Im Streit um die von Marokko seit knapp 50 Jahren beanspruchte Westsahara hat Spanien den Weg zur Lösung des Konflikts geebnet. Die Regierung in Madrid gab am Freitag den Beginn einer "neuen Phase" in den Beziehungen zu Marokko bekannt, die auf gegenseitigem Respekt beruhen und die Stabilität und territoriale Integrität beider Länder gewährleisten werde.

Nach einer Mitteilung des Königspalasts in Rabat hat Madrid erstmals eingeräumt, dass die Konfliktregion wie von Rabat vorgeschlagen eine autonome Provinz unter marokkanischer Souveränität sein könne. Die Autonomie-Lösung wird im spanischen Kommuniqué zwar nicht erwähnt. Die marokkanische Mitteilung wird von Madrid aber auch nicht dementiert.

Der Königspalast hatte am Freitag (18.3.) vor dem Kommuniqué Madrids den Inhalt eines Briefes des spanischen Regierungschefs Pedro Sánchez an König Mohammed VI. veröffentlicht, in dem es heißt, Marokkos Autonomie-Vorschlag sei die "ernsthafteste und realistischste Grundlage" für eine Lösung des Konflikts.

Worum geht es bei der Westsahara?

Die Westsahara war bis 1975 eine spanische Kolonie. Nach dem Abzug Spaniens annektierte Marokko Teile des Territoriums an der Atlantikküste Nordwestafrikas. Rabat kontrolliert und beansprucht seitdem weite Teile des dünn besiedelten Wüstengebiets. Die Bewegung Polisario strebt derweil nach einer Unabhängigkeit der Region. Immer wieder kommt es in der Westsahara zu Gefechten zwischen Polisario und der marokkanischen Armee. International wurde der Anspruch Rabats bisher nicht anerkannt. Aus Sicht Deutschlands ist der Status der Westsahara ungeklärt.

Voriges Jahr war es zwischen Spanien und Marokko zu diplomatischen Reibereien gekommen, weil Polisario-Chef Brahim Ghali im Frühjahr in einem spanischen Krankenhaus monatelang behandelt wurde. Als im Mai innerhalb von 36 Stunden mehr als 8000 Menschen von Marokko aus in die spanische Nordafrika-Exklave Ceuta stürmten, beschuldigte Madrid Rabat der "Erpressung". In Spanien war man davon überzeugt, dass Rabat die Grenzkontrollen gelockert oder gar ausgesetzt hatte, um Madrid im Streit um die Westsahara unter Druck zu setzen.

Wie reagieren die Nachbarländer und die Politik?

Aus Protest gegen das Einlenken Spaniens gegenüber Marokko im Streit um die Westsahara hat Algerien am Samstag seinen Botschafter aus Madrid abgezogen. Man habe Botschafter Said Musi "zu Konsultationen" zurück nach Hause gerufen, heißt es in einer Mitteilung des algerischen Außenministeriums, die von staatlichen spanischen TV-Sender RTVE veröffentlicht wurde. Man sei "sehr überrascht angesichts der abrupte Kehrtwende in der Haltung der ehemaligen Verwaltungsmacht der Westsahara", schreibt Algier.

Die Linkspartei Unidas Podemos, Juniorpartner der Sozialisten in der Regierungskoalition, kritisierte den Schritt von Sánchez und betonte, man müsse den Wunsch der Westsahara-Bewohner respektieren.

Was sagt die Presse?

Die Zeitung "El Mundo" bezeichnete diese neue Position Spaniens als "historisch". "La Vanguardia" kommentiert am Sonntag den Richtungswechsel der spanischen Politik, nun Marokkos Anspruch auf die Westsahara zu unterstützen:

"Der Krieg in der Ukraine sorgt dafür, dass sich die geopolitischen Blöcke ganz schnell wieder festigen. Die Regierung (des spanischen Ministerpräsidenten) Pedro Sánchez hat entschieden, sich klar mit den USA zugunsten des marokkanischen Autonomieplans für die Westsahara zu verbünden und die jahrelangen Zweifel an Spaniens Haltung gegenüber der ehemaligen Kolonie zu beenden. Der Schritt, den zuvor schon Frankreich und dann Deutschland getan hatten, kommt zu einer Zeit, in der eine Mittelposition nicht mehr tragbar ist. Entweder du bist für mich oder du bist gegen mich."