Der 46-Jährige zeigte keine Regung, als die Geschworenen ihn am Freitag vor Gericht in Santa Cruz de Tenerife des zweifachen Mordes und des versuchten Mordes in einem Fall für schuldig befanden. Nur manchmal beugte sich der Mann aus Sachsen-Anhalt zu seiner Übersetzerin, während ein Sprecher der neun Geschworenen am siebten Verhandlungstag das vernichtende Urteil über ihn verlas. Das Strafmaß muss nun der Richter aufgrund der Entscheidung der Geschworenen festlegen. Dem Deutschen drohen eine lebenslange Freiheitsstrafe, die erst nach 25 Jahren überprüfbar wäre. Die Verteidigung monierte Verfahrensfehler und kündigte an, sie werde Berufung einlegen.

Das Urteil der Geschworenen war einstimmig. Sie seien zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte am 23. April 2019 seine von ihm getrennt in Halle lebende Frau und den damals zehnjährigen gemeinsamen Sohn während einer Wanderung vor und in einer Höhle im Süden der Ferieninsel mit einem schweren Stein erschlagen habe, sagte der Sprecher der Jury. Zudem habe er den Tod des damals siebenjährigen kleineren Bruders, der gerade noch rechtzeitig fliehen konnte, in der Wildnis in Kauf genommen. Die Taten seien besonders grausam, gegen Familienmitglieder und mit Heimtücke begangen worden und die Mordmerkmale nach spanischem Recht deshalb gegeben.

Der Argumentation der Verteidigung, der Angeklagte sei zum Tatzeitpunkt wegen Einnahme starker Medikamente nicht im Vollbesitz seiner geistigen Fähigkeiten und damit nicht voll schuldfähig gewesen, folgten die Geschworenen nicht. Dagegen hätten Aussagen von Polizisten und auch von Sachverständigen gesprochen, die während des Prozesses gehört worden waren.

Zum Prozessauftakt am Dienstag vergangener Woche hatte der Angeklagte gesagt, er sei seit 2017 wegen des angenehmeren Klimas immer während der Wintermonate auf Teneriffa gewesen. Gegen Schmerzen und Depressionen habe er Medikamente genommen, auch Morphium. "Bei einer Operation wurden Fehler gemacht" - daher sei er wegen einer schweren Behinderung zum Frührentner erklärt worden.

In der Ehe habe es nie Gewalt gegeben, auch im Trennungsjahr nicht, versicherte der Angeklagte. In der Höhle sei aber alles ganz anders gewesen: Seine Frau habe sich am Kopf verletzt, stark geblutet und dann die Nerven verloren, weil er wegen fehlenden Handynetzes keine Hilfe habe herbeirufen können. "Sie hat rumgeschrien, ich würde sie verbluten lassen (...), und dann hat sie begonnen, um sich zu schlagen." Er sei umgefallen. "Ich lag am Boden, da war plötzlich alles ganz komisch, ich hatte ein Rauschen und Pfeifen im Ohr."

Plötzlich seien viele Steine auf ihn geworfen worden. "Ich war total in Panik, hatte so eine Todesangst, da habe ich die Steine gegriffen und sie zurückgeworfen." Dann sei er seinen jüngeren Sohn suchen gegangen. Bei der Rückkehr in der Höhle habe er die blutüberströmten Körper der Frau und des älteren Sohnes (10) in der Höhle gefunden. Seine Frau habe noch gelebt, sei kurz aufgestanden und dann endgültig umgefallen.

Die Verteidigung argumentierte, der Angeklagte sei nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gewesen. Die Frau habe sich scheiden lassen wollen. "Er ist ein sehr gequälter Mensch, der viel gelitten hat", sagte sein spanischer Anwalt Alberto Suárez Bruno der Deutschen Presse-Agentur kurz vor dem Prozess. "Es war ein Drama, aber er ist auch ein Opfer."

Einziger Augenzeuge der Tat ist der damals siebenjährige Sohn. Er floh nicht zum Auto der Familie, sondern nahm einen anderen Weg und irrte stundenlang in der Gegend herum, bis er zwei Jugendlichen über den Weg lief, die ihn zu einer Niederländerin brachten, die Deutsch sprach. Sie nahm sich des geschockten und weinenden Kindes an und alarmierte die Polizei. Der Junge, der seither wieder in Deutschland lebt, wurde damals auf Teneriffa von Psychologen befragt und belastete seinen Vater schwer. Später wurden die Leichen in der Höhle gefunden. Sie waren derart entstellt, dass sie nur aufgrund von DNA-Untersuchungen identifiziert werden konnten.

Noch am Abend der Tat nahmen Beamte den Frührentner, der getrennt von seiner Frau auf Teneriffa lebte, in dessen Wohnung in Adeje gut zehn Kilometer vom Tatort entfernt fest. Nach Angaben der Anklage hatte er sich nach der Tat gewaschen, umgezogen und sich der blutbefleckten Kleidung entledigt, die in einer Plastiktüte in einem Müllcontainer in der Nähe seiner Wohnung gefunden worden sei.

Neben der Haftstrafe beantragte die Anklage auch, den Deutschen zur Zahlung von 300 000 Euro an den überlebenden Sohn sowie 200 000 Euro an die Eltern der getöteten Frau zu verurteilen. Zudem solle ein Kontaktverbot zu dem Sohn für zehn Jahre nach der Verbüßung der Strafe ausgesprochen und dem Vater das Sorgerecht entzogen werden. /dpa