Wenn die Balearen auf der Anfang März anstehenden Internationalen Tourismus-Börse ITB in Berlin die Vorzüge der Inseln preisen, wird diesmal auch über den Verkehr gesprochen. Elektro­fahrzeuge für Mietwagen-Kunden, Restriktionen für Pkw mit hohen Abgaswerten, überhaupt Mallorcas Einsatz für den Klimaschutz - das seien Themen, die man den Urlaubern erklären und mit denen man für die Balearen werben wolle, meint Joan Groizard.

Der Generaldirektor für Energie in der balearischen Landesregierung hat zusammen mit Ministerpräsidentin Francina Armengol und Verkehrsminister Marc Pons Ende vergangener Woche ein ehrgeiziges Gesetzesprojekt zum Kampf gegen den Klimawandel vorgestellt. Es sieht neben zahlreichen weiteren Aspekten vor, dass ab 2025 keine neuen Diesel-Fahrzeuge mehr zugelassen werden sollen und auch nicht auf die Inseln gebracht werden dürfen. Ähnliche Restriktionen folgen dann 2035 für sonstige Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.

Mit den geplanten Auflagen würden die Inseln hinsichtlich des Klimaschutzes in einer Liga mit Ländern wie beispielsweise Norwegen spielen. Auch dort dürfen ab 2025 keine neuen Diesel-Pkw zugelassen werden. „Manche Länder werden uns folgen, andere uns zuvorkommen", sagt Groizard, der die Pläne jetzt auch auf einer Tagung in Athen vorstellte. Fest steht: Die Linksregierung wagt im konservativ regierten Spanien den regionalen Alleingang.

Und sie könnte auch Deutschland zuvorkommen, wo zwar laut einem neuen Urteil Großstädte Fahrverbote erlassen können, hinsichtlich eines bundesweiten Verbots aber nur die Wahlkampf-Forderung der Grünen im Raum steht. Anvisiert war darin 2030. Während in der deutschen Debatte die Manipulationen der ­Autoindustrie beim Schadstoffausstoß sowie die gesundheitlichen Folgen in Großstädten im Mittelpunkt stehen, geht es auf Mallorca in erster Linie um den Klimaschutz. Die geplanten Restriktionen sind Teil eines umfassenden Projekts zum Kampf gegen den Klimawandel. Und das geht nicht ohne den Verkehr: Er ist für rund 35 Prozent der Kohlendioxidemissionen auf den Inseln verantwortlich.

Was verboten wird

Der Text wird jetzt öffentlich ausgelegt und soll Anfang 2019 verabschiedet werden. Fernziel: Im Jahr 2050 sollen die Balearen zu hundert Prozent mit erneuerbaren Energien versorgt werden und Elektroautos alle Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor abgelöst haben. Ministerpräsidentin Armengol sieht das Projekt als Umsetzung der Pariser Verträge auf den Balearen: „Für die Energiewende braucht es Zeit, Ressourcen und die Mitarbeit aller."

Die nächste Marke heißt 2025. Diesel-Fahrzeuge sollen ab diesem Jahr nicht generell verboten sein, sondern vielmehr nicht mehr auf den Balearen zugelassen werden. Dieselben Restriktionen sollen dann 2035 auch auf Benzin-Fahrzeuge erweitert werden. Für bereits ­zugelassene Fahrzeuge gilt dagegen Bestandsschutz: Verboten werde der Verkauf, nicht die Benutzung, stellt der Gesetzentwurf klar. Bereits zugelassene Diesel-Fahrzeuge können demnach auch nach 2025 weiter gefahren werden, genauso wie im Fall der Benziner ab 2035. Die Landesregierung geht davon aus, dass die meisten Pkw mit Verbrennungsmotor dann bis 2050 aufgrund ihres Alters zum großen Teil von allein vom Markt verschwunden sein dürften.

Auch der Verkauf von Diesel-Fahrzeugen werde nicht vollständig verboten - Gebrauchtwagen könnten weiterhin veräußert werden. Wer also nach 2025 auf ein Elektrofahrzeug umsteigt, könne sein bisheriges Dieselfahrzeug verkaufen, statt es verschrotten zu lassen.

Und die Mallorca-Urlauber?

Nicht erlaubt sein soll allerdings, ein gebrauchtes Diesel-Fahrzeug vom Festland zu kaufen und auf Mallorca einzuführen. Zwar dürfen Residenten mit einem von den Restriktionen betroffenen Pkw nach Abstechern aufs Festland mit der Fähre wieder mit diesem Fahrzeug nach Mallorca zurückkommen. Sonstige Diesel-Fahrzeuge sollen aber nicht mehr hierher gebracht werden können - eine Maßnahme, die wenig praktische Auswirkungen für Urlauber haben dürfte, ­schließlich kommen fast alle per Flugzeug. Auch die Er­neuerung der ­Mietwagenflotte ist kein Urlauber-Problem. Für die Autoverleiher gelten verschärfte Regeln, nachdem der Branche auf den Balearen bereits eine Vorreiterrolle bei der Elektromobilität zugeschrieben worden war. Die Anbieter müssen laut dem Entwurf bereits ab 2020 jährlich zwei Prozent ihrer Flotte auf Elektrofahrzeuge umstellen, spätestens aber 2035 alle Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor verbannt haben. Bislang ist die Zahl der Elektromietwagen noch überschaubar: Beim Branchenverband Aevab ist von 200 Fahrzeugen die Rede, bei einer geschätzten Gesamtzahl von 200.000 Pkws auf den Balearen.

PP moniert Verbotsoffensive

Während Umweltschutzverbände die Pläne rundweg begrüßen, kommt scharfe Kritik von Autohäusern, Werkstätten und Tankstellenbetreibern. Es drohten massive Jobverluste, heißt es. Der Verband der Fahrzeugverkäufer (Faconauta) bezweifelt zudem die Zuständigkeit der Landesregierung bei der Einschränkung der EU-weit geregelten Mobilität.

Ins gleiche Horn bläst die Europa-Abgeordnete der auf den Balearen oppositionellen Volkspartei, Rosa Estaràs: Zwar teile die PP das Ziel, sich bis 2050 von den fossilen Energieträgern zu verabschieden. Doch sie werde die EU-Kommission um Auskunft bitten, ob die Balearen-Pläne gegen EU-Recht verstoßen. Es brauche eine nationalen Konsens im Kampf gegen den Klimawandel statt eines „Mosaiks aus 17 unterschiedlichen Gesetzgebungen". Und der PP-Generalsekretär Biel Company kritisierte: „Die Linksregierung verbietet, schreibt vor und straft ab."

Kommentar: Mut zum Diesel-Verbot

Die Landesregierung hat inzwischen aus Brüssel die Zusicherung, dass kein Veto zu erwarten ist. Es sei normal, dass bei derartig einschneidenden Veränderungen Kritik und Verunsicherung herrschten, meint Groizard und betont, dass man die Branchen, die auf der Verliererseite stünden, im Gesetz berücksichtige. Es werde Hilfen für die Umstellung von Tankstellen und Werkstätten auf die Elektromotor-Ära geben, verspricht der Politiker.

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