Hitze und Dürre: Spanien muss umdenken

Die ausbleibenden Regenfälle zwingen die Politik zum Handeln. Doch mit Auflagen für Pools und Hilfen für Bauern ist es nicht mehr getan

Bedenklich niedriger Pegel im Stausee Pajares in der Region La Rioja.

Bedenklich niedriger Pegel im Stausee Pajares in der Region La Rioja. / Fernando Díaz/Efe

Thilo Schäfer

Thilo Schäfer

Spanien ächzt dieser Tage unter für April ungewöhnlich hohen Temperaturen. Extrem warme Luftmassen aus Nordafrika sorgen für Spitzenwerte von fast 40 Grad im Südwesten des Landes. Betroffen sind die gesamte Iberische Halbinsel sowie die Balearen. Experten warnen erneut, dass es sich nicht um ein vorübergehendes meteorologisches Phänomen handelt, sondern der Klimawandel dahintersteckt. Europa wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten von der Erderwärmung stärker betroffen sein als andere Teile der Welt, und der Mittelmeerraum ist besonders gefährdet.

Die Hitze verschlimmert die lange Dürre in Spanien, denn seit Monaten hat es vielerorts so gut wie gar nicht geregnet. Des Wasserreservoirs registrieren Tiefststände, was in manchen Regionen bereits zu Einschränkungen beim Verbrauch geführt hat. Die Ernte verschiedener Produkte droht auszufallen, was sich auf die Preise für Lebensmittel ausschlagen dürfte, die infolge der Inflationen sowieso schon reichlich teuer geworden sind.

Die Lage in Katalonien

Am schlimmsten hat es Katalonien erwischt, wo die Dürre schon sehr lange andauert und die Stauseen nur noch ein Viertel ihres Fassungsvermögens halten, halb so viel wie vor einem Jahr. Die Landwirte müssen ihren Wasserverbrauch um 40 Prozent senken. In Barcelona werden öffentliche Brunnen nicht mehr betrieben, und die Menschen dürfen ihre Gärten nur zweimal pro Woche gießen. Das Befüllen privater Pools mit Trinkwasser ist in Katalonien verboten. Mit reichlich Druck erreichte die Tourismusbranche eine Ausnahme für Hotelpools, auch öffentliche Bäder sind von dem Verbot ausgenommen.

Die Lage in Madrid

In Madrid wurde wegen der hohen Temperaturen ein Sonderprotokoll vorgezogen, das eigentlich für den Sommer gedacht ist. So können die Schulen den Stundenplan anpassen und Unterricht auch im Freien oder an kühleren Orten abhalten. Die öffentlichen Freibäder eröffnen einen Monat früher als geplant bereits Mitte Mai, um den Menschen Gelegenheit zur Abkühlung zu bieten.

Wie in der Hauptstadt wird die Erderwärmung vielerorts ein Thema vor den kommunalen und regionalen Wahlen am 28. Mai werden. So kritisierte die linke Opposition im Rathaus von Madrid, dass der emblematische Platz an der Puerta de Sol im Herzen der Altstadt, der gerade erst umgestaltet wurde, komplett aus Stein und Asphalt besteht und kein schattiges Fleckchen hat.

Die Hitze erhöht auch die Gefahr von Waldbränden, von denen die große Mehrheit auf Unachtsamkeit, wenn nicht gar Vorsatz zurückgeht. In Kastilien-La Mancha wurde der Gebrauch schwerer Maschinen in der Landwirtschaft verboten.

Die Lage in der Landwirtschaft

Die Koalitionsregierung aus Sozialisten und Linken beschloss am Dienstag (25.4.) Steuererleichterungen für die besonders stark betroffenen Agrarbetriebe in Höhe von 1,8 Milliarden Euro. Spaniens Agrarminister Luis Planas hat wegen der Dürre zusammen mit seiner portugiesischen Amtskollegin Mario Do Céu bei der Europäischen Kommission Sonderhilfen aus dem Topf der Agrarpolitik beantragt. Verbände der Landwirte begrüßten die Initiative der Regierung, bezeichneten die Hilfen jedoch als unzureichend. Der Verband der Bewässerungslandwirtschaft Fenacore verlangte eine Verringerung der Mehrwertsteuer für den Betrieb der Anlagen und einen Ausbau der Infrastruktur.

Streit zwischen Madrid und Andalusien

Seit Jahrzehnten wird in Spanien über die Umleitung der Wasservorkommen aus dem feuchteren Norden in den trockenen Süden diskutiert. Doch der Klimawandel scheint diese Debatte nun überflüssig zu machen. Es geht vielmehr darum, den Verbrauch an den zu befürchtenden Rückgang der Ressourcen anzupassen. Vor diesem Hintergrund tobt gerade ein Streit zwischen der Linkskoalition in Madrid und der konservativen Regionalregierung von Andalusien. Diese hat ein Gesetz ins Parlament von Sevilla eingebracht, dass Hunderte illegaler Brunnen rund um den Nationalpark Doñana regulieren soll. Die Europäische Kommission ermahnte die Andalusier vor Tagen vor den „desaströsen Folgen“ des Absinkens des Grundwasserspiegels auf das größte Feuchtgebiet Europas, das seit 1994 Weltnaturerbe der UNESCO ist.

Die Ministerin für den Ökologischen Wandel, Teresa Ribera, kündigte eine gegenteilige Aktion an. Sie will bis 2025 sämtliche nicht genehmigte Brunnen um Doñana verschließen lassen. Außerdem hat die Regierung 100 Millionen Euro bereitgestellt, um Agrarland am Naturschutzgebiet aufzukaufen und stillzulegen.

Zwar gibt es in Spanien bei der Vergeudung von Wasser durch leckende Leitungen und ineffiziente Praktiken einiges zu verbessern. Doch mittelfristig wird das Produktionsmodell infrage gestellt. Denn zwei Drittel der Agrarprodukte benötigen künstliche Bewässerung. Das machte den Anbau von Arten, die sehr viel Wasser benötigen – etwa Avocados oder Erdbeeren – in trockenen, aber sonnigen Regionen erst möglich. Es bedürfe daher eines „Mentalitätswechsels“, forderte der Fraktionssprecher der Sozialisten im Unterhaus, Patxi López. Man müsse über andere Sorten nachdenken, die mit weniger Wasser auskommen. Denn am Klimawandel führe kein Weg mehr vorbei.

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