Wenn es in den spanischen Medien um Mallorca-Immobilien geht, dann sind fast immer Superlative im Spiel. So wie zuletzt in der vergangenen Woche. Nach einer Erhebung des Immobilienportals Idealista stehen zwei der fünf teuersten Häuser Spaniens auf Mallorca. Konkret geht es um ein Anwesen nahe Alcúdia mit einem Preis von 30 Millionen Euro, das es auf den zweiten Platz im landesweiten Vergleich geschafft hat. Auf dem dritten Platz der Liste der teuersten Häuser in Spanien steht ein Palast in Puigpunyent für 26,5 Millionen Euro.

Bei solchen Meldungen über die High-End-Produkte rückt regelmäßig Tomeu Normalverbraucher in den Hintergrund, der sich einfach nur eine Drei-Zimmer-Wohnung oder ein kleines Häuschen zulegen will. Das wurde in einem zuletzt frenetischen Marktumfeld seit Ende 2015 immer schwieriger. Jetzt aber sind erstmals Anzeichen einer leichten Abkühlung auszumachen. „Dieser Wahnsinnsrun hat sich in diesem Jahr etwas beruhigt", sagt Ulrike Eschenbecher, Sprecherin der deutschen Immobilienagentur Porta Mallorquina, die hauptsächlich deutschsprachige, britische und skandinavische Kunden hat. Die Nachfrage sei zwar weiterhin sehr ausgeprägt, die Leute zahlten allerdings nicht mehr jeden Preis. „Die Kunden informieren sich vorher sehr genau, was ein Objekt in der von ihnen bevorzugten Lage kosten darf", sagt Eschenbecher.

Dass die wilden Jahre erst einmal vorbei sind, kann José Mir, der Vorsitzende des Verbandes für Immobilienmakler auf der Insel, bestätigen. „Der Markt bremst gerade ein wenig." Das bedeute aber nicht, dass die Preise nicht weiter steigen. Allein im zweiten Quartal dieses Jahres sind Immobilien auf den Inseln im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 9,9 Prozent teurer geworden, in Palma gar um 12,9 Prozent. Wobei die letzte massive Preiserhöhung im zweiten Halbjahr 2017 verortet werden kann. In diesem Jahr ist der Anstieg bislang moderat.

Durchschnittlich kostet ein Quadratmeter Immobilie auf den Balearen jetzt 2.102 Euro. Teurer ist es nur in Madrid, wo 2.203 Euro fällig werden. Am anderen Ende der Liste lockt Extremadura mit Preisen von 748 Euro pro Quadratmeter. „Wir befinden uns auf Mallorca immer noch in einer positiven Tendenz", sagt Mir. Die Preise seien aber noch weit entfernt von den Höchstständen im Jahr 2007, bevor es zum Crash kam. Die Statistik der Immobilien-Bewertungsgesellschaft Tinsa zeigt, dass Häuser und Wohnungen auf Mallorca heute im Schnitt noch immer rund 23 Prozent weniger kosten als vor elf Jahren.

Es spielt keine Rolle, ob man deutsche Makler fragt, die eher den Ferienmarkt bedienen, oder einheimische wie etwa Miguel Perelló, Geschäftsführer von Inmogestión Balear, einer der großen Anlaufstellen für Spanier, wenn es um den Kauf oder Verkauf einer Immobilie geht. Die Markteinschätzung klingt bei allen ähnlich, teilweise sagen sie bis aufs Wort dieselben Dinge. Perelló drückt es so aus: „Die wahnsinnigen Preissteigerungen innerhalb von kurzer Zeit sind erst einmal vorbei." Perelló spricht in seinem Marktsegment von Steigerungen von mehr als 30 Prozent innerhalb von vier Jahren. Außerdem beobachtet er dasselbe Phänomen wie Ulrike Eschenbecher von Porta Mallorquina: „Die Leute zahlen nicht mehr jeden beliebigen Preis für eine Wohnung." Die Erklärung dafür ist laut Perelló denkbar einfach: „Die Gehälter der Einheimischen sind nicht annähernd in gleichem Maße wie die Immobilienpreise gestiegen."

