Auch Rennradfahrer sind nur Menschen. Auf besonders ordinäre Weise wurde das im Mai vergangenen Jahres deutlich, als in Port d´Andratx ganze Busladungen von Radsportlern vor dem Antritt einer Tour durch die Serra de Tramuntana in Vorgärten und Garageneinfahrten ihre Blasen entleerten. Die Anwohner fotografierten die Wildpinkler, und die Polizei verteilte Knöllchen über 100 bis 150 Euro. Irgendwann stellte die Gemeinde dann auch mobile Toilettenhäuschen auf.

Inzwischen ist es ruhiger geworden um die teilweise äußerst arrogant auftretenden Pinkel-Radler, was unter anderem an der besseren Vorbereitung der Tour seitens der Anbieter liegen dürfte. „Wir schärfen allen Radsportlern ein, noch einmal im Hotel auf die Toilette zu gehen und dann auf der Tour etwas zurückgesetzt und einzeln im Wald ihr Geschäft zu verrichten", sagt Marcel Iseli vom größten Veranstalter auf der Insel, Bicycle Holidays Max Hürzeler. Immer wieder wurden auch Fahrer dieses Anbieters beim Wildpinkeln beobachtet. Die Gruppenleiter hätten inzwischen klare Anweisungen, die sie an die Teilnehmer weitergäben. „Auch bei uns wird das Thema vor Abfahrt angesprochen", heißt es bei Philipp´s Bike Team.

Noch störender, weil viel länger sichtbar, sind die Rückstände in Form von Müll, die die Radsportler auf der Insel hinterlassen. Auf stark frequentierten Strecken liegen dieser Tage alle paar Meter Plastikverpackungen der Gels und Energieriegel, mit denen sich die Sportler unterwegs fit halten. „Das ist natürlich völlig widersinnig. Schließlich kommen die Radfahrer ja hierher, um die schöne Landschaft zu genießen. ­Warum sie sie dann selbst verschmutzen, ist mir ein Rätsel", sagt Iseli. Auch hier würden die Gruppenleiter angewiesen, mit gutem Beispiel voranzugehen, und leere Verpackungen im Trikot wieder bis zum Hotel mitzunehmen. Individualfahrer könne man auf diese Weise nicht erreichen.

Während sich zumindest dieser Veranstalter also der Problematik bewusst ist, überrascht die Haltung von Umweltschützern auf der Insel. Mariano Reaño von den „Amics de la Terra" ist neugierig: „Das ist ein sehr interessanter Ansatz, wir haben uns selbst noch nie mit diesem Thema beschäftigt. Bisher ging es immer nur um die Sicherheit der Radfahrer." Auch er habe allerdings schon häufig ­beobachtet, wie Radtouristen Müll einfach in die Landschaft werfen. Nach seiner Erfahrung sind es aber nicht nur die Urlauber aus dem nord- und mitteleuropäischen Ausland. „Immer wieder sehe ich auch mallorquinische Gruppen, die Müll auf die Straße werfen", sagt Reaño.

Das Problem liege weniger in der visuellen Verschandelung als vielmehr in den langfristigen Folgen: „Bis die Reinigung kommt, hat der Wind ja schon einen Großteil der Verpackungen in den Wald getragen, wo sie sich kaum zersetzen." Gereinigt werde nämlich durchaus, wie der Zuständige für die Inselstraßen im Inselrat, Rafel Gelabert, der MZ erklärt: „Für die Säuberung der kleineren Straßen sind je nach Region auf der Insel acht Subunternehmer verantwortlich, die einmal die Woche die Randstreifen reinigen. An besonders frequentierten Aussichtspunkten in der Serra auch zweimal."

Wie viel Müll die Radfahrer auf der Insel hinterlassen, kann Gelabert nicht sagen. „Da gibt es keine Statistiken." Zur touristischen Hauptsaison sei natürlich ein Anstieg feststellbar. Reaño findet unabhängig von konkreten Mengen, dass sich die Anbieter und die Gemeinden, die im Radtourismus verdienten, engagieren sollten und etwa mobile Toiletten­häuschen aufstellen oder die Straßenreinigung mitbezahlen sollten. „Es kann nicht sein, dass sie nur die positiven Effekte mitnehmen, sich aber bei Problemen totstellen."

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 21. Mai (Nummer 785) lesen Sie außerdem:

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