Im August vergangenen Jahres setzte sich Spaniens Altkönig Juan Carlos I. vor der Flut von Negativschlagzeilen wegen mehrerer Ermittlungen gegen ihn in die Vereinigten Arabischen Emirate ab. Über Vertraute ließ er in den Medien streuen, dass er liebend gern wieder in die Heimat zurückkehren würde. Doch droht dem rex emeritus nun ein zweites Weihnachtsfest im selbst erwählten Exil.

Allmählich sieht Juan Carlos, der für seine Rolle im Übergang des Landes von der Franco-Diktatur zur Demokratie in den 1970er-Jahren allgemein hohe Anerkennung genießt, allmählich Licht im Dunklen der juristischen Ermittlungen wegen mutmaßlicher Korruptionsgeschäfte. In Spanien und in der Schweiz droht dem ehemaligen Staatsoberhaupt kein Ungemach mehr. Doch ein britisches Gericht muss noch entscheiden, ob es wegen der Anschuldigungen des Missbrauchs der früheren Geliebten des Königs, Corinna Larsen zu Sayn-Wittgenstein, ermittelt.

Die beste Nachricht seit langer Zeit erreichte den Bourbonen am Montag (13.12.) aus der Schweiz. Der Staatsanwalt Yves Bertossa stellte die Ermittlungen ein. Eingeleitet worden waren sie 2018 wegen des Verdachts der Geldwäsche im Zusammenhang mit einer Überweisung 2008 in Höhe von 100 Millionen US-Dollar vom Finanzministerium Saudi-Arabiens an das damalige Staatsoberhaupt Spaniens. Die Schweizer Justiz hatte Juan Carlos nicht direkt im Visier, sondern zwei seiner Finanzmanager in der Alpenrepublik sowie Larsen, auf deren Konto das Geld weitergeleitet wurde. Staatsanwalt Bertossa ging dem Verdacht nach, dass es sich bei den 100 Millionen Dollar um Schmiergeldzahlungen für die Vermittlung des Baus einer Hochgeschwindigkeitslinie im Wüstenstaat an ein Konsortium spanischer Unternehmen gehandelt haben könnte. Corinna Larsen hatte entsprechende Vorwürfe geäußert.

Bertossa fand offenbar keine Hinweise, die den Verdacht der Korruption erhärten, und schloss den Fall. Am Ende gab es lediglich eine Geldstrafe von 50.000 Schweizer Franken – plus 150.000 Gerichtsgebühren – für die Privatbank Mirabaud, weil diese den Transfer nicht an die Aufsichtsbehörde für Geldwäsche gemeldet hatte.

Gilt die Immunität weiter?

Das Ende des Prozesses in der Schweiz läutet die baldige Beilegung der Ermittlungen der Justiz in Spanien ein, die nur noch eine Frage der Zeit ist. Schon vor Wochen war in spanischen Medien durchgesickert, dass die Staatsanwaltschaft ihre Nachforschungen in drei dubiose Geschäfte des Monarchen ergebnislos schließen werde. Das sind die erwähnte Zahlung aus Saudi-Arabien, ein millionenschwerer Fonds im Steuerparadies Jersey im Namen des Monarchen sowie die Ausgaben von Juan Carlos und Familienangehörigen – darunter jedoch nicht dessen Sohn und Nachfolger auf dem Thron Felipe VI. – mit Kreditkarten, die von einem befreundeten Unternehmer gedeckt wurden. In den beiden letzten Fällen hatte Juan Carlos Steuern von gut fünf Millionen Euro nachgezahlt, um seine Situation beim Finanzamt nachträglich zu klären.

Nun bleibt jedoch ein letztes Verfahren vor Gericht offen, das für Juan Carlos verheerende Folgen haben könnte. Ein Gericht in London prüft gerade, ob es gegen den ehemaligen Monarchen vorgehen kann oder ob dessen Immunität als Staatsoberhaupt gilt. Juan Carlos verzichtete 2014 zugunsten seines Sohnes Felipe auf die Krone und gilt seitdem eigentlich nicht mehr als immun. Seine frühere Liebhaberin Larsen zeigte ihn in London wegen Verfolgung und Belästigung an. Die Beziehung endete 2012. Juan Carlos hatte die Millionen aus Saudi-Arabien an ein Konto von Larsen in einem Steuerparadies in der Karibik überwiesen und wollte das Geld offenbar zurück. Die deutsche Unternehmerin erklärte, dass sie von spanischen Geheimdienstleuten verfolgt und sogar bedroht worden sei, um zu verhindern, dass sie für Juan Carlos sensible Informationen ausplaudern könnte.

Der Ex-Monarch bestreitet die Vorwürfe. Doch seine Verteidigung baut auf das Prinzip der Immunität als Staatsoberhaupt, die auch vom Vereinigten Königreich anerkannt wird. Das Problem ist jedoch, dass die Anschuldigungen Larsens über die Abdankung 2014 hinausgehen – und damit über das Ende der Immunität. Die Anwälte von Juan Carlos argumentieren nun, dass er als rex emeritus durchaus noch als Souverän gelte und auch weiterhin Teil der spanischen Königsfamilie sei.

Solange die Entscheidung des Londoner Gerichts in dieser Sache noch aussteht, scheint eine Rückkehr von Juan Carlos nach Spanien eher unwahrscheinlich, da sie König Felipe und die Monarchie in Bedrängnis bringen könnte. Motiviert durch das Ende der Ermittlungen in Spanien und der Schweiz ließ Juan Carlos vor einigen Tagen mitteilen, dass er nach Madrid zurückkehren wolle.

Doch nicht nur das: Der emeritierte König besteht darauf, in seiner alten Residenz im Zarzuela-Palast zu wohnen, wo auch Felipe und Königin Letizia ihr Domizil haben. Außerdem fordert der frühere Monarch Unterhalt auf Staatskosten. Das ist Wasser auf die Mühlen der Republikaner im Lande.