Beim 8. Tui-Marathon in Palma gibt es am 16. Oktober ein Novum: Erstmals wird mit Achim Aretz ein Rückwärtsläufer beim Wettbewerb über zehn Kilometer teilnehmen. Der 27-jährige Geographie-Doktorand ist momentan der schnellste Rückwärtsläufer der Welt. Er hält im Retrorunning, wie der Fachbegriff lautet, die Bestzeiten über alle Langstrecken. Im wirklichen Leben erforscht er gerade die Eignung des Gesteins im nördlichen Oberrheingraben zur Energiegewinnung. An der Technischen Universität Darmstadt verbringt er deshalb die Tage im Labor. Am 16. Oktober können die Zuschauer in Palma Aretz und seinen Kollegen Thomas Dold in Aktion sehen, wenn die beiden eine 10.000-Meter-Staffel gegen zwei Prominente des Fernsehsenders RTL laufen. Die TV-Sternchen Jürgen Milski („Big Brother") und Indira Weis („Dschungelcamp") werden versuchen, vorwärts schneller zu sein als die beiden Profis. Die Mallorca Zeitung sprach vorab mit Achim Aretz.

Wird das Rückwärtslaufen eine neue Trendsportart?

Das ist kein neuer Sport. Schon 1826 gab es in China Rückwärtsläufer, und seit Jahren werden

eigene Weltmeisterschaften veranstaltet. Viele Vorwärtsläufer trainieren auch gerne mal rückwärts, komplette Rückwärtsläufer gibt es auf der Welt allerdings nicht so viele.

Dann ist es wahrscheinlich nicht schwer, in einer solchen Sportart den Weltrekord zu halten?

Natürlich ist es nicht so schwierig wie bei einem Vorwärtsläufer. Aber es gibt auch in unserem Sport eine harte Konkurrenz.

Wie kamen Sie auf die Idee, rückwärts zu laufen?

Das war nach einer Party im fünften Semester in Münster. Es war ein langer Abend, und getrunken haben wir auch etwas. Am nächsten Morgen war ich mit einem Freund zum Joggen verabredet. Durch die Nachwirkungen der Nacht war ich dann so langsam, dass mein Begleiter sich umgedreht hat und rückwärts gelaufen ist. Damit war er immer noch so schnell wie ich vorwärts. Wir fanden das lustig und haben uns dann zum Rückwärtslaufen verabredet. Jedes Mal ein bisschen mehr. Irgendwann habe ich dann die Listen mit den Weltrekorden studiert und gedacht: Mit denen können wir es ja aufnehmen.

Ist es denn nicht ungesund, rückwärts zu laufen?

Nein, denn das Rückwärtslaufen schont die Gelenke. Beim Vorwärtslaufen wird das Knie sehr in Mitleidenschaft gezogen. Ein Vorteil ist auch, dass man durch das Rückwärtslaufen das Knie rundum trainiert und Muskeln entwickelt, die man vorher gar nicht gekannt hat. Das hilft dann auch dabei, schneller vorwärts zu laufen.

Was für ein Gefühl haben Sie beim Rückwärtslaufen?

Die ohnehin schon befreiende Wirkung des Laufens wird beim Retrorunning noch verstärkt. Man kann sich völlig fallen lassen. Nicht umsonst laufen zwölf Millionen Chinesen aus Meditationsgründen im Alltag rückwärts.

Laufen Sie im Alltag auch rückwärts?

Nein, das könnte ich mir nicht vorstellen. Auch wollte ich nicht rückwärts am Schreibtisch sitzen. Das wäre ziemlich albern.

Verwenden Sie bei großen Rennen einen Spiegel, um nicht mit den anderen Teilnehmern zusammenzustoßen?

Nein. Ein Spiegel würde nicht zu 100 Prozent die Strecke abdecken. Ich drehe einfach immer meinen Kopf. Das geht zwar ganz schön auf den Nacken, ist aber die beste Möglichkeit, Unfälle zu verhindern. Oft läuft auch ein Freund vor mir her, der mir dann Anweisungen gibt und den Wegverlauf erklärt. Normalerweise hilft man mir aber auch damit, dass man mich in der vordersten Reihe starten lässt. Dann werde ich zwar erst einmal von vielen überholt, aber das ist nicht so schlimm, als wenn ich überholen müsste.

Kann jeder rückwärts Langstrecken laufen?

Klar, im Prinzip kann das jeder machen. Es sind keine besonderen Voraussetzungen erforderlich. Ich frage mich sowieso, warum das nicht viel mehr Leute machen. Immerhin gab es ja in den vergangenen Jahren so etwas wie einen kleinen Hype, und ich glaube, der hält noch etwas an.

Trotzdem: Werden Sie nicht manchmal schräg angeschaut, wenn sie so rückwärts an den Leuten vorbeirennen?

Ja, schon. Die Akzeptanz des Sports lässt noch ein bisschen zu wünschen übrig. Ich hoffe, dass ich mit meinen Erfolgen etwas zur Etablierung des Rückwärtslaufens beitragen kann.

Glauben Sie, Sie haben in Palma eine Chance gegen die vorwärts laufenden RTL-Promis?

Wenn alles normal läuft, sollten wir Rückwärtsläufer gewinnen. Ich habe keine Ahnung, wie Jürgen Milski läuft, aber ich freue mich schon sehr auf die Veranstaltung. Aber ein reiner Spaß soll es nicht sein: Ich möchte auf Mallorca auch eine gute Zeit laufen.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 29. September (Nummer 595) lesen Sie außerdem:

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