Das Trainerkarussell beim Fußball-Zweitligisten Real Mallorca dreht sich auch nach dem Aufstieg des deutschen Managers Utz Claassen zum Präsidenten und Club-Eigentümer weiter. Nur ein halbes Jahr, nachdem der Este Waleri Karpin quasi über Nacht vom zwischenzeitlich nahezu allmächtigen Clubmanager Dudu Aouate eingesetzt worden war, ist diese Etappe am späten Montagabend (9.2.) zu Ende gegangen. Der Este, der bereits mehrfach kurz vor der Entlassung stand, ist damit der achte Trainer, der beim Inselclub in den vergangenen vier Jahren vorzeitig geschasst wurde. Drei der Übungsleiter erwischte es dabei kurioserweise im Februar. Für den 36-jährigen Karpin, Ex-Profi von Celta de Vigo und Real Sociedad de San Sebastián, übernimmt wieder Miguel Soler die Leitung einer Mannschaft, die nach der 0:2-Pleite am Sonntagabend gegen Aufsteiger Leganés nur noch drei Zähler von einem Abstiegsplatz entfernt steht.

Soler war von Sportdirektor Miguel Ángel Nadal vor der Saison als Nachfolger der Interimstrainer Javier Olaizola und Pep Alomar vorgesehen gewesen, die den Club in den letzten drei Partien der Vorsaison vor dem Absturz in die Dritte Liga bewahrt hatten. Der Katalane, der bereits in zwei Etappen die zweite Mannschaft von Real Mallorca trainierte, nahm am 11. Juli das Training der Inselkicker auf und wurde nur einen Monat später von Dudu Aouate vor die Tür gesetzt.

Aouate, der ehemalige Tor­hüter des Inselclubs, zeichnete sich damals als ernsthafter Kaufinteressent der Aktienmehrheit von Llorenç Serra Ferrer und Biel Cerdà ab und wurde von den beiden in einer Verwaltungsratssitzung als Clubmanager eingesetzt. Ohne die Zustimmung des Gremiums verpflichtete der Israeli den Esten Karpin. Soler und seine Assistenten, die die gesamte Saisonvorbereitung verantwortet hatten, verklagten daraufhin den Club auf Schadenersatz. Diese Klage will Soler nun umgehend wieder zurücknehmen.

Der Katalane leitete am Dienstagnachmittag (10.2.) sein erstes Training und bereitete das Team auf die Partie am Sonntag (15.2.) beim Tabellenvorletzten Recreativo Huelva vor - eine Begegnung von großer Tragweite. Bei einer erneuten Niederlage würde der Inselclub wohl auf einen Abstiegsplatz rutschen.

Der Entlassung Karpins war eine elfstündige Marathonsitzung am Montag vorausgegangen, an der der Este selbst, Nadal sowie Michael Blum, Verwaltungsratsmitglied und Claassen-Vertrauter teilnahmen. Die Drei besprachen die Bedingungen der Vertragsauflösung. Hier gab es Hürden zu umschiffen, denn der Este hatte bis Sommer 2016 unterschrieben und sollte mit seinen Assistenten pro Saison 200.000 Euro verdienen. Karpin verzichtete zwar auf 80 Prozent des Gehalts für sein zweites Vertragsjahr, seine Assistenten allerdings verlangten das volle Honorar. Sportdirektor Nadal fand trotzdem lobende Worte: „Ich muss mich bei Waleri Karpin für dessen stets professionelle Herangehensweise bedanken. Aber wir waren der Meinung, dass die Mannschaft einen neuen Impuls braucht." Hätte Karpin kein finanzielles Zugeständnis gemacht, hätte Real Mallorca den Trainerwechsel kaum bewerkstelligen können, weil der Club von der Liga mit einer Gehaltsobergrenze belegt worden ist. Selbst wenn der Club Geld locker gemacht hätte, wären ihm aufgrund der Bestimmungen durch die LFP die Hände gebunden gewesen.