Mit einer finanzkräftigeren Kundschaft hat der in Santa Ponça ansässige Immobilienunternehmer Lutz Minkner zu tun. Er spricht ebenfalls von einem sehr guten Jahr 2018. „Wir gehen von einem Ergebnis ungefähr auf Vorjahresniveau aus", sagt Minkner und will eine Stagnation nicht als Rückschritt interpretiert sehen. „Wir wollen ja nicht verrücktspielen." Ein wenig Entspannung hat die Tatsache gebracht, dass die Bautätigkeit nach acht Jahren des Quasi-Stillstands zwischen 2008 und 2015 zumindest langsam wieder Fahrt aufnimmt. Mehrere Wohnprojekte in Palma sind gerade im Bau oder geplant. Das größte davon im Viertel Nou Llevant nahe des Kongresszentrums. Hier entstehen in den kommenden zwei Jahren über 400 Wohnungen, von denen die günstigsten bei rund 250.000 Euro starten.

Derartige Preise führen dazu, dass bezahlbare Neubauprojekte im Nu verkauft sind, auch wenn die Apartments erst auf dem Papier existieren. Im Wohnblock Jardines de Amanecer nahe der Plaza de Toros in Palma sind rund ein Jahr vor Fertigstellung bereits nahezu alle 423 Wohnungen verkauft. Und auch die Nachfrage nach einem bezahlbaren Häuschen geht wieder los. Vor allem in den Siedlungen der Gemeinde Marratxí, wo es viele bereits erschlossene Grundstücke gibt, rücken jetzt wieder die Bagger an. Im hochpreisigen Südwesten ist ebenfalls eine rege Bautätigkeit festzustellen. Lutz Minkner sagt: „Es sind hier in den vergangenen Monaten sehr schöne Objekte entstanden und es kommt noch einiges nach."

Keine Entspannung bei den Mieten

Anders ist die Lage indessen auf dem Mietmarkt. Hier kann von einer Entspannung keine Rede sein. „Bei den Mieten haben wir zurzeit einen historischen Höchststand", sagt Makler-Präsident José Mir. Die Idealista-Daten belegen den Run auf die Mietobjekte: Im Vergleich zum Vorjahresmonat sind die Mieten im Juni 2018 um 9,7 Prozent gestiegen. Und es ist kein Ende in Sicht. Auch nicht mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Ferienvermietung habe Besserung eingesetzt. „Das Angebot an Mietwohnungen ist weiterhin kaum existent", sagt Mir, und Makler Perelló ergänzt: „Es ist ein einziges Desaster. Das Wenige auf dem Markt ist absurd teuer. Wir raten allen Kunden, einen Kauf in Erwägung zu ziehen."

Was bringt die Zukunft?

Wie sich die Kaufpreise in näherer Zukunft entwickeln werden, darüber gehen die Meinungen auseinander. So mancher Immobilienexperte prophezeit magere Jahre. "Stimmungsmache gegen die - überwiegend ausländischen - Touristen, Touristensteuer, gestiegene Hotelpreise, günstigere Wettbewerber wie Türkei und schlechtes Wetter werden ebenfalls für den Immobilienmarkt Folgen haben", sagt der Düsseldorfer Finanzjournalist Andreas Kunze, der unter anderem die Finanz-Plattform Finblog (www.finblog.de) betreibt und Autor des MZ-Immobilienressorts ist. Seine These lautet: Sollte der Tourismus tatsächlich einknicken, werden viele Arbeitskräfte wieder gehen müssen. "Durch die Abwanderung allein werden die Mieten wieder sinken. Sinken aber die Mieten, ist es mit der Goldgräber-Stimmung bei den Kaufpreisen auch vorbei", sagt Kunze.

Ganz so dramatisch wollen die einheimischen Makler die Situation nicht sehen. Miguel Perelló etwa rechnet „zumindest im kommenden Jahr mit einer ähnlichen Entwicklung wie 2018, also weiter leicht steigenden Preisen. Was danach kommt, hängt auch viel davon ab, was bei den Wahlen 2019 passiert."

Die Jahre 2000 bis 2007 seien zunächst wie ein Traum gewesen, an den sich ein achtjähriger Albtraum angeschlossen habe. „Es ist gar nicht schlecht, wenn es die nächsten Jahre einfach mal ganz normal weitergeht", sagt Perelló. Eine Immobilienblase wie vor dem großen Crash 2007 sei derzeit nicht absehbar. „Der Markt ist viel gesünder als vor elf, zwölf Jahren." Ulrike Eschenbecher sieht das ähnlich, meint aber: „Preislich ist speziell auf Mallorca noch Luft nach oben. Vor allem in den Gegenden, die etwas entfernt von Palma oder dem Südwesten liegen." Mallorca sei nämlich weiterhin ein lohnendes Pflaster. „Auch, weil in Deutschland mittlerweile der Markt leer gefegt ist, weicht so mancher auf die Insel aus und kauft sich eine Zweitresidenz oder eine Wohnung als Kapitalanlage."