Die Frühjahrssaison ist vorbei, die Mallorca-Radsportler sind zurück in ihren Heimatländern im Norden und in der Mitte Europas. Auf der Insel ziehen die Radveranstalter ­Bilanz - zumindest bei einigen fällt sie positiv bis euphorisch aus. Von einer „sehr guten" Saison spricht Marcel Iseli, der Sportdirektor von Bicycle Holidays Max Hürzeler, dem größten Anbieter der Insel. Auch Xisco Lliteras, der Vizepräsident des balearischen Fahrrad-Verbandes ist hoch zufrieden. Er sagt sogar: „Ich habe mit sehr vielen Veranstaltern gesprochen. Alle haben mir gesagt, dass sie die Zahlen aus dem Vorjahr, das ein Rekordjahr war, gehalten oder gar übertroffen haben."

Auch Iseli nimmt das Wort ­Rekordjahr in den Mund. Etwa fünf Prozent mehr Radvermietungen seien zu verzeichnen gewesen. Der Schweizer war davon ausgegangen, dass es schwierig werden dürfte, das Niveau des hervorragenden Vorjahres noch einmal zu erreichen.

Allerdings hat Iseli eine leichte Saisonverschiebung der Rad­touristen bemerkt. Während es zur Mallorca Challenge Anfang Februar schon ungewöhnlich viele Radsportler auf die Insel gezogen hatte, kam dann eine etwa zweiwöchige Flaute. „März und April waren wieder sehr gut. Neu war diesmal, dass auch im Mai und sogar Anfang Juni die Auslastung noch sehr hoch war."

Bei einigen Anbietern im Südwesten der Insel hingegen kommt keine so rechte Jubelstimmung auf. „Das war keineswegs ein Rekordjahr, es lief eher schlechter als in den Vorjahren", lässt zum Beispiel Philipp Egli von Philipp´s Bike Team verlauten. Ähnlich äußert sich Harald Sandner von Rad International in Peguera. „Ich bin nicht begeistert", sagt er. Sandner macht für die durchwachsene Saison auch die kühle und feuchte Witterung verantwortlich. Rad International konnte zwar acht Prozent mehr Räder als im Vorjahr verleihen. Das liegt aber auch an der Neueröffnung eines dritten Shops, diesmal in Magaluf. Dort läuft das Geschäft nur zögerlich an. „In Magaluf dominiert stark der Spaßurlaub."

Nach wie vor unklar ist indes, wie viele Radsportler genau zwischen Februar und Juni auf der Insel ihre Runden drehen. Seit Jahren wird von über 100.000 Radsportlern pro Jahr gesprochen. Aber ob sich die Zahl nicht längst eher den 200.000 annähert, vermag niemand zu sagen, auch wenn Iseli es vermutet. Allein bei Bicycle Holidays Max Hürzeler haben sich im Frühjahr mehrere zehntausend Radfahrer ihr Sportgerät ausgeliehen. Die fehlenden Zahlen machen Xisco Lliteras wütend: „Das ist sehr ärgerlich für alle Beteiligten hier. Aber niemand fühlt sich für eine Erhebung der Zahlen zuständig."

Wie erwartet, sind in diesem Jahr deutlich mehr Zweiradfans aus England und Irland nach ­Mallorca gekommen, nur eben nicht nach Magaluf, sondern eher nach Pollença im Inselnorden. „Da hat uns natürlich Tour-Sieger Bradley Wiggins geholfen, der zum Training immer auf die Insel kommt", so Lliteras, der sich daneben über die positiven Nebeneffekte der radelnden Nord- und Mitteleuropäer auf Mallorca freut. Denn auch andere Branchen würden dadurch gestärkt. „In diesem Jahr haben viele neue Geschäfte mit Fahrrad-Zubehör auf der Insel eröffnet." Außerdem tragen die Radsportler dazu bei, dass inzwischen in Orten, die zuvor von den Urlaubern weitgehend links liegengelassen wurden, ebenfalls weitere Arbeitsplätze im Fremdenverkehr entstehen. Beispiele: Santa María oder Sineu.

Sauer aufgestoßen ist den Radverleihern in diesem Jahr die sprunghaft gestiegene Zahl der Diebstähle. Sandner und Iseli berichten von signifikanten Zunahmen. „Ich hatte in den beiden Vorjahren keinen einzigen Raddiebstahl, in diesem Jahr schon 14", berichtet etwa Sandner. Sechs Räder wurden ihm auf einen Schlag gestohlen, als Unbekannte einen Bus aufbrachen, in dem die Räder untergebracht waren. Iseli berichtet von 25 gestohlenen Rädern, „allerdings alle erst ab Anfang Mai". Beide Veranstalter vermuten hinter den Diebstählen organisierte Banden. Während Sandner der Polizei in Sachen Aufklärung Untätigkeit vorwirft, zeigt sich Iseli mit den Beamten nach anfänglichen Schwierigkeiten inzwischen zufrieden. „Wir haben bereits mehrere Räder zurückbekommen."

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