Conchi „Amancio“ - dieser von den Medien geprägte Spitzname zeugt von Respekt gegenüber den Fußballkünsten von Concepción Sánchez Freire. Pate stand die Real-Madrid-Legende Amancio Amaro Varela. Gebracht hat ihr das nicht viel, eine einzigartige Karriere im ­Frauenfußball hat sie trotzdem hingelegt.

Ihre Geschichte beginnt in ­Madrid. 1957 geboren, wächst sie in den 60er Jahren mit dem Ball auf. „Es hat mir immer Spaß gemacht, Fußball zu spielen. Mit fünf Jahren habe ich schon mit anderen Kindern und meinem Vater gekickt“, erzählt sie. Fußball sei eben einfach gewesen, man brauchte dafür keine teure Ausrüstung wie beispielsweise beim Tennis. Das hätten sich Conchis Eltern auch nicht leisten können. Das Mädchen wuchs in einer Arbeiterfamilie auf.

Schnell merkte sie, dass sie rasante Fortschritte machte und bald auch die größeren Jungs schwindelig dribbelte. „Natürlich gab es zu meiner Zeit so gut wie keine Mädchen, die Fußball spielten. Da musste ich eben gegen die Jungen spielen. Aber das war eine gute Übung.“ Manchmal spielte sie einfach in der Jungenmannschaft mit, bei einem Turnier in der Siedlung ging sie glatt als Bub durch. „Ich musste mich nicht einmal verkleiden. Es rechnete einfach niemand mit einem Mädchen.“

Immer wieder gab es aber Momente, in denen die junge Conchi schmerzhaft vor Augen geführt bekam, dass sie eben doch kein Junge war. „Freunde meines Vaters sagten zu ihm: ,Wenn die Conchi ein Junge wäre, würde sie bald Millionen verdienen und ihr wärt reich. Aber sie ist ja nur ein Mädchen‘.“

Das tat weh, spornte sie aber an, ihren Traum zu verwirklichen: professionell Fußball zu spielen und damit den Lebensunterhalt verdienen. Ein in jener Zeit kaum vorstellbares Unterfangen. Entdeckt wurde sie auf dem Bolzplatz ihres Viertels, sie hatte gerade ihren 12. Geburtstag gefeiert. Für das erste Frauenfußballmatch der Geschichte Spaniens wurden Spielerinnen gesucht, und als die Späher Conchi sahen, war ihnen sofort klar, dass das junge Mädchen mit den schwarzen Haaren dabei sein musste. „Ich habe damals technisch schon sehr viel drauf gehabt und alle anderen ausgespielt“, sagt Sánchez.

Am 8. Dezember 1970 war es so weit: Das erste Frauenfußball-Spiel in der Geschichte Spaniens sollte in einem Vorort von Madrid stattfinden. Conchi, gerade mal 13 Jahre alt, kaufte ein paar Tage zuvor mit ihren Eltern an der Puerta del Sol ihr erstes Paar Fußballschuhe und stellte diese in der Nacht vor der Begegnung an ihr Bett. „Schlafen konnte ich sowieso nicht. Da habe ich eben die ganze Nacht die Schuhe und meinen Trainingsanzug angeschaut.“ Unausgeschlafen und vor einer für damalige Verhältnisse unfassbaren Kulisse von etwa 7.000 Zuschauern gewann Conchi mit ihrer Mannschaft mit 5:1. Alle fünf Tore schoss die 13-Jährige. Spätestens damit war klar, dass sie ein besonderes Talent war.

Und der Frauenfußball in Spanien war somit geboren. Zu Beginn glich er einem Lauffeuer, 300 Mannschaften bildeten sich innerhalb von drei Jahren, „in Zeiten von Franco eine echte Revolution. Wir haben viele Tabus gebrochen“, erzählt Sánchez, die 1973 mit gerade mal 15 Jahren zum italienischen Verein Gamma 3 Padua wechselte. Sie lebte dort in der Familie des Trainers und verdiente von da an ihr Geld mit dem Fußball.

Später wechselte die Stürmerin unter anderem nach Neapel und zu Lazio Rom. Nach einer Verletzung zog es sie zu Arsenal London, wo sie noch eine Saison spielte und 1999 ihre Karriere beendete. Seitdem arbeitet sie in England als Therapeutin und Sprachenlehrerin. Sie sagt: „England ist unglaublich weit im Frauenfußball, ähnlich wie Deutschland. Spanien kann noch sehr viel lernen.“ Sie würde gerne in Spanien für den Frauenfußball arbeiten, aber bisher ist niemand auf sie zugegangen und hat sie gefragt. „Ich könnte so viel bewegen mit meiner Erfahrung und meinen Kontakten“, ist sie überzeugt. Gleichzeitig klingt sie resigniert. „In Spanien sitzen seit Jahrzehnten die gleichen Leute an den wichtigen Positionen im Fußball. Da gibt es keine neuen Ideen, keine Visionen. So kann sich der Frauenfußball nicht entwickeln.“

Völlig unverständlich ist für sie, dass die spanische Nationalmannschaft seit knapp einem Jahr keine einzige Begegnung mehr bestritten hat, nicht einmal ein Freundschaftsspiel. „Die Mädchen tun einem ja richtig leid.“ Bezeichnend sei auch, dass alle guten spanischen Spielerinnen im Ausland unter Vertrag stehen. In dem doch ansonsten so fußballbegeisterten Land ist 40 Jahre nach jenem ersten Match am 8. Dezember 1970 eine Karriere wie die von Conchi „Amancio“ immer noch schwer vorstellbar.

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