Mallorca-Herbst ohne Tui-­Marathon? Nach mittlerweile zehn Jahren Lauf-Happening ist das mittlerweile schwer vorstellbar. Doch nun steht fest: Die ­Jubiläumsausgabe am 20. Oktober wird die letzte sein. Zumindest in dieser Form. Die Tui AG hat sämtliche Sport-Sponsoring-Aktivitäten eingestellt. Ob die beliebte Laufveranstaltung dennoch weiterbestehen kann, ist fraglich.

Auslöser für diese Entscheidung ist die prekäre finanzielle Situation des Konzerns. Der neue Vorstandsvorsitzende Friedrich Joussen muss das Unternehmen wieder auf Kurs bringen und hat große Sanierungspläne. Sein sportaffiner Vorgänger Michael Frenzel hatte 2004 grünes Licht für das Sponsoring der Veranstaltung gegeben, der Lauf ist so etwas wie sein Baby.

Doch damals ging es Tui noch besser. Heute sehen die Zahlen dramatisch aus: Rund 100 Millionen ­Euro Miese stehen pro Jahr in den Geschäftsbüchern. Daraus sollen unter Joussens Führung innerhalb von zwei Jahren 100 Millionen Überschuss werden. Also wird auf allen Ebenen gespart: Am Hauptsitz in Hannover sollen rund 100 Stellen ge­strichen werden. Auch der firmeneigene Privatjet soll den Kürzungen zum Opfer fallen.

Und das gesamte Sportmarketing: So wird neben dem Engagement beim Marathon in Palma auch der gleichnamige Stadt­marathon in Hannover eingestellt - genauso wie das Trikotsponsoring des Fußball-Bundesligisten Hannover 96 nach der Saison 2013/14 sowie das ­Namenssponsoring der Tui-Arena, ebenfalls in Hannover.

Die Entscheidung sei Ende ­April/Anfang Mai gefallen, so Unternehmenssprecher Robin Zimmermann. In diesem Jahr bleibe aber noch einmal alles wie gehabt, versichert er gegenüber der MZ: „Die Tui erfüllt alle laufenden Verträge, die im Falle von Palma bis 2013 abgeschlossen waren."

Der Tui-Marathon ist seit Jahren die größte Laufveranstaltung auf Mallorca. Knapp 10.000 Teilnehmer gingen im vergangenen Oktober auf die verschiedenen ­Distanzen über 10, 21 und 42 Kilometer sowie bei den Kinder- und Nordic Walking-Läufen an den Start. Die meisten von ihnen kamen, häufig in Begleitung, aus Deutschland und Großbritannien. Zuletzt nahmen auch immer mehr Mallorquinern und Festland­spanier an dem Lauf teil.

Die Kosten waren wohl vergleichsweise hoch. Ein Insider spricht von einer Million Euro pro Ausgabe plus zwei Jahresgehältern für zwei für den Lauf verantwortliche Mitarbeiter. Zum Vergleich: Das Trikotsponsoring von Hannover 96 wird auf drei bis vier Millionen Euro für das ganze Jahr geschätzt.

Es gibt verschiedene Szenarien, wie es nach dem 20. Oktober 2013 mit der Veranstaltung weitergehen könnte. Tui-Sprecher Zimmermann betont, dass das Sponsoring-Aus durch die Tui AG nicht unbedingt das Aus des Tui-Marathons bedeuten muss. „Wir sind alle daran interessiert, dass es diese Veranstaltung auch in Zukunft gibt. Momentan ist unser Ziel, Partner zu finden, die den Lauf fortführen wollen. Die wollen wir dann dabei unterstützen."

Auch Tanja Sauerwein, die für die Pressearbeit des Marathons auf der Insel zuständig ist, glaubt daran, dass die Erfolgs­geschichte fortgeschrieben wird: „Der Lauf ist eine über Jahre hinweg gewachsene Veranstaltung. Die Akzeptanz auf der Insel ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen und für die Menschen in Palma war der Marathon schon eine richtige Institution."

Die Stadt Palma, die erst in den vergangenen Jahren größeres Interesse an der von A bis Z von Tui organisierten Veranstaltung zeigte, wirkt überrumpelt. Hier ist man noch ganz auf den Lauf im Oktober konzentriert: „Die Stadt arbeitet schon seit Monaten mit der Tui Hand in Hand, um diese Jubiläumsausgabe des Marathons zu organisieren", sagt der Zuständige, ­Fernando Gilet. An den Vorbereitungen würde sich auch die Tourismus-Stiftung Palma 365 beteiligen, die dann mit dem so gewonnen Know-how als Veranstalter im nächsten Jahr in Frage käme, so der Stadtrat.

Umfrage: Wie sollte es weitergehen?

Palma könne durchaus alleine eine solche Laufveranstaltung stemmen. „Wir organisieren schließlich Sportevents am laufenden Band", sagt Gilet. Das alles freilich unter der Maßgabe, dass es Sponsoren gibt. Denn eines stellt der Politiker der konservativen Volkspartei auch klar: „Die Stadt hat kein Geld, um den Lauf zu sponsern." Aber vielleicht ließen sich ja die Kosten herunterfahren. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass es die Veranstaltung weiterhin gibt, denn sie ist ein echtes Aushängeschild für Palma."

Tui-Sprecher Zimmermann schließt nicht aus, dass der ­Geschäftspartner Tui Travel als Reiseveranstalter den Lauf weiter fördern könnte. „Denn man sollte sich schon mal fragen, ob das Sponsoring eine Konzernzentrale machen sollte oder nicht vielleicht eher der Reiseveranstalter." Die Tui Travel plc ist ihrerseits eine eigenständige Holding mit Sitz in Großbritannien, an der die Tui AG etwa 54 Prozent hält. Doch ist es ein offenes Geheimnis, dass man sich zwischen der deutschen Konzern­mutter und der britischen Holding nicht ganz grün ist. „Da wird wahnsinnig viel intrigiert", sagt der Insider. Entstanden sei diese Konstruktion seinerzeit „aus dem Wahn heraus, der Größte sein zu wollen". Kurz zuvor hatten Neckermann Reisen und Thomas Cook fusioniert und drohten der Tui die Vormachtstellung auf dem weltweiten Reisemarkt abzunehmen.

Der Tui-Marathon war wohl auch Vorbild für den Mitbewerber Thomas Cook, der seit nunmehr drei Jahren in Alcúdia den Triathlon Ironman 70.3 organisiert. Auch diese Veranstaltung erfreut sich immer größerer Teilnehmerzahlen: Zuletzt waren es rund 3.000 Triathleten.

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