Marina Bravo winkt schon ab, bevor überhaupt schlechte Witze kommen können. Die Spiel­führerin des El Toro Rugby-Clubs hat sich mit dem MZ-Reporter an der Eingangstür der Notaufnahme eines Krankenhauses getroffen. Das aber nur, weil sie in der Nähe wohnt. „Auch wenn es für Außenstehende oft so aussieht: Wir sind keineswegs Dauergäste hier." Dann gibt die junge Frau aber doch recht schnell zu, dass Verletzungen in ihrem Sport keine Seltenheit sind. Erst vor Kurzem habe sie sich das Schienbein gebrochen.

Solche Unannehmlichkeiten können den Ehrgeiz der Mallorquinerin aber höchstens kurz bremsen. Bravo ist sozusagen Rugby-Spielerin der ersten Stunde auf der Insel. Zwar hat Mallorca schon einige gute Spielerinnen hervorgebracht, doch waren diese nie in ihrer Heimat aktiv. An vorderster Stelle steht Merche Batidor, die 47-mal für das spanische Nationalteam auflief und 1995 Europameisterin wurde. Marta Lliteras hat sich diesen Titel 2010 mit der selección geholt. Beide Mallorquinerinnen begannen mit dem Rugby erst während ihres Studiums auf dem Festland.

Der Grund: Es gab auf Mallorca lange Zeit keinen einzigen Rugby-Club für Frauen. Hier kommt nun Marina Bravo ins Spiel. Auch sie studierte auf dem Festland - Sport in Granada und im katalanischen Vic - und begann dort, nebenher Rugby zu spielen.

Als sie vor vier Jahren auf die Insel zurückkehrte, wollte sie unbedingt weitermachen: „Rugby lässt dich nie wieder los". Die ebenso begeisterte Hallenfußball-Spielerin schloss sich zunächst den Männern des Rugby Club El Toro an. Nach und nach konnte Bravo dann aber Freundinnen der Spieler und Mütter von Jugendspielern dafür gewinnen, ein Frauenteam aufzustellen. „Wir haben bei Null angefangen und im Februar 2013 das erste Mal trainiert." Zu den ersten Treffen fand sich eine bunte Mischung von Frauen verschiedenster Statur und Altersgruppen ein.

Wo es nur wenige Frauen gibt, die Rugby spielen, lässt sich freilich nur schwer eine Liga organisieren. Deshalb veranstalten die inzwischen vier Damen-Clubs auf der Insel mehrfach im Jahr Turniertage, an denen die Clubs untereinander antreten. Das nächste Mal wird es wieder am 9. Januar 2016 soweit sein. Dann sind die Damen vom Rugby-Club Ponent die Gastgeber.

Dem Mangel an Spielerinnen ist es auch geschuldet, dass die Clubs auf der Insel nicht die eigentlich übliche Modalität mit 15 Spielerinnen praktizieren, sondern die Version „Rugby 7" für sich entdeckt haben. Außerdem hat man sich für kurze Partien von zweimal sieben Minuten entschieden, und das auch nur auf einem Teil des Spielfeldes. So ist ein gesamter Spieltag aller vier Clubs in zwei Stunden absolviert. Im Männer-Rugby dauert eine Begegnung allein 80 Minuten.

Marina Bravo bedauert, dass nur so wenige Frauen auf der Insel Rugby spielen. Klar sei es nicht unbedingt besonders weiblich, sich auch mal im Matsch zu suhlen und um einen eierförmigen Ball zu kämpfen. Doch: „Wir kommen ja nicht ­zusammen, um uns zu schlagen. Ganz im Gegenteil. Respekt steht bei uns an vorderster Stelle." So seien schon Spielerinnen wieder des Trainings verwiesen worden, weil sie zu aggressiv vorgegangen seien. Und bei der Behandlung des Schiedsrichters könnte sich so mancher Fußballer mal eine Scheibe abschneiden. „Der Referee wird mit señor angesprochen, und nur die Spielführerinnen der beiden Teams dürfen überhaupt mit ihm reden."

Dass es auf der Insel etwas weniger ambitioniert als auf dem Festland zugeht, hat Bravo aber inzwischen auch festgestellt: „Zwar trainieren wir hier auch bei Wind und Wetter, aber wenn einer Spielerin etwas wehtut, dann kommt sie einfach nicht. Ich hingegen bin sogar schon mit Krücken zum Training gegangen."

Wer einmal zum Training kommen möchte, melde sich unter eltororc@gmail.com