Guillermo Vallori hat natürlich ein bisschen Heimweh nach seiner Insel. Der Mallorquiner steht seit Januar 2012 in der Innenverteidigung beim Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München und fühlt sich dort auch wohl. Doch bleibe er eben immer Spanier, auch wenn er nun im Ausland lebe und arbeite, so der 32-Jährige gegenüber der MZ, die ihn am Freitag (1.8.) nach dem Vormittagstraining der „Löwen" an den Hörer bekam. Wenigstens bringen ihm seine Eltern öfters mal eine Sobrassada mit, wenn sie zu Besuch kommen. Den Saisonauftakt am Montag (4.8.) verloren die Löwen mit 2:3 beim 1. FC Kaiserslautern. Dabei verspielten die Gäste einen 2:0-Vorsprung, den sie sich bis zur Halbzeit erarbeitet hatten.

Deutschland hat Mitte Juli den WM-Titel geholt. Ist die Euphorie im Land noch zu spüren?

Sie kennen ja Ihre Landsleute. Die sehen das eher nüchtern. Wir Spanier hätten sicher tagelang durchgefeiert. Aber die Deutschen haben den Titel fast als selbstverständlich angesehen. Auch meine Mannschaftskollegen haben nicht gerade euphorisch reagiert. Es wird sich durch den Titel nicht viel ändern. Die Stadien werden so oder so voll sein. Der Fußball funktioniert einfach in Deutschland.

Nach den Spaniern könnten nun die Deutschen eine neue fußballerische Ära prägen.

Ja, das glaube ich auch. In Deutschland hat man den Generationswechsel nicht verschlafen und konsequent junge Talente in die Mannschaft aufgenommen. Ich sehe das Team jetzt schon als klaren Favoriten für die EM 2016 in Frankreich. In Spanien wurde der Fehler gemacht, dass man mit den zweifellos verdienten Spielern untergegangen ist.

Deutschland hat bei der WM mit vier Innenverteidigern agiert - und gewonnen. Sind Sie stolz auf Ihre Position?

Aber hallo! Da kann man mal sehen, wie wichtig wir sind. Aber im Ernst: Die Deutschen haben das verdient, weil sie im Turnierverlauf die beständigsten Leistungen gezeigt haben. Man kann auch sagen, es war die am wenigsten schlecht spielende Mannschaft. Denn was sich die anderen manchmal geleistet haben, Argentinien mit eingeschlossen, war eher Durchschnitt.

Nur drei Wochen nach dem Ende der WM rollt der Ball in der Zweiten Liga wieder. Mit welchem Gefühl gehen Sie in die neue Saison?

Jetzt bin ich wieder ganz gut drauf. Zu Beginn der Vorbereitung sah das anders aus. Der Club hatte einen neuen Innenverteidiger verpflichtet (den Uruguayer Gary Kagelmacher, Anm.d.Red.). Deshalb war ich erstmal raus aus der Mannschaft. Den Platz habe ich mir durch harte Arbeit im Training wieder zurückerkämpft. Der Trainer zählt wieder auf mich. Und ich gebe alles, um drin zu bleiben.

Der neue Trainer Ricardo Moniz, ein Holländer, scheint einer der ehrgeizigeren Sorte zu sein. ´Wir werden Meister´ hat er vor der Saison gesagt. Wie kam das beim Team an?

Sehr gut. Er ist ein Trainer, der dich mit seinen Worten anspornt. Du sagst dir: Wenn der Trainer uns das zutraut und von seinem Ziel überzeugt ist, warum sollte es nicht wahr werden? Wir müssen einfach dran glauben.

Was tut Moniz dafür?

Er fordert uns mehr, als das je ein Trainer getan hat. Wir werden unter ihm deutlich mehr rennen müssen. Moniz ist kein Freund davon, den Ball um des Ballbesitzes willen zu halten. Er will, dass wir möglichst schnell vorne sind und einen großen Torhunger haben. Wir haben eine extrem harte Vorbereitung hinter uns, mit sehr viel Beinarbeit. Und es war Moniz egal, ob am nächsten Tag ein Testspiel anstand. Ich glaube, wir werden schwer zu schlagen sein.

Angenommen, die Löwen schaffen den Aufstieg. Was passiert dann mit Ihnen? Ihr Vertrag läuft nach der Saison aus.

Es wäre für mich das Größte, mit 1860 in der Bundesliga anzutreten. Seit ich in Deutschland bin, ist es mein Traum, in der höchsten Klasse zu spielen. Aber es hängt natürlich nicht nur vom Aufstieg ab. Auch ich muss mich bewähren.

In der Bundesliga geht es am Freitag (22.8.) wieder los. Wie stark ist die Liga des neuen Weltmeisters?

Ich schaue sehr viel Bundesliga und finde die Liga klasse. Kein Vergleich zur spanischen, die Bundesliga ist deutlich besser und attraktiver. Allein schon die Zuschauerzahlen! Ein Duell etwa zwischen Getafe und Rayo Vallecano in Spanien sieht niemals nach Primera División aus. Da sitzen ein paar Hansel auf der Tribüne. Im vergangenen Jahr war es natürlich ein bisschen hinderlich für die Spannung, dass die Bayern so durchmarschiert sind. Aber trotzdem ist die Liga viel ausgeglichener als die spanische. Das liegt nicht zuletzt an der gerechteren Verteilung der Fernseh­gelder. Die spanische Liga hat man ausgeblutet.

Gehen Sie eigentlich manchmal zu Spielen des FC Bayern?

Nein, bin ich noch nie, und ich werde es auch nie tun. Einmal, weil ich ohnehin jedes zweite Wochenende in der Allianz-Arena selbst spiele. Und zum zweiten empfinde ich es nicht als politisch korrekt. Ich versetze mich in die Lage unserer Fans und ahne, wie die das wohl auffassen würden.

Wie genau verfolgen Sie, was bei Real Mallorca abläuft?

Ich weiß über alles Bescheid. Viele meiner Freunde haben dort eine Dauerkarte. Außerdem lese ich viel. Es tut mir ein bisschen weh, zu sehen, was dort los ist. Wie dem Club durch Interessen Einzelner Schaden zugefügt wurde.

Mit Atlético Baleares ist der zweite Tradionsclub der Insel in den Händen eines Deutschen. Wie schätzen Sie das deutsche Engagement im mallorquinischen Fußball ein?

Ich würde mich freuen, wenn der Investor dem Club die Zeit gibt, die er braucht, und die Ziele nicht zu hoch steckt. Man braucht Geduld, wenn man ein solches Projekt übernimmt. Was mir gut gefällt, ist, dass das Team fast ausschließlich aus Mallorquinern besteht.

Die Leiden des jungen Vallori

Guillermo Vallori und Real ­Mallorca passen nicht zusammen. Der in Palma geborene Abwehrspieler wurde zwar in den Jugendmannschaften von Real Mallorca ausgebildet. Mit 16 brach er sich dann aber das Wadenbein und verdrehte sich das Schienbein. Der Inselclub sortierte ihn aus. Eineinhalb Jahre später holte man ihn zurück - allerdings ohne das ­Einverständnis des Trainers, der ihn vor allem auf der Ersatzbank sitzen ließ. Er schloss sich dem Drittligisten Santa Ponça an. Wieder rief ihn Real Mallorca an, wieder wurde Vallori kaum eingewechselt. Da reichte es ihm, und er wechselte nach Santa Eulàlia auf Ibiza. Von dort ging es zu den Grasshoppers Zürich, bevor 1860 München Vallori verpflichtete.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 17. Juli (Nummer 741) lesen Sie außerdem:

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