Warum man im Gegensatz zur Bundeswehr keine Witze über die spanische Armee macht

Spaniens Streitkräfte haben immer mehr Aufgaben

im Ausland zu bewältigen.

Dafür sind sie auf massive Investitionen angewiesen

Stolz auf die zahlreichen Auslandseinsätze: spanische NATO-Soldaten bei einem Manöver in Lettland.  | FOTO: VALDA KALNINA/EFE

Stolz auf die zahlreichen Auslandseinsätze: spanische NATO-Soldaten bei einem Manöver in Lettland. | FOTO: VALDA KALNINA/EFE / Aus Madrid berichtet Thilo Schäfer

Thilo Schäfer

Thilo Schäfer

Dieser Tage wird vielerorts dem Jahrestag des vom russischen Präsidenten Wladimir Putin befohlenen Überfalls auf die Ukraine gedacht. Spaniens Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo wollte den in Lettland, unweit der Grenze zu Russland stationierten spanischen Soldaten einen Besuch abstatten. Sehr zum Ärger wurde dem Vorsitzenden der Volkspartei (PP) dieser Wunsch von der Linksregierung verweigert. Truppenbesuche würden nur auf institutioneller Ebene stattfinden, nicht aber aus parteipolitischen Gründen, hieß die Erklärung. Das Ansehen der Streitkräfte stünde über dem tagtäglichen politischen Streit.

Die spanische Armee ist der Stolz des Landes

In der Tat sind die Fuerzas Armadas in Spanien eine der besser angesehenen Institutionen des Staatsapparats. In einer Umfrage der konservativen Zeitung „La Razón“ vom vergangenen Oktober erklärten sich 80 Prozent der Befragten zufrieden oder sehr zufrieden mit der Rolle der 126.000 Soldaten und Soldatinnen – dazu kommen 14.000 Reservisten. Anders als die deutsche Bundeswehr müssen die spanischen Streitkräfte nicht ständig Witze über ihre Tauglichkeit ertragen. Und im Gegensatz zu ihrer früheren Amtskollegin Christine Lambrecht genießt die spanische Verteidigungsministerin Margarita Robles sogar in konservativen Kreisen hohes Ansehen.

Panzer in einem schlechten Zustand

Das heißt aber nicht, dass die spanische Armee keine Probleme hätte, wie bei der langen Debatte über die Auslieferung deutscher Leopard-2-Panzer an die Ukraine deutlich wurde. Robles bestätigte am Mittwoch (22.2.) im Parlament, dass Spanien nun doch sechs statt vier Panzer für den Krieg flottmachen könne. „Wenn es nötig sein sollte und unsere Verbündeten dies wollen, könnten es auch mehr werden“, so die Verteidigungsministerin. Die 53 Leopard-2 in Besitz der spanischen Streitkräfte seien in einem sehr schlechten Zustand und müssten zunächst instandgesetzt werden. In dieser Zeit werden ukrainische Militärs in Spanien für den Umgang damit ausgebildet. Ende März oder Anfang April könnten die sechs Leopards fertig sein, so Robles.

Auch hierzulande klagen Militärexperten seit Langem über den zunehmend schlechteren Zustand der militärischen Ausrüstung und den Materialmangel. Ein Teil des Problems geht auf die massiven Kürzungen der Staatsausgaben im Zuge der Finanzkrise zurück. Doch Premier Pedro Sánchez hat nun Besserung versprochen, ohne aber von einer Zeitenwende zu sprechen. Vor dem Gipfel der Nato im Juni in Madrid 2022 kündigte der Sozialist an, dass Spanien bis spätestens 2029 seine Verpflichtung einhalten und die Militärausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes anheben werde. Sánchez wollte als Gastgeber der Partner des Nordatlantikpaktes mit gutem Beispiel vorangehen.

Neue Jets geplant

Tatsächlich sieht der Haushaltsplan für 2023 einen Anstieg der Rüstungsausgaben von fast 26 Prozent auf 12,3 Milliarden Euro vor. Damit werden die Käufe neuer Fregatten, Panzer, U-Boote und Kampfjets angeschoben. Zur Ablösung der veralteten F-18-Flieger wurden vor Kurzem schon 20 Eurofighter angeschafft. Nach Medienberichten plant Spanien auch den Kauf amerikanischer F-35-Jets. Die Investitionen sind dringend nötig, damit die spanischen Streitkräfte ihren Einsätzen im Ausland gerecht werden. Spanien leitet derzeit einige internationale Missionen wie die der 10.000 Blauhelme der UN im Libanon. Seit September sind die Spanier auch federführend für die europäische Mission in der Sahel-Zone, von der sich Deutschland und Frankreich zurückgezogen haben. Im Irak leitet ebenfalls ein spanischer Kommandeur das Ausbildungsprogramm der Nato.

Die Einsätze im Ausland haben maßgeblich zur Aufbesserung des Images der Streitkräfte beigetragen, denen bis vor gar nicht allzu langer Zeit noch ein Stallgeruch aus der Franco-Diktatur anhing. Dazu gehört auch die Spezialeinheit für Notfälle, die Unidad Militar de Emergencia (UME), die bei Waldbränden und anderen Katastrophen wie dem Vulkanausbruch auf Lanzarote eine wichtige Rolle spielte. Vor Tagen kehrten Einheiten aus dem Erdbebengebiet der Türkei zurück, wo sie etwa mit Wasserflugzeugen ausgeholfen hatten.

Spanien ist auch bei der Unterstützung der Ukraine tatkräftig dabei. Am Mittwoch (22.2.) wurde bekannt, dass weitere Luftabwehrsysteme vom Typ Nasams nach Estland verlegt werden, begleitet von 60 Militärs. Eine weitere Einheit steht im benachbarten Litauen.

Die Kehrtwende bei den Militärausgaben verlief jedoch nicht reibungslos. Das Linksbündnis Unidas Podemos (UP), der kleine Koalitionspartner der Sozialisten (PSOE), hatte heftig gegen eine Aufstockung der Mittel für die Streitkräfte protestiert, musste am Ende aber die Entscheidung schlucken. Sánchez plant nach Medienberichten einen Besuch in Kiew anlässlich des Jahrestags der Invasion, während Oppositionsführer Núñez Feijóo auf ein Foto verzichten muss.

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