„Es gibt unterschiedlichste Auslöser für Trauer und Verlusterfahrungen, und ganz individuelle Arten, damit umzugehen. Doch die Gefühle dahinter sind manchmal weniger unterschiedlich, als man denkt. Und es kann heilsam sein, mit anderen Betroffenen darüber zu sprechen“, sagt Talia Oberbacher. Die Trauerbegleiterin gibt nicht auf: Nachdem ihr erster Versuch, im Oktober in Kooperation mit der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde auf Mallorca eine Trauergruppe zu gründen, fehlgeschlagen ist, weil sich zu wenig Teilnehmer meldeten, will sie es nun noch einmal versuchen.

Unverbindlicher Infoabend

Um die Hemmschwelle der deutschen Residenten und Langzeiturlauber auf Mallorca für eine Teilnahme zu senken, soll am Montag (21.11.) zunächst ein unverbindlicher Infoabend stattfinden, zu dem auch Freunde oder Angehörige von Trauernden kommen können. „Die Gruppe selbst wird dann aber nur für Betroffene sein“, betont Talia Oberbacher.

Die 55-Jährige hat in Deutschland eine Praxis als Heilpraktikerin und Psychotherapeutin und seit zwei Jahren eine weitere Praxis in der Palma Clinic, in der sie psychologische Beratung anbietet und als Trauerpädagogin agiert. Sie war es, die an die evangelische Pfarrerin Martje Mechels mit der Idee einer Trauergruppe herangetreten ist – und auf offene Ohren stieß. „Es wird keine Selbsthilfegruppe, sondern von mir moderierte Treffen mit klarem Ablauf, mit Übungen und einem Konzept dahinter, das sich über sechs Sitzungen erstreckt“, so Oberbacher. Einmal in Gang würden auch keine neuen Mitglieder mehr aufgenommen. So soll die Gruppe fester zusammenwachsen und den Teilnehmern als geschützter Raum dienen.

Nicht nur die "extremen Fälle"

Willkommen ist jeder, der bereit ist, in diesem Rahmen seine Situation zu schildern. Egal ob er um einen geliebten Menschen trauert, der verstorben ist, oder ob er eine Trennung verarbeitet. Auch wer ein Haustier verloren hat, nach der Rente in ein Loch gefallen ist oder um den Verlust seiner Heimat in Deutschland trauert, kann teilnehmen.

Auf Außenstehende, so Oberbacher, wirkten manche Gründe zu trauern banaler als andere. „Doch für die Trauernden selbst ist das nicht relevant, denn sie können die Gefühle anderer Trauernder nachvollziehen.“ Bei ähnlichen Angeboten in Deutschland habe Oberbacher daher schon Mütter, die ihr Kind verloren haben in derselben Gruppe betreut wie Mütter, die ihr Kind abgetrieben haben – und doch seien alle gestärkt aus der Erfahrung hervorgegangen. „Es geht in keiner Weise darum, eine Hitliste zu erstellen, wer mehr oder weniger trauert“, betont sie. Entsprechend richte sich das Angebot auch an die oberflächlich betrachtet weniger „extremen Fälle“.

So ähnlich die Gefühle von Trauernden sein können, so unterschiedlich sei die Art und Weise zu trauern, erklärt die Expertin. „Manche Menschen können lange kaum aufhören zu weinen, andere vergießen keine Träne. Jeder trauert individuell und es gibt dabei kein Richtig oder Falsch“, führt Oberbacher weiter aus. Die lange in der Psychologie verbreitete Theorie feststehender Trauerphasen sei längst überholt. „Trauer kommt vielmehr in Wellen. Manche davon reißen einem den Boden unter den Füßen weg, andere sind weniger stark und dazwischen gibt es auch immer Phasen, in denen es ruhiger wird.“

Trauer als Heilmittel

Hauptziel der Gruppe sei es keinesfalls, die Trauer hinter sich zu lassen. Sätze wie „das wird schon wieder“ oder „guck nach vorne“, die Trauernde oft zu hören bekommen, haben hier keinen Platz. „Trauer kann auch ein Leben lang anhalten, und das ist in Ordnung. Aber es geht darum, die eingrenzende Trauer in heilsame Trauer umzuwandeln.“ Trauer sei keine Krankheit, sondern die Fähigkeit, mit Verlusten umzugehen. „Und letztlich auch eine Art Depressions-Prophylaxe.“

Bei den Treffen sollen Übungen den Teilnehmern helfen, die Trauer zu erforschen. „Wir reflektieren gemeinsam, wie das Leben weitergehen soll und bieten die Möglichkeit, nach vorne zu schauen, aber immer wieder auch nach hinten.“ Ein weiterer Aspekt, der besprochen werden soll, sei der Umgang mit anderen Menschen. „Elementar ist es, in der Gruppe zu lernen, dass man sich als Trauernder abgrenzen darf. Und auch wohlwollenden nahestehenden Personen sagen darf: ‚Ich will jetzt nichts, nicht einmal eine Umarmung.‘ Jeder hat das Recht, sich schlecht zu fühlen.“

Ebenso thematisiert werden Schuldgefühle, die häufig mit der Trauer einhergehen. „Viele Menschen tendieren dazu, dem Trauernden die Schuld an dem Verlust sofort abzuerkennen, aber auch das ist nicht in jedem Moment sinnvoll, denn mit Schuldgefühlen können Menschen, die einen Verlust erlitten haben, oft besser umgehen als mit der Hilflosigkeit, mit der wir dem Tod gegenüberstehen.“

Der unverbindliche Infoabend findet am Montag (21.11.) um 19.30 Uhr im evangelischen Gemeindehaus (Bellavista-H, 3 in Palmas Stadtteil Ses Cadenes/Arenal) statt, die sechs Treffen der Trauergruppe ab dem 5. Dezember im 14-Tages-Rhythmus. Infos bei Talia Oberbacher 679-83 98 25) oder Pfarrerin Martje Mechels 687-12 35 75).