostet das Vorhaben dort 685.000 Euro.

415.000 Euro wird die Erneuerung des gesamten Stromnetzes im Hafen von Port de Pollença kosten, und mit 365.000 Euro schlägt eine Erneuerung der gesamten Hafeneinrichtung in Barcarès nahe Alcúdia zu Buche. In Porto Cristo wird die Mole verstärkt, was rund 305.000 Euro kosten soll.