Der Baum brennt mal wieder: Von einer besinnlichen Weihnachtszeit kann bei Real Mallorca keine Rede sein. Das liegt weniger an der sportlichen Leistung, die sich nach zwei Siegen zuletzt stabilisiert zu haben scheint. Nein, in der Vorstands­etage kracht es mal wieder gewaltig. Und jetzt könnte die Stunde des deutschen Aktionärs Utz Claassen schlagen. Denn Llorenç Serra Ferrer, Hauptaktionär, sportlicher Leiter und Vizepräsident, hat sich mit dem Präsidenten Biel Cerdà auf den Tod verkracht. Das wäre an sich in diesem Club nicht weiter bemerkenswert, hätten nicht Serra Ferrer und Cerdà erst im Sommer einen Vertrag geschlossen, der sie auf Gedeih und Verderb aneinander bindet.

Cerdà war bis dato Serra Ferrers einzig verbliebener Verbündeter, nun steht er allein da. Auslöser des Streits der beiden Club-Bevollmächtigten war eine Enthüllung der MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca". Der Zeitung wurden detaillierte Infos zu sechs Treffen von Cerdà mit dem deutschen Aktionär Utz Claassen zugespielt. In diesen Verhandlungen, die zwischen dem 4. Juni und dem 24. Juli stattgefunden haben und von Claassens Umfeld ausdrücklich nicht dementiert werden, wollte Cerdà seinen Aktien­anteil an den Deutschen veräußern. Der Katalane besitzt zwar nur knapp 5,4 Prozent, ist damit aber derjenige, der Serra Ferrer bisher zur Mehrheit im Verwaltungsrat verholfen hatte. Serra Ferrer hält 49,7 Prozent und verfehlt somit knapp die absolute Mehrheit.

Cerdà wollte diese Machtposition bis zum Äußersten ausreizen und setzte Claassen die Pistole auf die Brust. Zu Beginn forderte er 300.000 Euro für sein Aktienpaket, für das er selbst vor drei Jahren 100.000 Euro gezahlt hatte. Darüber hinaus wollte er einen Posten im Club mit einem Jahresgehalt von 200.000 Euro (bei Aufstieg 350.000 Euro) und weitere finanzielle Vergünstigungen zugesichert bekommen. Der ehemalige

Manager von EnBW hätte all das noch akzeptiert. Doch in einem Punkt strapazierte Cerdà die Geduld des Deutschen über Gebühr: Er wollte all diese Zahlungen über einen Zeitraum von fünf Jahren zugesichert haben - selbst dann, wenn er den Club bereits nach kurzer Zeit verließe. Da stieg Claassen aus, die Verhandlung scheiterte.

Cerdà schlug sich wieder auf die Gegenseite und vereinbarte im Anschluss den sogenannten Konsozialvertrag mit Serra Ferrer. Dieser bindet die beiden bis 2020 aneinander. Keiner darf seine Anteile ohne die Zustimmung des anderen verkaufen, bei Wahlen müssen beide im gleichen Sinne abstimmen. Nach den Enthüllungen des „Diario de Mallorca" will Serra Ferrer nun nichts mehr von seinem Verbündeten Cerdà wissen. Die beiden Streithähne, die schon seit Monaten kaum noch miteinander sprechen, trafen sich am Freitag (29.11.) kurz vor einer eilig einberufenen Verwaltungsratssitzung, um die Angelegenheit zu klären. Das gelang offenbar nicht.

Während der anschließenden Sitzung explodierte Serra Ferrer, nachdem Cerdà öffentlich gefordert hatte, alle Spielerverpflichtungen in Zukunft vom Verwaltungsrat verabschieden zu lassen. Ein klarer Angriff auf seinen Kompagnon, der bisher die sportliche Planung komplett allein verantwortet. Serra Ferrer geriet außer sich und behauptete, der Konsozialvertrag sei doch vor wenigen Minuten aufgelöst worden. Cerdà bestritt das vehement. Er denke nicht daran, den Vertrag aufzukündigen. Daraufhin nannte Serra Ferrer Cerdà einen „Lügner" und „unwürdig, Präsident dieses Clubs zu sein". Wutentbrannt verließ er den Raum und knallte die Tür hinter sich zu.

Was nun? Gerüchte, Serra Ferrer werde bei einer Pressekonferenz am Montag (2.12.) seinen Rücktritt bekanntgeben, stellten sich als falsch heraus. Aus Claassens Umfeld erwartet man so schnell kein neues Manöver. „Serra Ferrer ist niemand, der schnell Entscheidungen trifft", heißt es. Den Konsozialvertrag kann nur auflösen, wer dem anderen zwei Millionen Euro Entschädigung zahlt. Der Handlungsspielraum von Serra Ferrer ist also eingeschränkt.

Jetzt richten sich viele Blicke auf Utz Claassen. Der deutsche Aktionär, der momentan 20 Prozent der Anteile hält, schloss noch vor Jahresfrist offiziell aus, dass ihm an einer Mehrheit im Club etwas liegt. Nach und nach hat er aber durchblicken lassen, dass er durchaus bereit wäre, die Kontrolle zu übernehmen. Allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Da dem Deutschen bisher der Einblick in die Finanzsituation des Vereins fehle, könne er zurzeit nicht entscheiden, ob ein größeres Engagement bei Real Mallorca sinnvoll sei, heißt es. „Claassen interessiert zwar ein todkranker Club, weil man den wieder auf die Beine bringen könnte. Aber ihn interessiert kein toter Club", so heißt es.

Doch der Deutsche ist auf jeden Fall gesprächsbereit. Auch mit Llorenç Serra Ferrer, gegen den er eine Klage angestrengt hat, weil dieser ihn bei seinem Einstieg in den Club im Herbst 2010 mit überhöhten Aktienpreisen über den Tisch gezogen hatte. „Zum Wohl des Clubs", heißt es in Claassens Umfeld, sei der Manager nun bereit, mit seinem bisherigen Gegenspieler zu sprechen.

Kurzum: Der Club gleicht einem Basar, auf dem jeder versucht, seine Schäfchen ins Trockene zu bringen. Denn zeitgleich zu den Forderungen Cerdàs an Claassen wurde auch bekannt, dass der frühere Sekretär Miguel Coca für seine Leistungen mutmaßlich 134.000 Euro zu viel in Rechnung gestellt hat. Diesen Sonntag geht es daheim (Stadion Son Moix, 17 Uhr) gegen Numancia Soria.

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