Schon zum zweiten Mal in diesem Jahr kommt am Samstag (27.9.) in Port d´Alcúdia so etwas wie Hawaii-Feeling auf. Dann steigt nach dem 70.3-Ironman im Mai der erste Full Ironman in Mallorcas Norden. Die Athleten begeben sich auf eine 3,8 Kilometer lange Schwimm­strecke, um dann einen Rundkurs über 180 Kilometer auf dem Rad zu absolvieren. Zum Abschluss ist dann „nur" noch ein Marathon über die übliche Distanz von 42,195 Kilometern zu bewältigen. Dass die Bucht von Alcúdia gerüstet ist für diese Premiere, steht wohl außer Frage. Schließlich verfügt der Ort bereits über die Erfahrung von vier Ironman-Veranstaltungen über die halbe Distanz.

Der erste Wettkampf über die Langdistanz ist denn auch eine Folge der großen Beliebtheit der Veranstaltung im Mai. Dessen Teilnehmerzahl hat sich seit der ersten Auflage beinahe verdoppelt. Nach 2.000 Athleten im Jahr 2011 tummelten sich in diesem Frühjahr bereits über 3.500 Sportler am Start. „Außerdem ist der Ironman 70.3 in Alcúdia der beliebteste Wettkampf seiner Art weltweit, das haben die Erhebungen nach den Läufen ergeben", sagt Hans Müller, Vizepräsident von Thomas Cook. Der Reiseveranstalter ist Titelsponsor des Wettkampfes des 70.3. Für den jetzigen Ironman zeichnet lediglich die Marke Ironman verantwortlich, einen Hauptsponsor gibt es nicht.

Service: Vorsicht, zahlreiche Straßensperrungen!

Das Unternehmen aus Tampa in Florida ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen, jedes Jahr kommen mehr Veranstaltungen hinzu. Bereits jetzt organisiert die Marke etwa 35 Full Ironman-Wettkämpfe im Jahr über den Globus verteilt. Hinzu kommen noch zahlreiche Ironman 70.3 und andere Events. Mit Mallorca hatten sich auch Sevilla und Valencia um die Ausrichtung des Langdistanz-Ironmans beworben, hatten allerdings gegen die Insel keine Chance.

Für den Wettkampf am Samstag haben sich 2.500 Teilnehmer aus 50 Nationen - die meisten aus Großbritannien, Deutschland und Spanien - angemeldet. Mehr Plätze gab es in diesem Jahr nicht. Und spürbar mehr sollten es auch bitte in Zukunft nicht sein, sagt die deutsche Spitzentriathletin Natascha Schmitt aus Frankfurt am Main der MZ. „Mit dieser Zahl ist für mich die Grenze eigentlich erreicht, denn beim Ironman 70.3 ist es in diesem Jahr mit den 3.500 Teilnehmern vor allem im hinteren Feld sehr eng geworden."

Doch mehr Teilnehmer bringen natürlich auch mehr Geld. Für Ironman ist der Boom der Triathlon-Veranstaltungen eine Goldgrube: Die Einschreibung pro Sportler kostet rund 500 Euro. Bei 2.500 Teilnehmern kommt man im Fall von Port d´Alcúdia bereits auf 1,25 Millionen Euro. Wenn man sich vor Augen hält, dass einen Teil der Kosten, etwa für Polizei oder Wasserwacht, der Veranstaltungsort trägt und auch mit Merchandising-Produkten am Renntag selbst einiges eingenommen wird, lohnt sich das Geschäft allemal. Auch wenn die ­Organisation ­aufwendig ist: Zehn Monate ist auf den großen Tag hingearbeitet worden, an dem 60 Beamte der Guardia Civil, 253 Ortspolizisten, 282 Bedienstete des Zivilschutzes und 1.200 Helfer an der Strecke stehen.

Von diesem Kraftakt bekommen Athleten wie Schmitt nur wenig mit. Die Frankfurterin absolviert auf Mallorca erst die dritte Langdistanz in ihrem Leben. In den vergangenen drei Jahren war sie stets beim Ironman 70.3 am Start und landete immer unter den ersten Sechs. Die 28-Jährige trainiert seit Mittwoch vergangener Woche auf der Insel.

Überrascht war Schmitt bei ihrer Vorbereitung vor allem von der Radstrecke, die im Vergleich zum Ironman 70.3 zur Hälfte neu ist. Im ersten Teil geht es in östlicher Richtung in die Gegend von Artà, bevor im zweiten Teil dann die Besteigung der Serra de Tramuntana ansteht. „Ich glaubte, die Strecke Richtung Artà sei schnell und flach. Aber bei meinen Trainingsfahrten habe ich gemerkt, dass da richtige Wellen in der Strecke sind. Und außerdem kann dir der Wind ganz schön zu schaffen machen." Die Radstrecke habe es ohnehin in sich, denn der Aufstieg zum Kloster Lluc steht erst nach 120 Kilometern an. „Das dürfte der Knackpunkt im Rennen werden", schätzt Schmitt.

Startschuss ist um 7.30 Uhr zum Schwimmen in der Bucht von Port d´Alcúdia. Der männliche Sieger wird etwa gegen 15.30 Uhr im Ziel erwartet. Natascha Schmitt ist wohl noch eine gute Stunde länger unterwegs, wenn es gut läuft. Auch, wenn sie sich in diesem Jahr keine Zielzeit auferlegen will. „Ich hatte eine etwas durchwachsene Saison. Natürlich ­schiele ich aber auf einen Podestplatz." Dazu muss die 28-Jährige gleich beim Schwimmen in die Vollen gehen, das an der gleichen Stelle beginnt wie beim Ironman 70.3. Die Schwimmer kehren nach der Hälfte der Strecke zum Strand zurück, um noch einen Haken in der Bucht zu schlagen.

