Eigentlich ist es ihre Aufgabe, so schnell wie möglich einen verschneiten Berghang hinabzubrettern. Am vergangenen Donnerstag ging es für das Weltcup-Team des Schweizer Skiverbandes zur Abwechslung mal steil bergauf. Nicht auf zwei Brettern, versteht sich, sondern mit dem Velo – auf Hochdeutsch würde man Fahrrad sagen. Dreieinhalb Kilometer liegen zwischen dem Ortsausgang von Port de Pollença und dem Aussichtspunkt auf der Halbinsel Formentor, der Höhenunterschied zwischen Start und Ziel beträgt satte 300 Meter. Nichts für zarte Waden also.

Das Radrennen war Teil des traditionellen eidgenössischen Sommer-Trainingslagers, das seit 2007 zum vierten Mal in Folge auf Mallorca stattfand. Für eine Woche hatte sich das 26-köpfige Team aus Athleten, Trainern, Physiotherapeuten und Betreuern in einem Hotel in Port d´Alcúdia einquartiert, um sich bei Tagestemperaturen von knapp 28 Grad auf die Ende September beginnende Skisaison vorzubereiten. Organisiert hat das schwyzerdütsche Kondilager der Radreiseveranstalter Hürzeler. Dessen Reiseführer Marcel Iseli begleitete seine Landsleute persönlich auf den von ihm ausgesuchten schönsten, längsten und strapaziösesten Strecken der Insel. „Pro Tag sitzen die Jungs zwischen 85 und 150 Kilometer im Sattel. Wenn die Woche vorbei ist, haben sie ungefähr dreimal Mallorca umrundet", sagte Iseli, dem der Schweiß an diesem Morgen selbst in Strömen übers Gesicht lief.

Christian Spescha, Gesamtsieger im Europacup der letzten Saison, ist der jüngste Neuzugang im Weltcup-Kader der Schweizer. Und er war zum ersten Mal überhaupt auf Mallorca. „Die Trainingsbedingungen sind hier schon traumhaft", sagte Spescha. Für ihn komme es hier aber nicht nur auf das Konditionstraining an, sondern vor allem auf den Teamgeist. „Motivation ist in der Gruppe extrem wichtig. Es macht für die Stimmung schon einen großen Unterschied, ob man zusammen nur einen vereisten Berghang hinunterfährt oder in der Sonne am Strand auch mal Volleyball spielt." Dass Christian Spescha bereits motiviert ist, stellte der 21-Jährige beim mallorquinischen Uphill-Slalom nach Formentor auf dem Rad eindrucksvoll unter Beweis. Mit neun Minuten und 27 Sekunden wurde er vor dem weiteren Team-Neuzugang Ami Oreiller und dem Routinier Tobias Grünenfelder Erster.

Ob der Europacup-Sieger des Jahres 2009 aber auch in der Königsklasse des Ski-Sports stets die Nase vorne haben wird, muss sich erst noch zeigen. „Der Wechsel vom Europacup in den Weltcup ist schwierig, nicht allen gelingt es gleich gut, da Fuß zu fassen", so Spescha.

Eine Minute mehr als Spescha brauchte der Star der Truppe, Didier Défago. Vor drei Monaten bekam er bei den Olympischen Spielen in Vancouver die Goldmedaille für die schnellste Abfahrt umgehängt. Ob das Traininglager im Vorjahr auf Mallorca dafür den Grundstein gelegt hat? „Ich fühle mich auf der Insel stets sehr wohl und reise immer mit einem guten Gefühl von hier ab. Schon gut möglich also, dass dieses positive Gefühl mich bei meinen Rennen beeinflusst", sagte Défago.

Für die kommende Weltcup-Saison peilt der Schweizer einen der Spitzenplätze an. „Ich bin fit und heiß. Da ist alles möglich." Der mittlerweile 33-jährige Skifahrer galt in der Schweiz jahrelang als Ausnahmetalent, brachte es aber nur selten zustande, eine Abfahrt ohne Fehler zu beenden. Sein Durchbruch gelang schließlich Ende vergangenen Jahres, als er die prestigeträchtige Abfahrt am Lauberhorn im Schweizer Wengen gewann. In Anlehnung an diese Strecke wurde das Zeitrennen nach Formentor vom Swiss Ski-Team übrigens „Wengen uphill" genannt.

Für Marcel Iseli von Bicycle Holiday Max Hürzeler sind Wintersporter auf Mallorca übrigens keine seltenen Vögel. „Seit Jahren kommen Ski-, Rodel- oder gar Eisschnelllaufteams auf die Insel, um einen Trainingsurlaub bei uns zu buchen", so der Schweizer. Die Rahmenbedingungen seien ideal. Es gehe halt auch ohne Schnee und Eis.

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