Genau vor einem Jahr sprang Marga Crespí das letzte Mal ins Wasser, um für gute Wertungen zu kämpfen. Kurz darauf entschied sie sich, ihre Karriere zu beenden. „Ich bereue die Entscheidung bis heute nicht. Das vergangene Jahr war voller Veränderungen", sagt die 25-jährige Mallorquinerin, die bei den Olympischen Spielen 2012 in London mit der spanischen Mannschaft Bronze holte. Im Oktober 2014 gab sie ihren Rücktritt offi­ziell bekannt.

Weil sie nach einer Hüftoperation im Herbst 2013 immer noch mit Schmerzen vom Training nach Hause kam. Weil die Ko-Trainerin Mayuko Fujiki das spanische Team verlassen hatte - ihre Lieblingstrainerin. Trotzdem kämpfte sie bis zu den Europameisterschaften in Berlin weiter, holte nochmal Silber und Bronze mit dem Team. Ihre Motivation kam trotzdem nicht wieder. „Du merkst ganz genau, wenn du etwas nicht mehr willst", sagt sie.

Wenn Crespí über ihre Entscheidung spricht, merkt man heute noch, dass sie müde und des harten Trainings überdrüssig war. Und dass die dürftige Unterstützung in Spanien für Profisportler sie wütend macht. „Es ist frustrierend, wie mit dem Leistungssport in Spanien umgegangen wird", sagt sie. Weder die Bezahlung noch die Wertschätzung für den Trainingsaufwand in Sportarten, die kein Fußball sind und in denen hauptsächlich Frauen antreten, findet sie gerecht. „Fußballer siehst du jede Woche im Fernsehen, uns einmal im Jahr." 2014 verweigerte ihr das nationale Olympische Komitee ein Stipendium. „Und ich habe mich für die Mannschaft so etwas von abgerackert."

Fotogalerie: Marga Crespí in Aktion

Wer zehn Stunden am Tag trainiert, hat nicht viel Zeit für anderes. Bis heute zählt Marga Crespí genau nach, wie viele Stunden sie schläft, weil das im Leistungssport essentiell ist. „Meine Mutter sagt mir immer: Du hast den Schmerz noch nicht überwunden. Aber das Leben geht weiter - und ich habe im vergangenen Jahr so viel erlebt!" Marga Crespí ist noch dabei, ihren Platz außerhalb des Beckens zu finden. Aber sie ist und bleibt eine Wasserratte. „Ich brauche das Wasser, es ist Teil meines Lebens", sagt sie.

Eigentlich wollte Crespí in Barcelona bleiben und ihr Studium der Grundschulpädagogik beenden. Doch noch vor ihrem offiziellen Rücktritt aus der ­Nationalmannschaft erreichte sie über Mayuko Fujiki eine Anfrage vom Cirque du Soleil für die Wasser­show „O" im Hotel Bellagio in Las Vegas. „Zuerst hatte ich große Zweifel und fand, nein, das ist doch verrückt. Aber dann dachte ich: Jetzt oder nie und wollte die Gelegenheit nicht ungenutzt lassen." Die Synchronschwimmerin nahm von einem Tag auf dem anderen Tag ein Bewerbungsvideo auf, und zehn Tage später saß sie im Flugzeug nach Kanada.

Dort fand sie die Freude am Synchronschwimmen wieder, die ihr zuvor abhanden gekommen war. „Ich bin in die Magie des Zirkus eingetaucht, habe mir Proben angeschaut, um zu sehen, was die anderen machen. So kam die Motivation wieder", erzählt sie.

Dennoch hat es dann doch nicht geklappt. Marga Crespí war eine von zwei Synchronschwimmerinnen, die sich auf eine Vertretungsstelle beworben hatten. Ihre Konkurrentin hatte sich früher beworben und machte schließlich das Rennen. Seither steht Crespí auf der Warteliste. „Wenn sie mich anrufen, würde ich sofort nach Las Vegas gehen", sagt sie.

Doch die Absage eröffnete der Sportlerin aus Palma auch neue Möglichkeiten: Andrea Fuentes, eine von Spaniens erfolgreichsten Olympionikinnen, machte Crespí einen anderen Vorschlag: Synchronschwimmen als Showact. Fuentes lebt seit anderthalb Jahren auf Mallorca. Synchronschwimmen zur Unterhaltung einzusetzen, ist nicht neu. Dass sich aber zwei zusammentun, die gemeinsam fünf olympische und mehr als 40 Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften gewonnen haben, schon.

„Das Marketing ist am schwierigsten", sagt Crespí. Die Sportlerinnen müssen sich erst positionieren, Kontakte herstellen, Angebote einholen. Ihr Allein­stellungsmerkmal im Gegensatz zu anderen Gruppen mit Namen wie „Waterbeauties" bauen die „Olympias" auf Edelmetall und erfolgreiche Choreografien aus ihren Wettkampftagen. „Wir haben viel mehr Spaß, weil wir ohne Druck schwimmen und auch mal improvisieren können", sagt Marga Crespí. Trotzdem wollen die beiden auch zeigen, wie viel Arbeit hinter dem Synchronschwimmen steckt. „Die meisten Leute sehen das ja nur im Fernsehen", erklärt Crespí.

Ihre ersten Auftritte haben die beiden im September beim „Ella Festival" und im Club Puro Beach. Vorher geben Crespí und Fuentes ihre Erfahrungen als Trainerinnen weiter: Fuentes in New York, Crespí in Kolumbien, wo sie ein Duo auf die Olympiaqualifikation vorbereitet. Eine neue Herausforderung - bislang hat sie nur den Nachwuchs auf der Insel trainiert. Aus ihren eigenen harten Trainings-und Wettkampf­stagen nimmt die Mallorquinerin indes eine Lehre mit: „Klar muss ein Coach auch mal streng sein, aber das Wichtigste für mich ist, die Freude am Training zu vermitteln - und zu motivieren."

Kontakt: olympiasevents@gmail.com