Rache ist ein Wort, das Chori Castro nicht gerne in den Mund nimmt. Stattdessen führt er in ruhigem Ton aus, dass man am Samstag in Villarreal einfach darauf erpicht sei, dem Gegner drei Punkte abzunehmen. Nicht mehr, nicht weniger. Dass ­Villarreal Anfang der Saison dafür sorgte, dass der Inselclub um die verdiente Teilnahme am Europapokal kam, will der 26-Jährige nicht mehr zum Thema machen. „Wir leben im Hier und Jetzt und müssen sehen, dass wir ausreichend Punkte für den Klassenerhalt zusammenbekommen", sagt der Uruguayer.

Castro stammt aus Trinidad, der kleinen Hauptstadt der Provinz Flores, wo die Menschen hauptsächlich von der Landwirtschaft leben. Viele bekannte Persönlichkeiten hat der Ort nicht hervorgebracht. Außer dem Fußballer gibt es noch Venancio Flores, einen ehemaligen Militär, der es im 19. Jahrhundert kurzzeitig zum Präsidenten des Landes brachte. Kein Wunder, dass die Menschen in Trinidad mächtig stolz sind auf den Fußballer, der den Sprung in eine europäische Topliga geschafft hat.

Auch wenn Castro vor einem Wechsel zu Real Mallorca im Jahr 2007 mit dem Club Nacional in Montevideo bereits zweimal die uruguayische Meisterschaft gewonnen hatte, war der Neustart auf der Insel „nicht ganz ohne". Im fußballverrückten Uruguay herrsche eine andere Kultur in Sachen Fußball. Im Gegensatz zu Spanien, wo man den Trainer ehrfurchtsvoll mister nennt und die Spieler eher eine Chef-Angestellten-Beziehung pflegen, sei man in Uruguay auch schon einmal mit dem Coach auf eine copa ausgegangen. Zu den Anpassungsproblemen kam eine Verletzung, die ihn damals, 2007, gleich zu Beginn für drei Monate außer Gefecht setzte.

Im vergangenen Jahr dann gelang ihm der Durchbruch. Mit sechs Treffern zählte er zu den erfolgreichsten Torschützen. Für Mallorcas damaligen Coach Gregorio Manzano wurde er zum unverzichtbaren Stammspieler. Zum Saisonende wurde er sogar mit dem FC Barcelona in Verbindung gebracht. Doch daraus wurde letztendlich genauso wenig wie aus der Teilnahme an der WM, die er nur vom Fernseher aus verfolgen konnte. Er sah die Spiele in Uruguay als ein ganz normaler Fan. „Wir haben tierischen Spaß gehabt", sagt er und verhehlt nicht seinen Stolz auf die Leistung seines Landes. Drei Millionen Einwohner, zwei WM-Titel und dann dieses Auftreten der selección bei der WM in Südafrika – das gebe doch was her. Und er sei auch nicht mehr traurig, nicht mit dabei gewesen zu sein. Chori Castro ist eine Frohnatur und ist wohl auch deshalb so beliebt im Team von Real Mallorca.

Wobei es möglich ist, dass er in der Winterpause die Insel verlässt. Von allen Spielern des Inselclubs hat er die wohl besten Aussichten, von einem anderen, größeren Club abgeworben zu werden. Real Mallorca braucht das Geld. Castros Traum, in einem europäischen Wettbewerb zu spielen, könnte so doch noch wahr werden.