Freunde unter Vorbehalt: Wie Spanien mit dem Handelskrieg der USA umgeht
Spanien fährt in der Außenpolitik eine Doppel-Strategie. Zum einen werden Kontakte nach Washington gepflegt, zum anderen prüft man die Alternativen

Freunde unter Vorbehalt
Die EU-Handelspolitik ist ausschließliche Kompetenz von Brüssel. So kommt der Europäischen Kommission die Führungsrolle im Zollkrieg mit der US-Regierung von Donald Trump zu, etwa dem Handelskommissar, Maroš Šefčovič, der am Montag (14.4.) in Washington verhandelte. Doch auch die nationalen Vertreter der 27 Mitgliedsstaaten haben eine Funktion im Tauziehen mit Trump um die Strafzölle. So reiste am Mittwoch (16.4.) Italiens Ministerpräsidentin Georgia Meloni, auf die der US-Präsident große Stücke hält, als erste europäische Regierungschefin nach Ausbruch der Krise nach Washington.
In der vielschichtigen Krisendiplomatie der Europäer hat Spanien eine ungewöhnlich starke Initiative entwickelt. Nach dem Besuch von Ministerpräsident Pedro Sánchez in China letzte Woche fuhr dessen Wirtschaftsminister Carlos Cuerpo am Dienstag (15.4.) nach Washington zu einem Treffen mit US-Finanzminister Scott Bessent. Die Reise fand unter schwierigen Vorzeichen statt. Denn der Besuch von Sánchez beim chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping, der dritte in drei Jahren, kam im Weißen Haus gar nicht gut an.
Warnung vor Annäherung an China
Bessent kritisierte auf einem Treffen mit Bankern in New York die Reise des Spaniers und warnte vor einer Annäherung an China. „Das ist, als würde man sich selbst die Kehle durchschneiden“, kommentierte der Chef des US Treasury mit der mittlerweile bekannten martialischen Rhetorik der Trump-Regierung. Wirtschaftsminister Cuerpo spielte auf einem informellen Treffen mit dem Verein der Aus- landskorrespondenten am Montag in Madrid die Aussagen seines amerikanischen Amtskollegen herunter. Die USA seien weiterhin der wichtigste Partner Spaniens und die 90-tägige Aussetzung der Zölle habe ein „Fenster für Verhandlungen“ geöffnet, sagte der Minister vor seinem Abflug nach Washington. Cuerpo betonte, wie wichtig es sei, dass Kontakte wie seiner mit Bessent im Vorfeld eng mit der EU-Kommission abgestimmt würden. Für Europa sei es entscheidend, gegenüber Trumps Attacken einheitlich aufzutreten.
Nach einem „ehrlichen und offenen“ Meinungsaustausch mit Bessent gab sich Cuerpo optimistisch. Die Amerikaner „wollen eine Einigung mit ihren wichtigsten Handelspartnern erreichen, darunter natürlich die EU“, berichtete der Minister in der Hauptstadt der USA. Die Reaktion der US-Seite fiel deutlich nüchterner aus. In einer Pressemitteilung sprach der Treasury lediglich von „ehrlichen Konversationen“. Anders als nach den Besuchen der Finanzminister Deutschlands und Frankreichs zuvor, vermied das Ministerium von Bessent jedoch, die Bedeutung der bilateralen Beziehung zu Madrid hervorzuheben.
Handelsdefizit
Dabei hat Spanien als eines von ganz wenigen europäischen Länder ein Handelsdefizit gegenüber den USA. Nach der Logik des US-Präsidenten müssten sich also die Spanier darüber beschweren, unfair behandelt zu werden. Doch Trump hat noch viele andere Beschwerden gegenüber Spanien aufzubieten, einen ganzen Katalog voll. Washington will ein Ende der spanischen Sondersteuer für Digitalkonzerne wie Google und beklagt, dass Streaming-Dienste wie Netflix dazu verpflichtet sind, Teile ihrer Inhalte auch in andere Amtssprachen wie Katalanisch zu übersetzen.
Der größte Zankapfel sind jedoch die spanischen Ausgaben für Verteidigung, die Trump und seine Minister immer wieder scharf kritisieren. In der Tat ist Madrid weit vom ursprünglichen Ziel entfernt, für das Militär zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes aufzuwenden. Spanien ist in der Nato sogar Schlusslicht. Sánchez gelobte Besserung. Das Zwei-Prozent-Ziel soll schon im Sommer erreicht werden. Allerdings besteht er darauf, das „Sicherheitskonzept auszuweiten“. Das heißt, dass auch Investitionen zur Abwehr von Hackerangriffen oder in andere strategische Bereiche dazugezählt werden müssten.
Obwohl sich die Außenpolitik normalerweise weniger zum Spielball der innenpolitischen Auseinandersetzung in Spanien eignet, hatte die Opposition an der Reise von Sánchez nach Peking etwas auszusetzen. Der Vorsitzende der konservativen Volkspartei (PP), Alberto Núñez Feijóo hielt das Treffen bei Xi für eine „Unbesonnenheit“, denn es würde die Trump-Regierung verärgern. In Madrid vermuteten politische Beobachter, dass die anschließende Reise von Cuerpo nach Washington auch aus innenpolitischer Sicht dazu dienen sollte, diese Kritik zu entschärfen. Cuerpo versicherte gegenüber den Korrespondenten, dass der Besuch bei Bessent schon länger geplant gewesen, der konkrete Termin aber erst sehr kurzfristig zustande gekommen sei.
Exporte überschaubar
Die spanische Wirtschaft würde unter einem Handelskrieg weniger leiden als die meisten europäischen Partner, da ihre Exporte nach Übersee überschaubar sind. Das strich auch der Internationale Währungsfonds hervor, der seine Wachstumsprognose für Spanien trotz der weltweiten Turbulenzen für dieses Jahr auf 2,5 Prozent nach oben revidierte.
Trotz des 90-tägigen Waffenstillstands für die meisten Zölle und Gegenzölle, hält Madrid an seinem Hilfspaket mit einem Volumen von 14 Milliarden Euro fest. Am Dienstag (15.4.) verabschiedete das Kabinett eine erste Tranche in Höhe von einer Milliarde Euro an Krediten für betroffene Unternehmen über die staatliche Förderbank ICO. Cuerpo erklärte, dass man die Unterstützung von Firmen auf der Suche nach neuen Absatzmärkten als Alternative zu den USA durchziehen wolle. Wie auch immer der Zollkrieg ausgeht, mehr Diversifizierung kann nicht schaden.
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