Der Hang wirkt wie eine Theaterkulisse mit seltsam verhüllten Statisten. Aber weit gefehlt. Die Hüllen schützen Bäumchen der ersten Avocadoplantage Mallorcas im ökologischen Anbau. Weil das Feld von Bergen umgeben und nach Süden ausgerichtet ist, wirkt es jetzt Anfang des Jahres geradezu frühlingshaft. Zu finden ist es unweit des GR221-Wanderweges von Esporles nach Valldemossa in unmittelbarer Nähe des Landguts Son Cabaspre. Zu der Possessió hatte früher einmal viel Land gehört, das im Laufe der Zeit in Parzellen geteilt und verkauft worden ist.

So konnte Miquel Tena gemeinsam mit seiner Frau 2019 ein verwildertes Feld kaufen und im selben Jahr 415 Avocadobäume pflanzen (Persea americana bot., aguacate span., alvocat kat.). Gleichzeitig beantragte er beim Inselrat das Bio-Zertifikat, erteilt wurde es vor einem Jahr. Gemeinsam mit dem Antrag für das Zertifikat nahm Tena 2019 Verhandlungen mit einer Versicherung auf, die im Fall von Hagel oder anderen Unwettern die Schäden übernimmt. Landwirte in Málaga und auf Ibiza haben diese Versicherung bereits. Inzwischen hat auch Tena die Zusage für die Übernahme von Schäden, sie könnte auch weiteren Landwirten Mallorcas bei der Entscheidung für den ökologischen Anbau von Avocados helfen.

Miquel Tena befestigt die Hülle. | FOTO: BENDGENS barbara Pohle

Gesunde Kost, deren Anbeu der Umwelt nicht schadet

Doch wie kommt man auf die Idee, im großen Stil alles andere als einheimische Bäumchen in einem verlassenen Tal der Serra de Tramuntana anzupflanzen? Er habe erkannt, dass es auf der Insel Bedarf für Avocados gebe, die nicht die Wasserreserven in Lateinamerika leerten und keine langen Transportwege haben, sagt Tena. Ganz zu schweigen von den Pestiziden, die auf den nichtökologischen Plantagen anderer Kontinente versprüht würden. Gerade die Konsumenten von aguacates hätten Bedarf an gesunder Kost, deren regionaler Anbau der Umwelt nicht schade. Mehr Wasser als ein Orangenbaum brauche der Avocadobaum auf der Insel auch nicht.

Bisher wachsen die Bäume bereits im Raum Pollença – man erzählt sich, dass sie der Künstler Ben Jakober auf die Insel gebracht hat – sowie in der Nähe von Son Servera. Ökologische Früchte liefern zudem bisher einige wenige Landwirte, die an einer Hand abzuzählen sind und auf deren Obstplantagen vereinzelt Avocadobäume wachsen.

Bäume in weiße Folien verpackt

Nun also Esporles. Die jungen Bäume wurden in weiße Folien verpackt, damit sie vor Wind und Kälte geschützt sind. Zusätzlich gibt es Sprühdüsen an ihrer Spitze für den Fall, das es zu Kältegraden in Verbindung mit Wind kommt, was den Bäumen schaden könnte. Sie wachsen auf erhöhten Pflanzreihen, die an Hochbeete erinnern. Zwischen ihnen breitet sich der gelb blühende Nickende Sauerklee (Oxalis pes-caprae bot., agrios span., vinagrella kat.) bodendeckend als Polster aus. „Es ist wichtig, dass Vegetation ganzjährig den Boden schützt“, sagt der Landwirt. Zwischen den Hochbeeten säte Tena Luzerne (Medicago sativa bot., alfalfa span., alfalç kat.) aus. Häufig wird sie auf der Insel an Tiere verfüttert, doch hier dient auch diese Pflanze der Nährstoffversorgung. Außerdem schützen ihre langen Wurzeln den Boden vor Erosion.

Nicht nur die Plantage selbst trägt zur Stabilität der Terrassen bei. Auch die Natursteinmauern müssen erhalten bleiben. Deshalb richten Arbeiter unweit der Jungbäume ein eingestürztes Stück Natursteinmauer wieder auf. „Wir haben Subventionen bekommen und können ausgebildete margers beauftragen“, sagt der Landwirt. Nur wenn die Arbeitskräfte die escola de margers absolviert haben, könne man sicher sein, dass die Trockensteinmauer nicht wieder zusammenfalle.

Jungbäume sollen Kraft zur Wurzelbildung nutzen

Auf den geschützten Terrassen konnten die ersten Bäumchen Früchte bilden. Dazu kam es allerdings zunächst aus Versehen. Denn Tena hatte die Blüten abgezupft, damit die Jungbäume ihre Kraft zur Wurzelbildung nutzen und nicht an Früchte verschwenden. Doch einige wenige hatte er übersehen. Erst wenn die Avocadobäume drei Jahre alt sind, dürfen sie von Januar bis August Früchte tragen. Damit dies ohne Pause möglich ist, wachsen hier verschiedene Sorten: von Hass über Bacon und Fuerte bis hin zu den auf der Insel neueren Sorten wie Lamb, Reed und Carmen.

Doch Tena ist nicht nur Landwirt, er ist auch in der Kooperative der kleinen Öko-Landwirte Mallorcas (Pem) aktiv. Er liefert Öko-Obst und -Gemüse an Restaurants, Kindergärten sowie auch Kisten direkt an Verbrauchergruppen. Ab 2023 werden auch die Bio-Avocados von Son Cabastre über die Kooperative ihren direkten Weg zum Verbraucher finden.