Würden spanische Erstligaclubs ein Unternehmen bilden, müssten sie nach einer Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney in den nächsten zwei Jahren Bankrott anmelden. Die Beratungsfirma hat die europäischen Top-Ligen auf Wirtschaftlichkeit, sportlichen Erfolg sowie soziale und ökologische Verantwortung untersucht. Die Bundesliga landet klar auf Platz eins. Spaniens Primera División wird Vorletzter. Die MZ sprach über die Ergebnisse mit Dr. Jürgen Rothenbücher, Studienleiter und A.T. Kearney-Partner in München.

Warum hat die spanische Liga so schlecht abgeschnitten?

Weil die Vereine keine strengen wirtschaftlichen Kriterien erfüllen müssen wie zum Beispiel in Deutschland. Für die Bundesliga werden nur Vereine zugelassen, die finanziell stabil sind und keine großen Verluste machen. Auch das Eigenkapital wird überprüft. Zudem werden TV-Rechte in Spanien nicht kollektiv eingekauft. Deshalb verdienen einige Clubs sehr gut und andere sehr wenig.

Was läuft denn gut?

Spanische Erstligaclubs sind international sehr erfolgreich. In der Kategorie „Sport" belegen sie hinter England Platz zwei. Ansonsten gibt es überall Verbesserungsbedarf.

Was müsste in der Primera División getan werden?

Die Medienrechte gemeinsam vermarkten und die Erlöse besser verteilen. Außerdem müssen in den Vorständen der Clubs mehr kaufmännische Geschäftsführer sitzen, die den notwendigen Sachverstand mitbringen. Die Vereine brauchen mehr Eigenkapital, um unabhängiger zu werden. Sie müssen einfach profitabler werden.

Dieses Jahr haben die Vereine weniger Geld für neue Spieler ausgegeben. Ist das der richtige Schritt?

Ja, ein gewisses Umdenken hat stattgefunden. Das ist wichtig, denn sonst fährt ein Verein nach dem anderen gegen die Wand. Auch haben sie mehr Spieler ver-kauft als sonst. Das Problem dabei: Die Vereine bekommen weniger, weil es ihnen schlechter geht als früher und alle anderen Clubs weniger Geld zum Mitbieten haben – der Wettbewerb ist schwächer.

Geldnot hat auch Real Mallorca. Deswegen darf die Mannschaft nicht in der Europa-Liga spielen. Ist das gerecht?

Da ich die Details nicht kenne, möchte ich das nicht kommentieren. Aber grundsätzlich hat im Wirtschaftsleben ein Insolvenzverfahren auch eine gute Seite: Wenn es abgeschlossen ist, kann von vorne begonnen werden – ohne Schulden. Das ist praktisch. Allerdings könnten Geschäftspartner in Zukunft vorsichtiger sein und im Fall einer Bank zum Beispiel nicht so schnell einen Kredit gewähren.

Viele schimpfen über die Uefa, weil sie Vereine zulässt, die genauso hoch oder höher verschuldet sind als Real Mallorca.

Ich rate dazu, immer das Gesamtbild zu sehen. Auf der einen Seite stehen Schulden, auf der anderen Seite können jedoch auch Sicherheiten stehen, wie beispielsweise Spitzenspieler oder wertvolle Trainingsanlagen und andere

Immobilien.

Hintergrund: Die spanische Profi-Liga im Vergleich

Von den Top-Ligen in Europa schneidet Spaniens Profi-Liga fast am schlechtesten ab. Nur der sportliche Erfolg rettet sie vor der roten Laterne des Tabellenletzten. Grund sind die zahlreichen Erfolge spanischer Clubs bei internationalen Wettbewerben, nur Englands Mannschaften sind noch erfolgreicher. Schlusslicht ist die Primera División in puncto Finanzen. Verantwortlich dafür: hohe Spielergehälter und Transferkosten. In der abgelaufenen Saison steht unter dem Strich ein Minus von 257 Millionen Euro – einsame Spitze in Europa. Auch im Bereich „Soziale Verantwortung" sieht es schlecht aus. Ausgewertet wurden Zuschauerzahlen, die Fairness der Spieler, die Zahl der Vereinsmitglieder und soziale Projekte. Schließlich das ökologische Engagement: Es gibt nur wenige Vorzeigeprojekte. Die meisten Clubs engagieren sich überhaupt nicht für die Umwelt.

In der Printausgabe vom 26. August (Nummer 538) lesen Sie außerdem:

- Fußball I: Zum Saisonauftakt trifft Real Mallorca auf Madrid

- Fußball II: Die Meisterfrage in der Primera División

- Golf: Wie der Panikrocker an die Wand im Clubhaus kommt

- Wasserwelten: Wo Bootsdiesel in Strömen fließt

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