Die Laufstrecke ist weitgehend deckungsgleich mit der beim Ironman 70.3 und verläuft komplett durch das Ortszentrum von Port d´Alcúdia. Die Sportler müssen viereinhalb Runden absolvieren. Favorit auf den Gesamtsieg bei den Männern ist der Deutsche Timo Bracht. Der 39-jährige Odenwälder dürfte vor allem im Engländer Timothy Don seinen Hauptkonkurrenten haben. Auf den vorderen Plätzen werden außerdem der Spanier Miquel Blanchart, der Belgier Bert Jammaer und der Reutlinger Michael Göhner erwartet. Bei den Damen werden Natascha Schmitt wohl am ehesten ihre Landsfrauen Astrid Ganzow und Jenny Schulz den Sieg streitig machen.

Die ganz großen Namen im internationalen Triathlon-Zirkus fehlen, weil nur drei Wochen später der Ironman auf Hawaii steigt (siehe Artikel rechts). So müssen die Zuschauer etwa auf die Deutschen Jan Frodeno oder Sebastian Kienle, aber auch auf den US-Amerikaner Tim O´Donnell verzichten.

Die beiden härtesten Eisenmänner auf Mallorca dürften die bereits in die Jahre gekommenen Triathleten Luis Álvarez aus Mexiko und der US-Amerikaner Jeff Jonas sein. Sie haben alle bisherigen Ironman-Veranstaltungen der Welt absolviert, und müssen für ihre Sammlung den neuen auf Mallorca natürlich mitnehmen. Am Tag darauf findet in Chattanooga (Tennessee) ein weiterer neuer Ironman statt. Die beiden werden direkt nach dem Zieleinlauf in einem Privatflugzeug in die USA fliegen und dort am Sonntag zum nächsten Extremlauf antreten.

„Ein erstaunlich gut besetzter" Wettkampf

Nis Sienknecht kennt Mallorca aus Triathletensicht in- und auswendig. Der Chefredakteur der Zeitschrift „triathlon" weilt jedes Jahr mehrfach auf der Insel, um über Veranstaltungen zu berichten, aber auch um selbst zu trainieren. Im Interview bewertet er die Bedeutung des neuen Ironman auf Mallorca.

Angesichts der zeitlichen Nähe zum Vorbild auf Hawaii am 11. Oktober und dem Fehlen der ganz großen Namen: Ist der Ironman auf Mallorca ein Ironman für Arme?

Nein, das wäre ein bisschen übertrieben. Es ist eben eine Veranstaltung für diejenigen, für die Hawaii keine Rolle spielt. Sicher wird es für die Mehrzahl der Teilnehmer eher darum gehen, anzukommen als Bestzeiten aufzustellen. Aber wenn man berücksichtigt, wie spät in der Saison der Wettkampf auf Mallorca stattfindet und wie nahe er am Ironman in Hawaii liegt, ist er doch erstaunlich gut besetzt.

Das heißt, die Zuschauer bekommen trotzdem was zu sehen?

Das Rennen wird natürlich nicht an die Qualität von Hawaii heranreichen, dort treten die 50 besten Triathleten der Welt an. Doch einen Timo Bracht oder auch einen Tim Don mal live zu sehen, dürfte schon ein Erlebnis werden. Zumal gerade die Laufstrecke in Port d´Alcúdia für die Zuschauer sehr gut zu verfolgen ist. Mein Tipp ist allerdings, sich selbst ein Rad mitzunehmen. So kann man auch das Radrennen mitverfolgen und zum Beispiel nach Can Picafort oder Sa Pobla fahren, wo die Athleten gleich zweimal vorbeikommen.

Was ist der größte Unterschied zwischen Mallorca und Hawaii?

In Hawaii gibt es eine ganz andere Dynamik im Rennen, weil beim Schwimmen alle Vollgas geben und das dann auch auf den ersten 50, 60 Kilometern auf dem Rad durchhalten. Auf Mallorca wird jeder seinen eigenen Rhythmus suchen. Das Höhen­profil ist bei beiden Rennen ähnlich anspruchsvoll, weshalb ich nicht glaube, dass es am Ende bei den Zeiten große Unterschiede gibt.

In Hawaii beginnen die Athleten das Schwimmen mit einem Massenstart im Wasser. Auf Mallorca rennen die Athleten vom Strand aus ins Meer. Welche Vorteile hat diese Variante?

Das ist vor allem für die Zuschauer attraktiver. Für die Athleten selbst ist es stress­freier, wenn sie bereits im Wasser sind. Da können sie sich vor dem Start schon ihre Position suchen.

Ist Mallorca zu spät auf den Triathlon-Zug aufgesprungen?

Zu spät ist es nie, aber es hat doch verhältnismäßig lange gedauert. Seit Jahren kommen die Athleten ins Trainingslager auf die Insel, doch erst in den vergangenen drei, vier Jahren haben sich dann Wettkämpfe etabliert. Und jetzt geht es Schlag auf Schlag. Dass die Nachfrage da ist, sieht man ja. Der Ironman ist bei der ersten Ausgabe mit 2.500 Teilnehmern schon ausgebucht. Das hat mich sehr überrascht.

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