Der indonesische Trainer trillert um neun Uhr in der Früh aufgeregt am Beckenrand. Er stoppt die Zeiten seiner Schützlinge beim Warmschwimmen, die rote Pfeife hält er fest zwischen den Lippen.

27 Mannschaften aus der ganzen Welt sind am vergangenen Wochenende nach Mallorca gekommen, um an der Copa del Mundo CMAS in Portocolom (Langstrecke) und in der Olympiaschwimmhalle Son Hugo in Palma (Sprintstrecke) teilzunehmen.

In der Bahn nebenan trainieren die Italiener, ihr Mannschaftsführer guckt noch etwas verschlafen ins Becken. Vor ihm gleitet eine zierliche Frau zügig durchs Wasser, das Ende ihres Schnorchels taucht nur ab und zu auf. Harmonisch laufen wellenförmige Bewegungen durch ihren muskulösen Körper, wie ferngesteuert erreicht sie das Ende der Bahn, dreht mit einer eleganten Wende unter Wasser. „Frauen lernen Finswimming schneller als Männer", sagt Valter Mazzei. „Es entspricht eher ihren Bewegungsabläufen." Dass der Trainer der italienischen Monoflossen-Nationalmannschaft den Urkörper der Frau als dynamischen, kurvigen Bewegungsapparat beschreibt, ist – molto italiano.

Tatsächlich geht so viel Körperbeherrschung ein jahrelanges Training voraus. Angelehnt an die Schwimmweise der Delfine, schwimmen Finswimmer mit einer einzigen Flosse für beide Füße. Diese Monoflosse ist eine den Delfinen und Walen nachempfundene Flosse, die dem Körper eine bis zu 15-mal größere Vortriebsfläche verleiht als die Füße. Daher gehört Finswimming zur schnellsten Fortbewegungsart des Menschen im Wasser, Finswimmer erreichen Geschwindigkeiten von über drei Meter pro Sekunde auf den Sprintdisziplinen (50 Meter). Das Flossenblatt besteht aus glasfaser- oder kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff. Die Bewegung erfolgt durch eine wiederholte schlagende Wellenbewegung von den Armen bis in die Flossenspitze. Das bedeutet einen hohen Kraftaufwand des Rumpfes und der Beine, um die große Vortriebsfläche der Monoflosse rhythmisch und schnell zu bewegen.

„Wer wettkampfmäßig an der Weltspitze mitschwimmen will, trainiert sieben bis acht Jahre", sagt Valter Mazzei, „jeden Tag drei bis vier Stunden, zwei Einheiten im Wasser, eine im Gym." Sein Schützling Stefano Figini (23), der Ende Juli seinen Weltmeisterschaftstitel in Ungarn verteidigen wird, begann bereits als Kind mit dem Training. Geschwommen wird zunächst ohne Flossen. Um die richtige Technik der Delfinbewegung zu lernen, schwimmt man anschließend mit zwei Flossen. Erst wenn man darin sehr gut ist, steigt man auf die Monoflosse um.

Auch Susana Rojo gehört zu den Veteranen unter den Finswimmern, wie sie sagt. Die Mallorquinerin aus Porreres nahm mit sechs Jahren zum ersten Mal an ganz normalem Schwimmunterricht teil. „In der Bahn nebenan trainierten damals Kinder mit Flossen und Taucherbrille, das wollte ich auch", erinnert sich die 27-jährige Touristikfachfrau, die mal ein halbes Ausbildungsjahr in Freiburg absolvierte. So kam sie zum Finswimming und ist momentan spanischer Champion auf der 800-Meter-Langstrecke.

Im Wettkampf unterscheidet man zwei grundlegende Disziplinen: Unter Wasser im Apnoeverhalten (Luft anhalten) werden 50 Meter als die schnellste Disziplin zurückgelegt. Das Streckentauchen über 100 Meter, 400 Meter und 800 Meter absolvieren Finswimmer mit möglichst kleinen und leichten Pressluftflaschen, die sie vor den Körper in den gestreckten Armen halten. Diese Disziplin verlangt ein hohes Koordinationsvermögen im Umgang mit den Drucklufttauchgeräten und der Monoflosse, vor allem am Start und der Wende.

„Die Langstrecke unter Wasser liegt mir am meisten", sagt Susana Rojo. „Man fühlt sich tatsächlich ein wenig wie ein Delfin, die Schnelligkeit kommt aus den Beinen." Sie trainiert fünf Mal die Woche, jeden Morgen, bevor sie zur Arbeit geht. „Ich stehe um halb sieben auf, um acht Uhr bin ich im Wasser. Und um zehn Uhr in der Arbeit. Samstags finden die Wettkämpfe statt."

Sie entschuldigt sich, um sich auf den Start der 400-Meter-Strecke vorzubereiten. Noch fünf Minuten bis zum Anpfiff. Mit ihr konkurrieren eine Russin und eine Italienerin. Die Frauen setzen sich auf die Startblöcke, machen sich ganz klein, ziehen die Knie ans Kinn. Die Pressluftflasche ruht zwischen Gesäß und Füßen. Auf Kommando greifen die Schwimmerinnen nach den Pressluftflaschen, strecken langsam die Beine durch. Fünf Badekappen-Köpfe schauen Richtung Wasser, die großen Flossen wippen leicht überm Beckenrand.

Konzentration, Pfiff, man hört ein leises Aufplatschen der Flossen beim Eintauchen. Dann ist es still. Die Frauen sind verschwunden. Die Aufmerksamkeit der Zuschauer richtet sich wieder auf Handys, den Sitznachbarn, den Strohhalm, der in einem Becher Cola steckt. Erst jetzt wird klar: Finswimming ist ein lautloser und fast unsichtbarer Sport. Nach drei Minuten, 29 Sekunden und 94 Millisekunden taucht die erste Schwimmerin wieder auf, schlägt am Beckenrand an. Der Trainer nimmt ihr die Pressluftflasche ab. Sie zieht sich langsam aus dem Wasser, schwingt die Beine über den Beckenrand. Erschöpft lässt sie den Kopf auf die Knie sinken. In ihrem hautengen nass schimmernden Schwimmanzug und der großen Flosse an den Füßen erinnert sie tatsächlich für einen Moment an einen Delfin. Die Zuschauer sind wieder aufmerksam. Es ist die Russin.

In der Printausgabe vom 26. Mai (Nummer 577) lesen Sie außerdem:

- Fußball: Davongekommen - Herzschlagfinale für Real Mallorca

- Grundlagen schaffen: Schweizer Ski-Nationalteam im Trainingslager

- Golf: Reifeprüfung in Son Vida

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