Dass das Wetter auf Mallorca in der vergangenen Woche so mies war, kam Timo Bracht ganz gelegen. Der amtierende Triathlon-­Europameister über die Langdistanz aus dem südhessischen Eberbach trainiert seit Mitte April auf der Insel und wird - wie im vergangenen Jahr - beim ­Olympischen Triathlon in Colònia de Sant Jordi am Samstag (4.5.) an den Start gehen. Es ist erst sein zweiter Wettkampf diese Saison.

„Die Urlauber haben eher in die Röhre geschaut als ich", erzählt er am Telefon, kurz nachdem er das Schwimmbecken in seinem Hotel in Can Picafort verlassen hat. „Ich konnte trotzdem ganz gut trainieren. Wetterbedingt bin ich mehr geschwommen, als dass ich auf dem Rad oder zu Fuß unterwegs gewesen wäre."

Und wenn Bracht, der für das Team Powerhorse startet, überhaupt eine Schwachstelle hat, dann ist die am ehesten im Wasser zu suchen. Auf dem Rad und beim Laufen ist ihm schwer beizukommen. Das hat sich auch bei den Organisatoren der Veranstaltung an der Südküste herumgesprochen, die froh über ein solches Aushänge­schild sind. „Timo ist auf jeden Fall in diesem Jahr wieder der Favorit, auch wenn das Niveau diesmal insgesamt ziemlich hoch ist", sagt Matthew Connor, Inhaber des Best Swim Centre und Mitorganisator des Triathlons. Etwa 400 Teilnehmer werden es diesmal mit dem Odenwälder aufnehmen, rund 340 davon aus dem Ausland. Neu sei, dass diesmal auch einige Russen im Starterfeld zu finden seien.

Noch ein Stückchen stärker als das Männerfeld schätzen die Organisatoren die Konkurrenz bei den Frauen ein. Ganz vorne dürfte auch diesmal die Vorjahres­siegerin Sofie Goos mitmischen. Die Belgierin hat schon zahlreiche weitere Triathlon- und Ironman-Rennen gewonnen. Eine ihrer stärksten Konkurrentinnen wird dabei wohl die US-Amerikanerin Heather Jackson sein, die 2008 den Ironman in Hawaii als Erste beendete.

Dass solche Weltklasse-­Athleten zu einem kleinen Triathlon an der Südküste Mallorcas kommen, ist nicht selbstverständlich.

Eine der Hauptgründe dürfte sein, dass sich die Veranstalter nach den Bedürfnissen der Athleten gerichtet haben. Der frühe Zeitpunkt im Jahr kombiniert mit einer kurzen ­Distanz stellt für viele Top-Sportler einen reizvollen Saisonauftakt dar - zumal sie an dem darauf­folgenden Wochenende auch beim Ironman 70.3 in Alcúdia teilnehmen können.

Timo Bracht ist dann schon wieder in Deutschland, aber auch er schätzt den sanften Einstieg: „Am Tag nach der Veranstaltung in Colònia de Sant Jordi kann ich schon wieder auf dem Rad sitzen und trainieren. Die zwei Stunden Anstrengung steckt der Körper gut weg." Für den Odenwälder gibt es aber noch einen zweiten Grund, an den Start zu gehen: „Dieser Triathlon hat mich so begeistert, weil er familiär und einfach gehalten ist." Bei manch anderem Rennen stehe inzwischen der Sport gar nicht mehr im Mittelpunkt, sondern eher das Rahmenprogramm. „Das ist hier anders. Die Lauf­strecke führt mitten durch den Ort, da sitzen die Leute im Café und feuern dich an. Das ist eine sehr schöne Atmosphäre." Die Familie des 37-Jährigen wird selbst am Straßenrand zu diesem Ambiente beitragen. Zudem hat Bracht acht Freunde aus dem Triathlon-Club seines Heimatortes Eberbach mitgebracht, die ebenfalls mitlaufen.

Sein Ziel ist - ganz klar - die Titelverteidigung, obwohl er einräumt, sich in diesem Jahr nicht ganz so fit zu fühlen wie im Vorjahr. Deshalb werde er, obwohl schon mehr als zehn Jahre im Geschäft, vor dem Start auch wieder etwas nervös sein. „Es gibt eben keinen Masterplan, wie man so ein Rennen angeht. Die Strategie entwickle ich, während ich auf der Strecke bin", sagt Bracht.

Beim Triathlon ginge es „um Ängste, Wünsche und Träume", sagt Bracht. Sein Wunschtraum in diesem Jahr: den Ironman in Hawaii gewinnen, die Mutter aller Triathlon-Veranstaltungen, bei der es ihm bisher noch nicht gelungen ist, auf dem Podium zu landen. Vielleicht kann er sich darauf auf den Straßen rund um Colònia de Sant Jordi schon einmal mental vorbereiten.

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