Bei den Saloms flippt so schnell niemand vor Begeisterung aus. Obwohl das momentan bekannteste Familienmitglied Luis (21) am Sonntag (7.4.) mit einer beeindruckenden Willenskraft das Saisonauftaktrennen in der Moto3-­Klasse in Katar gewonnen und damit die mallorquinische Glückseligkeit komplett gemacht hat - Jorge Lorenzo siegte in der MotoGP-Klasse -, bleibt seine Familie stoisch. Große Reden schwingen gehört offenbar nicht zu den Stärken der Familie Salom. Auch nicht zu denen des Red Bull KTM-Piloten. Hier ist eher Arbeiten angesagt.

Den Saloms gehört ein inselweit bekannter Motorrad-Laden in der Carrer de Tomàs Forteza zwischen den Avenidas und dem Polígono de Levante. Gegründet hat ihn Großvater Toni in den frühen 60er Jahren. Noch heute zieht er die Fäden und zeigt stolz die aktuelle Lieferung von 28 Paketen mit Ersatzteilen für Yamaha-Motorräder. Das ist das Tages­geschäft.

Die Erfolge von Luis werden als Zugabe betrachtet. Natürlich mache ihn die Leistung seines Enkels glücklich, erklärt der Groß­vater dann. Wie er in Losail in der letzten Runde alles gegeben habe und keinen Zweifel am Sieg habe aufkommen lassen, das habe schon etwas von einem ganz Großen gehabt.

„Das ist seine Stärke. Auf den letzten Metern darf man ihn nie abschreiben", sagt Toni Salom, der selbst in den 50er Jahren einer der erfolgreichsten mallorquinischen Motorradpiloten war.

Er war es auch, der den kleinen Luis im Alter von vier Jahren auf sein erstes Motorrad mit Stützrädern setzte und in ihm die Zweirad-Begeisterung entfachte. Seither fuhr der Junge erfolgreich durch alle Klassen, bis er im vergangenen Jahr mit dem Team RW Racing in der Moto3-Weltmeisterschaft den zweiten Platz belegte. Nun gilt er als einer der ganz heißen Anwärter auf den Weltmeistertitel.

Red Bull KTM Ajo ist finanzstärker als sein vorheriges Team. Es könne sein, dass Luis dadurch bessere Titelchancen habe, sagt sein Vater, der ebenfalls Luis heißt. Luis senior schiebt gerade ein schweres Motorrad in die Werkstatt, in der auch er arbeitet. Bei den Saloms wird verkauft und repariert. Luis junior ist schon in Windeln zwischen den Maschinen herumgekrabbelt. „Deshalb ist es für viele eine Selbstverständlichkeit, dass er jetzt solche Erfolge feiert. Aber das ist es keineswegs", sagt sein Vater. „Er musste Opfer dafür bringen, trainiert jeden Tag hart und fliegt ständig in der Weltgeschichte herum."

Von seiner Familie bekommt er die nötige Bodenhaftung, dafür sorgt der ausgeglichen wirkende Vater. Seine Mutter begleitet ihren Sohn quer über den Globus von Rennen zu Rennen. „Der Junge muss auf dem Teppich bleiben. Das ist das Wichtigste", sagt der Vater. Und es sieht nicht so aus, als ob der Sohn abzuheben droht. Er kommt nach den Rennen sofort wieder nach Hause zu seinen Eltern in das Häuschen in einem Vorort von Palma und hat die gleichen Freunde wie früher. Darin erinnert er ein wenig an den ebenso bodenständigen, wenngleich noch viel erfolgreicheren Tennis-Star Rafael Nadal.

Aus Sicht des Vaters geht sein Sohn einer regulären Arbeit nach. „Er geht früh aus dem Haus zum Training im Fitness-Studio. Zweimal die Woche fährt er mit einer kleineren Maschine auf dem Kurs der RennArena in Llucmajor." Er, der Vater, habe nie Motorradrennfahrer werden wollen. „Dafür braucht man eine gewisse Leidenschaft. Die bringt Luis mit, aber die kann man sich weder antrainieren noch lernen." Seit seiner Kindheit habe Luis diese Leidenschaft in sich gehabt. Deswegen hätten die Eltern auch nie versucht, ihm seinen Berufswunsch Rennfahrer auszureden.

Luis senior sagt das alles relativ ungerührt und erzählt dann, dass die Medien ihn ständig an­rufen. Aber auch das störe ihn nicht. Das sei eben normal in einer solchen Situation. Auch möchte er sich nicht dem regelmäßigen Politiker-Bashing der restlichen Motorsport-Welt auf den Balearen anschließen. Chicho Lorenzo, der Vater des zweifachen MotoGP-Weltmeisters Jorge Lorenzo, schimpft bei jeder Gelegenheit über die Unfähigkeit der Balearen-­Regierung, dem auf Mallorca so erfolgreichen Motorsport endlich eine angemessene Rennpiste zu bauen. Luis Salom sagt nur: „Klar wäre es schön, aber die anderen Fahrer haben so einen Kurs auch nicht vor der Haustür."

In der Familie Salom werden halt eher die leisen Töne angeschlagen. Der Erfolg ist bei Weitem nicht so strikt durchgeplant wie bei den Lorenzos.

Trotzdem: Bislang macht Jorge Lorenzo auf dem Motorrad natürlich noch niemand etwas vor. Bis es Luis mit ihm auf­nehmen kann, ist es noch eine Weile hin. Dafür muss er erst einmal in der MotoGP-Klasse antreten. Aber der Doppelsieg der beiden Mallorquiner lässt die Erwartungen wachsen und wachsen. Auch wenn Großvater Salom bremst: „Vom Titel reden wir hier noch lange nicht. Aber wir wissen, dass Luis etwas kann." Plötzlich blitzt der Stolz doch kurz auf.

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