Johan Cruyff hält große Stücke auf ihn. „Josep Guardiola hat zur Genüge bewiesen, dass er fähig ist, die erste Mannschaft zu trainieren. Er weiß viel und ist intelligent. Als Spieler wusste er sehr gut, wie man auf einer bestimmten Position spielt. Er weiß, wie man trainiert und wie Spieler ­ticken.“ Der niederländische Jahrhundertfußballer muss es wissen. Er kennt den Cheftrainer des FC Barcelona seit langem. Guardiola war sein Musterschüler.

Cruyff ist so etwas wie der Franz Beckenbauer von Barcelona. Er hat als Spieler 1974 im Franco-Spanien erstmals nach 14 Jahren wieder eine Meisterschaft mit dem FC Barcelona gewonnen und als Trainer ab 1988 das sogenannte Dream-Team geformt, das 1992 das erste Mal in der Vereinsgeschichte den Pokal der Landesmeister holte. In der legendären Mannschaft spielte auch Josep Guardiola.

Nun also hat dieser Guardiola den FC Barcelona unter seinen Fittichen, die zur Zeit erfolgreichste Mannschaft Europas. Die Teamstatistik liest sich wie ein Einser-Zeugnis: Im Vergleich der großen europäischen Ligen hat „Barça“ den größten Vorsprung vor dem Tabellenzweiten (10 Punkte), die beste Torquote (über 3,06 pro Spiel) und mit 32 Toren (Etoo 15, Messi 10 und Henry 7) den erfolgreichsten Sturm aller wichtigen Ligen. Hält Barcelona diesen Schnitt, wird es am Saisonende auf etwa 110 Tore kommen und damit den Torrekord von Real Madrid (108) aus dem Jahr 1990 brechen. In der Summe der Treffer in der Liga und der Champions League (64) liegt Barcelona weit vor Mannschaften wie Bayern (51), Chelsea (45) oder Lyon (36).

Nicht schlecht für jemanden, dessen Lebenslauf als Trainer bislang nur einen Aufstieg mit der Reservemannschaft des FC Barcelona von der Tercera in die Segunda B (3. Liga) aufweist.

Im Profiteam hatte er im August 2008 keine leichte Aufgabe übernommen. Superstar Ronaldinho hatte den Verein verlassen. Er war lange Zeit der Protagonist einer der besten Mannschaften der Vereinsgeschichte, die 2006 die Champions League gewinnen konnte. Mit Ronaldinho endete auch die Ära des Trainers Frank Rijkaard, dessen melancholischer Blick nach dem 3:5 beim Absteiger Real Murcia am letzten Spieltag die Titelseiten der Sportzeitungen zierte. Rijkaard hinterließ Guardiola einen dritten Platz, was bedeutete, dass Barcelona durch die Qualifikationsrunde zur Champions League musste.

Guardiolas Arbeitsbeginn war zudem überschattet vom Misstrauensvotum gegen seinen Fürsprecher, den Barça-Präsidenten Joan Laporta. Der Vereinsboss überstand die Abstimmung knapp, aber es war klar, dass sein Schicksal eng mit der Leistung Guardiolas verknüpft sein würde.

Der begann seine Arbeit mit einem 4:0-Sieg gegen Wisla Krakau in der Champions-League-Qualifikation, dem allerdings eine 0:1-Niederlage im Rückspiel und eine weitere 0:1-Pleite zum Ligastart gegen Numancia folgten. Es sollten bis jetzt die einzigen Schlappen bleiben. Laporta hat auf Guardiola gesetzt und gewonnen. Selten war es im Umfeld des Clubs so friedlich und harmonisch wie jetzt.

Es hat sich aber auch erwiesen, dass Guardiola ein geschickter Taktierer ist. In der Annahme, dass der Kameruner Etoo den Verein verlassen würde, gab er zunächst vor, ohne ihn zu planen. Kurz darauf sagte er mehr oder weniger das Gegenteil: Falls Etoo bleibe, werde er alles dafür geben, dass der Stürmer seine volle Leistung bringe. Resultat: Etoo führt die Torschützenwertung mit 15 Treffern an und Guardiola wahrte sein Gesicht.

Der sportliche Erfolg bindet auch die Leistungsträger. Nationalspieler Xavi wird seinen ursprünglich noch bis 2010 laufenden Vertrag vorzeitig bis 2014 verlängern, mit Torwart Victor Valdés, derzeit mit durchschnittlich 0,6 Gegentoren pro Spiel bester Keeper der Liga, laufen ebenfalls Verhandlungen für eine vorzeitige Vertragsverlängerung bis 2014.

Bei alldem bleibt Guardiola dezent im Hintergrund, überlässt seinen Spielern die Bühne. Intern gilt er als „Kenner des Hauses“ und der Strukturen. Kein Wunder, dass man im Verein bereits überlegt, ihm die Vollmachten eines Supermanagers zu geben. Als Vorbild dient Manchester United, wo Teammanager Alex Ferguson bereits seit 22 Jahren erfolgreich alle Fäden in der Hand hält. Die Fans wären laut der Abstimmung einer Sportzeitung sofort dafür. Allein der Macher selbst will sich nicht festlegen. So lange wolle er nicht den aufreibenden Job eines Trainers bekleiden, vertraute er dem Fachblatt „Sport“ an. Sein Vertrag läuft bis 2010. Danach könne er sich vorstellen, das Amt eines Managers zu bekleiden, jedoch mit einem Trainer, den er aussuche und dem er alle Freiheiten gebe. Acht Jahre wie sein Freund und Förderer Johan Cruyff wolle er sich den Cheftrainer-Job nicht aufbürden. Aber das muss ja nicht sein letztes Wort sein.

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