Karpin war sich bereits seit Längerem bewusst, dass er nur noch auf Bewährung auf der Trainerbank saß, nachdem das Team in der Tabelle wie auch spielerisch keine Fortschritte machte - eher im Gegenteil. Bereits nach dem siebten Spieltag war Karpin mit einem Bein auf der Straße gestanden, als das Team zum Saisonauftakt lediglich zwei von 21 möglichen Punkten holte. Nadal kommunizierte dem Esten damals bereits ein Ultimatum für die Partie gegen Alavés. Das 2:0 in Son Moix bildete dann aber den Auftakt zu einer fünf Spiele andauernden Siegesserie, die das Team bis in die Nähe der Play-Off-Plätze um den Aufstieg katapultierte. Danach jedoch ging die Dynamik wieder verloren, die Mannschaft holte in den zwölf Begegnungen seitdem nur noch zwei Siege. Vor allem die Art und Weise der letzten beiden Heimniederlagen gegen Valladolid (1:5) und Leganés warf Zweifel an der Arbeit von Karpin auf. Die Mannschaft stolperte ohne rechten Plan über den Rasen.

Hinzu kamen nicht immer nachvollziehbare Entscheidungen des Trainers, der mehrfach zwei ausgebildete Spielmacher nebeneinander aufbot, die sich gegenseitig behinderten, und andere Spieler konsequent aus der Mannschaft hielt. Javi Ros beispielsweise wurde monatelang überhaupt nicht eingesetzt, bis er bei seinem Debüt gegen Real Betis der beste Spieler des Teams war. Im Spiel darauf gegen Numancia wurde er zur zweiten Halbzeit eingewechselt und brachte frischen Schwung, doch in den Wochen darauf wurde er kaum noch berücksichtigt. Mit dem lange Zeit besten Torjäger des Teams, Marko Scepovic überwarf sich Karpin so, dass er den Serben seit Anfang Dezember auf der Tribüne schmoren ließ, obwohl Scepovic in seinen Einsätzen mehrfach unter Beweis stellte, dass er der einzige halbwegs verlässliche Chancenverwerter des Teams war.

Nun liegt es an Miguel Soler, auf den Tisch zu hauen, dem Team neues Selbstvertrauen einzuhauchen und den Klassenerhalt sicherzustellen. Die Erfahrung als Spieler hat der Verteidiger mit seinen 504 Einsätzen - unter anderem für Real Madrid, den FC Barcelona, Atlético Madrid und Real Mallorca - in der Primera División durchaus. Als Trainer hat er außer seinen Engagements für das Filialteam des Inselclubs nichts vorzuweisen.

Waleri Karpin: „Der Club glich vor Weihnachten einem Irrenhaus"

Waleri Karpin hat sich bei einer Pressekonferenz am Dienstagmittag (10.2.) etwas wehmütig verabschiedet, ohne dabei gegen die Clubführung nachzutreten. Der Este zeigte sich überzeugt, dass er „die Ziele verwirklicht und Real Mallorca nach vorne gebracht hätte". Leider habe er kaum Zeit gehabt, mit den Neuverpflichtungen in der Winterpause zu arbeiten. Seinen Rausschmiss könne er nachvollziehen. „Wenn man daheim gegen Leganés verliert und die Leute ihre Taschentücher zücken und nervös werden, verstehe ich solche Entscheidungen. Fußball besteht nun einmal aus Emotionen."

Gleichzeitig erinnert Karpin daran, dass es ihm durch den bis Dezember andauernden ständigen Kleinkrieg im Verwaltungsrat nicht möglich war, unter normalen Bedingungen zu arbeiten. „Aus verschiedenen Gründen hat es bisher nicht so geklappt. Ihr wisst ja, wie es bis Januar hier zuging." Die nahezu täglichen Grabenkämpfe und Intrigen in der Führungsetage hätten die Leistung des Teams beeinträchtigt. „Der Club glich vor Weihnachten einem Irrenhaus. Jetzt ist Ruhe eingekehrt und die Leute, die jetzt das Sagen haben, werden die Normalität zurückbringen. Jetzt ist Real Mallorca wirklich ein Club."

Weil er wisse, wie es um die Clubkassen bestellt sei, habe er auf einen Großteil seines Gehalts verzichtet, das ihm für die kommende Saison zugestanden hätte. „Das war kein Problem, ich habe immer gesagt, dass ich nicht wegen des Geldes hier bin."