Mareike, Leif und Max haben eines gemeinsam: Sie fahren leidenschaftlich gerne Longboard. Die Jungs haben keine Angst vor Geschwindigkeit und brettern mit durchschnittlich 70 Kilometern pro Stunde hauptsächlich Bergstraßen hinunter. Downhill nennt sich das. Mareike hingegen bevorzugt die softere und künstlerische Variante des Longboardfahrens: Freeride.

Allergisch reagieren alle drei, wenn man ihren rollenden Untersatz als „großes Skateboard" verunglimpft, obwohl der Laie genau das sieht. Worin nun die großen Unterschiede liegen, erklärt Leif detailliert: „Das Brett ist länger und größer als ein Skateboard. Man ist damit viel viel schneller. Longboarden ist eine Art, sich fortzubewegen. Wenn man sich das vornehmen würde, könnte man ganz Mallorca damit durchqueren."

Der 18-jährige Deutsche fährt seit zweieinhalb Jahren aktiv Longboard, manchmal sieben Stunden pro Tag, und gehört zu den Profis. Er hat sogar einen eigenen Sponsor, den einzigen auf Longboards spezialisierten Laden der Balearen (Beyond 1976 in der Carrer Oms). Darüber hinaus ist er einer der Administratoren der Facebook-Gruppe „Longboard Mallorca", die schon über 700 Mitglieder zählt.

Vor kurzem nahm er an einem Longboard-Turnier der WM-Serie in Südafrika teil. Dort hat er auch seinen persönlichen Geschwindigkeitsrekord aufgestellt: 97 Stundenkilometer. Im Moment steht er auf Platz 73 der Weltrangliste. „Ich würde gerne unter die Top 20 kommen, wenn das möglich ist. Mal sehen, ob mein Studium es erlaubt."

Nach einem erfolgreichen Abiturabschluss macht er gerade ein Gap Year, bevor er ab September in den USA Tontechnik und Musikproduktion studieren wird. Für dieses Jahr hat er sich vorgenommen, alle WM-Turniere in Europa mitzumachen.

Dazu muss er jedoch üben, üben, üben … Leider funkt ihm die Polizei seit einem halben Jahr dabei immer wieder dazwischen. Durch Videos, die Leif und seine Kumpels in YouTube stellen, kommen ihnen die Beamten auf die Spur. „Wir bekommen von den Polizisten oft Verwarnungen oder sie drohen uns mit Geldstrafen oder damit, uns die Bretter wegzunehmen."

Leif zufolge gibt es kein Gesetz, das Longboardfahren, insbesondere Downhill, verbietet und auch keines, das es erlaubt. Tatsächlich haben die Recherchen der MZ bei verschiedenen Behörden, von der Verkehrspolizei bis hin zum Städtischen Sportbüro in Palma, keine klare und schon gar keine verbindliche Antwort auf die Frage ergeben, inwieweit und wo Longboarden erlaubt oder verboten wäre.

„Ich würde nicht sagen, dass die Polizei unser Feind ist. Nur sehen sie uns leider als Gefahr für den Straßenverkehr." Dagegen führt Leif den Vergleich mit Radrennfahrern an: „Wenn man nur bei offiziellen Turnieren fahren darf, wo soll man dann üben? Das wäre, als ob ein Radprofi nur bei der Tour de France fahren dürfte. Die Radrennfahrer sind auf denselben Straßen und mit etwa der gleichen Geschwindigkeit unterwegs wie wir." Und meint auch, dass er mit dem Longboard schneller zum Stillstand käme als ein Radfahrer. Wegen der unklaren gesetzlichen Situation wechseln Leif und seine Freunde ständig die Straßen und fahren auf gut beleuchteten Wegen oft auch nachts.

Neben dem Gesetzesvakuum haben alle Longboarder dieselben Feinde: Schlaglöcher und herumliegende Objekte. Gegen Stürze schützen sie sich mit Helm, Knieschonern und Handschuhen mit Plastik-Platten. Auf den WM-Turnieren trägt Leif außerdem einen Lederanzug. Bei Höchstgeschwindigkeiten wird zunächst durch sogenanntes Windbreaking, das durch Aufstehen vor den Kurven erreicht wird, gebremst. Bei niedrigerem Tempo wird die Geschwindigkeit entweder durch das Bremsen mit den Füßen oder durch Driften erreicht – dabei macht man ähnlich wie beim Snowboardfahren eine plötzliche Kurve. Die Hand am Boden dient dabei als Abstützpunkt.

Kein Tempo, sondern gute Figur will Mareike machen. Die 26-jährige Deutsche ist eines der wenigen Mädels, die aktiv auf der Insel longboarden. Um auf Mallorca Gleichgesinnte zu finden, hat sie die Facebook-Gruppe „Girls on Longboards" gegründet. Sie kennt alle 45 Mitglieder persönlich – und nicht alle sind Girls: Der Clique schließen sich auch Männer an, die noch nicht mit den „Großen" mithalten können. „Männer fahren anders als Frauen – kamikazemäßiger", erklärt Mareike.

An den von Mareike organisierten Treffen nehmen hauptsächlich Spanier teil. Anfangs hat sie sich oft darüber geärgert, dass die manchmal Stunden zu spät oder gar nicht kommen, aber mittlerweile hat sie sich damit abgefunden. „Es läuft alles noch etwas schleppend. Heute zum Beispiel wollen wir uns treffen. Die Betonung liegt auf wollen", sagt sie achselzuckend.

Vor allem am Wochenende rollt die ganze Gruppe gemeinsam – oft vom Paseo Marítimo aus in Richtung Arenal. Auch unter der Woche, auf dem Weg zu ihrer Arbeit am Borne in Palma, steigt Mareike, die mit dem Bus aus Calvià kommt, bereits an der Uferpromenade aus, damit sie vorher noch ein bisschen Longboardfahren kann.

Seit kurzem arbeitet sie nicht mehr nur halbtags in einer Filmproduktionsfirma, sondern ist dabei, sich mit einer Longboarddesign-Firma namens „Fatablas" (Wortspiel fatal) selbstständig zu machen. In der Werkstatt eines bekannten Tischlers bearbeitet sie schon die ersten Aufträge. „Im Moment nur die von Freunden, doch so fängt´s ja immer an."

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 26. Januar (Nummer 612) lesen Sie außerdem:

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